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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 09.10.2003
Aktenzeichen: 4 StR 359/03
Rechtsgebiete: StPO, StGB


Vorschriften:

StPO § 349 Abs. 2
StGB § 174
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS

4 StR 359/03

vom 9. Oktober 2003

in der Strafsache

gegen

wegen sexuellen Mißbrauchs eines Kindes u.a.

Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführers am 9. Oktober 2003 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO

beschlossen:

Tenor:

I. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Rostock vom 25. März 2003

1. dahingehend geändert, daß der Angeklagte des sexuellen Mißbrauchs eines Kindes in sieben Fällen, davon in zwei Fällen in Tateinheit mit sexuellem Mißbrauch einer Schutzbefohlenen, des versuchten sexuellen Mißbrauchs eines Kindes und des sexuellen Mißbrauchs einer Schutzbefohlenen in sechs Fällen schuldig ist,

2. im gesamten Strafausspruch mit den Feststellungen aufgehoben.

II. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

III. Die weiter gehende Revision wird verworfen.

Gründe:

Das Landgericht hat den Angeklagten unter Freisprechung im übrigen wegen sexuellen Mißbrauchs eines Kindes in Tateinheit mit sexuellem Mißbrauch von Schutzbefohlenen in sieben Fällen, versuchten sexuellen Mißbrauchs eines Kindes in Tateinheit mit versuchtem sexuellen Mißbrauch von Schutzbefohlenen und sexuellen Mißbrauchs von Schutzbefohlenen in sechs Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt. Hiergegen wendet sich der Angeklagte mit seiner Revision, mit der er die Verletzung formellen und materiellen Rechts rügt. Das Rechtsmittel hat mit der Sachrüge den aus der Beschlußformel ersichtlichen Erfolg; im übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

1. Die tateinheitliche Verurteilung wegen Mißbrauchs einer Schutzbefohlenen in den Fällen 1/2, 3, 4, 5, 6 (Versuch) und 7 der Anklageschrift kann keinen Bestand haben, da insoweit - wie der Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift im einzelnen zutreffend ausgeführt hat - Verfolgungsverjährung eingetreten ist. Der Senat ändert den Schuldspruch entsprechend ab. Soweit der Generalbundesanwalt in seinem Antrag die Anzahl der verbleibenden tateinheitlich verwirklichten Fälle des sexuellen Mißbrauchs einer Schutzbefohlenen mit einem (statt richtig: zwei) bezeichnet hat, steht dies der Entscheidung im Beschlußwege nicht entgegen, da es sich - wie die Antragsbegründung zeigt - ersichtlich um einen Zählfehler handelt.

2. Die Schuldspruchänderung führt zur Aufhebung der betroffenen Einzelstrafaussprüche. Der Senat kann nicht sicher ausschließen, daß das Landgericht in diesen Fällen ohne die tateinheitliche Verurteilung nach § 174 StGB auf niedrigere Einzelstrafen erkannt hätte, da es im Rahmen der Strafzumessung ausdrücklich als strafschärfend gewertet hat, "daß der Angeklagte in vielen Fällen sowohl den Tatbestand des sexuellen Mißbrauchs (eines Kindes) als auch den des Mißbrauchs von Schutzbefohlenen verwirklichte" (UA 31).

3. Der Strafausspruch kann aber auch im übrigen keinen Bestand haben. Das Landgericht hat nämlich bei der Bemessung der Einzelstrafen und der Gesamtstrafe als straferschwerend berücksichtigt, daß der Angeklagte "über die hier festgestellten Straftaten hinaus zahlreiche weitere sexuelle Übergriffe auf die Geschädigte vorgenommen hat, die jedoch als einzelne, voneinander abgrenzbare Straftaten nicht haben konkretisiert werden können". Diese Erwägung begegnet durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Zwar ist es zulässig, bei der Strafzumessung zu berücksichtigen, daß der Angeklagte noch weitere - bisher nicht abgeurteilte - Straftaten begangen hat (vgl. BGHR StGB § 54 Serienstraftaten 2 m.w.N.). Voraussetzung ist jedoch, daß die weiteren Taten prozeßordnungsgemäß und so bestimmt festgestellt sind, daß sie in ihrem wesentlichen Unwertgehalt abzuschätzen sind und eine unzulässige strafschärfende Berücksichtigung des bloßen Verdachts der Begehung weiterer Straftaten ausgeschlossen werden kann (vgl. BGHR aaO; BGH NStZ-RR 1997, 130). Nach den hier getroffenen Feststellungen bleibt es indes völlig offen, welche und wie viele Straftaten der Angeklagte über die abgeurteilten Taten hinaus noch begangen hat.



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