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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Urteil verkündet am 21.10.1999
Aktenzeichen: 4 StR 382/99
Rechtsgebiete:


Vorschriften:

-
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES Urteil

4 StR 382/99

vom

21. Oktober 1999

in der Strafsache

gegen

wegen schweren sexuellen Mißbrauchs eines Kindes

Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 21. Oktober 1999, an der teilgenommen haben:

Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof Prof. Dr. Meyer-Goßner,

die Richter am Bundesgerichtshof Maatz, Dr. Kuckein, Athing,

die Richterin am Bundesgerichtshof Solin-StojanovicŽ als beisitzende Richter,

Bundesanwalt als Vertreter der Bundesanwaltschaft,

Rechtsanwältin als Verteidigerin,

Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Magdeburg vom 17. März 1999 wird verworfen.

2. Der Angeklagte hat die Kosten seines Rechtsmittels und die der Nebenklägerin im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.

Von Rechts wegen

Gründe:

Das Landgericht hat den Angeklagten unter Freisprechung im übrigen wegen schweren sexuellen Mißbrauchs eines Kindes zu drei Jahren und drei Monaten Freiheitsstrafe verurteilt. Die hiergegen gerichtete Revision des Angeklagten, mit der er die Verletzung formellen und materiellen Rechts rügt, hat keinen Erfolg.

I. Die Verfahrensrügen greifen aus den Gründen, die der Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift vom 5. August 1999 zutreffend dargelegt hat, nicht durch.

II. Zur Sachrüge:

1. Nach den Feststellungen trug der erheblich alkoholisierte Angeklagte kurz nach 4.00 Uhr morgens die 6-jährige Tochter Nicole seiner früheren Lebensgefährtin aus dem Schlafzimmer der Mutter in das von ihm als "Schlafstätte" benutzte Wohnzimmer, um das Kind "sexuell zu mißbrauchen". Er schloß die Wohnzimmertür ab und forderte das Mädchen auf, "sich 'nackig' auszuziehen", was dieses "aus Angst vor möglichen Schlägen durch den Angeklagten auch widerspruchslos tat". Dann entkleidete er sich ebenfalls und mißbrauchte das Kind, indem dieses u.a. sein Glied in den Mund nehmen mußte und er mit einem Finger in der Scheide des Mädchens manipulierte. Als ein Bruder von Nicole durch das Schlüsselloch den nackten Angeklagten und auf ihm liegend seine unbekleidete Schwester sah, "berichtete (er) seiner Mutter von dem Gesehenen. Diese begab sich daraufhin ebenfalls zu der Wohnungstür und schaute durch das Schlüsselloch. Auch sie sah, daß der Angeklagte und die Tochter unbekleidet auf dem Sofa lagen. Entsetzt klopfte sie an der Wohnungstür und forderte dabei den Angeklagten auf, zu öffnen. In ihrer Ratlosigkeit blieb sie ca. 15 bis 20 Minuten vor der Tür stehen, ohne daß der Angeklagte Folge leistete. Erst danach schloß er die Tür auf und geriet mit ihr, weil sie Nicole an sich riß, in einen Streit, bei dem er ihr eine Ohrfeige versetzte" (UA 6/7). Nachdem sie ihre Tochter beruhigt hatte, verließ sie mit ihr das Wohnzimmer, und der Angeklagte ging zu Bett. Gegen 8.45 Uhr begab sie sich zu einer Ärztin und berichtete dieser "von dem häuslichen Vorfall". Daraufhin untersuchte die Ärztin das "verängstigt wirkende" Kind und stellte eine Rötung im Bereich des Vaginaleingangs fest. Die wenig später am selben Tag durchgeführte gynäkologische Untersuchung ergab, daß die kleinen Labien und der Scheidenvorhof des Kindes gerötet waren. Außerdem wurden "petechiale Blutungen" im Scheidenbereich festgestellt, die "auf eine mit erheblichem Druck ausgeführte mechanische Beeinflussung zurückzuführen (waren)" (UA 7, 10).

2. Entgegen der Auffassung der Revision und des Generalbundesanwalts läßt die der Verurteilung zugrunde liegende Beweiswürdigung keinen durchgreifenden Rechtsfehler erkennen:

a) Das Landgericht sieht die Einlassung des Angeklagten, er habe an dem Kind keine sexuellen Handlungen vorgenommen, seine ehemalige Lebenspartnerin habe vielmehr Nicole veranlaßt, das Tatgeschehen wahrheitswidrig zu behaupten, um "ihn ins Gefängnis zu bringen", weil sie ein von ihm gewährtes Darlehen nicht zurückzahlen wolle, im wesentlichen aus folgenden Gründen als widerlegt an: NicoleŽs Angaben zum Hergang der Tat, namentlich zu den festgestellten sexuellen Handlungen, die das Kind so wie in der Hauptverhandlung bereits bei der Polizei geschildert habe, seien glaubhaft; eine "Falschbezichtigung des Angeklagten, beeinflußt durch deren Mutter", sei ausgeschlossen. Für den Wahrheitsgehalt der Angaben des Kindes sprächen die von der Gynäkologin festgestellten Verletzungen im Scheidenbereich des Mädchens. Zudem werde die Wahrhaftigkeit des von dem Kind geschilderten Geschehens auch dadurch gestützt, daß dessen Bruder und Mutter, wie beide glaubhaft bekundeten, durch das Schlüsselloch gesehen hätten, daß der Angeklagte und Nicole - die auf ihm gelegen habe - nackt auf der Couch lagen.

Insgesamt ist die Jugendschutzkammer "im Einklang" mit dem zur Glaubwürdigkeitsbegutachtung des Kindes herangezogenen Sachverständigen Dr. Sch. in einer "Gesamtschau davon überzeugt, daß die Aussage NicoleŽs eigenem Erleben entspricht, nicht von der Mutter suggeriert und damit wahr ist".

b) Diese Würdigung des Landgerichts ist möglich und damit vom Revisionsgericht hinzunehmen (vgl. BGHSt 26, 56, 62 f.; 29, 18, 20; BGH NStZ 1982, 478; BGHR StPO § 261 Beweiswürdigung 2). Im Hinblick auf die klare Beweislage (glaubhafte konstante Angaben des Kindes; zwei Zeugen, die Teile des Tatgeschehens beobachtet haben; kurz nach der Tat festgestellte tatursächliche Verletzungen), war die Jugendschutzkammer aus Rechtsgründen nicht gehalten, noch weitere beweiswürdigende Erwägungen anzustellen. Der Tatrichter ist nur dazu verpflichtet, die nach der Beweislage für seine Überzeugungsbildung maßgeblichen Umstände in den Urteilsgründen darzulegen. Unter diesem Gesichtspunkt ist es kein durchgreifender Rechtsfehler, daß das Landgericht nicht im einzelnen erörtert hat, welchen Inhalt das Gutachten des Sachverständigen Dr. Sch. hatte und welche genauen Anknüpfungstatsachen diesem zugrunde lagen.

3. Die Überprüfung des Urteils hat auch im übrigen keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben.

Ende der Entscheidung

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