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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Urteil verkündet am 11.12.2003
Aktenzeichen: 4 StR 398/03 (1)
Rechtsgebiete: StGB, StPO


Vorschriften:

StGB § 55
StGB § 55 Abs. 2
StGB § 55 Abs. 2 Satz 1
StGB § 69 a
StPO § 354 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES Urteil

4 StR 398/03

vom 11. Dezember 2003

in der Strafsache

gegen

wegen Aussetzung mit Todesfolge u.a.

Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 11. Dezember 2003, an der teilgenommen haben:

Vorsitzende Richterin am Bundesgerichtshof Dr. Tepperwien, Richter am Bundesgerichtshof Maatz, Prof. Dr. Kuckein, Richterinnen am Bundesgerichtshof Solin-Stojanovic, Sost-Scheible als beisitzende Richter,

Oberstaatsanwältin als Vertreterin der Bundesanwaltschaft,

Rechtsanwalt als Verteidiger,

Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Stralsund vom 7. Mai 2003 in der Urteilsformel dahin ergänzt, daß die Anordnung der Sperrfrist zur Wiedererteilung einer Fahrerlaubnis aus dem Urteil des Amtsgerichts Greifswald vom 16. Oktober 2002 - 33 Ds 1038/02 - aufrechterhalten wird.

2. Die Kosten des Rechtsmittels trägt der Angeklagte.

Von Rechts wegen

Gründe:

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen gefährlicher Körperverletzung und Aussetzung mit Todesfolge "unter Einbeziehung der Freiheitsstrafe aus dem Urteil des Amtsgerichts Greifswald vom 16.10.2002 (33 Ds 1038/02 = 545 Js 15 757/02 StA Stralsund)" zu der Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und drei Monaten verurteilt. Hiergegen hat die Staatsanwaltschaft Revision eingelegt, "soweit es in dem Urteil bezüglich des Angeklagten Jan S. unterlassen wurde, bei der Einbeziehung der Freiheitsstrafe von 10 Monaten aus dem Urteil des Amtsgerichts Greifswald ... die Führerscheinsperre von fünf Jahren aufrechtzuerhalten". Das auf die Verletzung sachlichen Rechts gestützte Rechtsmittel hat Erfolg.

1. Wie das angefochtene Urteil selbst ausweist, hat es die Jugendkammer versehentlich unterlassen, die Maßnahme der fünfjährigen Sperrfrist nach § 69 a StGB aus dem genannten Urteil des Amtsgerichts Greifswald aufrechtzuerhalten, wie dies § 55 Abs. 2 Satz 1 StGB vorschreibt. Da die in jenem Urteil angeordnete Sperrfrist noch nicht abgelaufen und deshalb nicht im Sinne von § 55 Abs. 2 Satz 1 StGB gegenstandslos geworden ist, kann der Senat in entsprechender Anwendung des § 354 Abs. 1 StPO die entgegen der zwingenden Vorschrift des § 55 StGB rechtsfehlerhaft unterbliebene Aufrechterhaltung der Sperrfrist selbst aussprechen.

2. Soweit die Beschwerdeführerin auch das Ziel verfolgt, die in dem Urteil des Amtsgerichts Greifswald vom 16. Oktober 2002 angeordnete Entziehung der Fahrerlaubnis und Einziehung des Führerscheins des Angeklagten aufrechtzuerhalten, vermag dem der Senat nicht zu entsprechen. Denn die Beschwerdeführerin hat ihr Rechtsmittel mit der Einlegung wirksam auf die unterbliebene Aufrechterhaltung der Sperrfrist beschränkt. Eine von der Beschwerdeführerin erstmals mit der Revisionsbegründung nach Ablauf der Revisionseinlegungsfrist geäußerte nachträgliche Erweiterung dieser zunächst beschränkten Revision ist nicht zulässig (st. Rspr.; vgl. BGHSt 38, 366; BGH, Beschluß vom 6. Oktober 1998 - 4 StR 372/98 - und Urteil vom 20. Februar 2003 - 4 StR 437/02).

Davon abgesehen, bedurfte es keines Ausspruchs über die Aufrechterhaltung der Entziehung der Fahrerlaubnis und der Einziehung des Führerscheins im angefochtenen Urteil, und zwar selbst dann nicht, wenn der Angeklagte - was nach den Feststellungen allerdings eher fern liegt - bei Urteilsfällung durch das Amtsgericht Greifswald (wieder) im Besitz einer Fahrerlaubnis gewesen sein sollte. Das folgt zwar nicht ohne weiteres aus dem Wortlaut des § 55 Abs. 2 Satz 1 StGB, der eher dafür sprechen könnte, daß ein Ausspruch über die Aufrechterhaltung im früheren Urteil angeordneter Maßnahmen stets zu erfolgen hat, soweit diese nicht ausnahmsweise "durch die neue Entscheidung" gegenstandslos werden. Eine solche am bloßen Wortlaut orientierte Auslegung verfehlt jedoch ihren Sinn in den Fällen, in denen die Maßnahme zwar nicht "durch die neue Entscheidung", aber auf andere Weise ihre Erledigung gefunden hat. Die Regelung des § 55 Abs. 2 StGB trägt dem Umstand Rechnung, daß mit der nachträglichen Gesamtstrafenentscheidung diese die alleinige Vollstreckungsgrundlage bildet. Ist aber eine im früheren Urteil angeordnete Maßnahme - aus welchen Gründen auch immer - erledigt, so fehlt es an der Notwendigkeit, gleichwohl über ihre Aufrechterhaltung zu befinden, wenn dies auch regelmäßig unschädlich sein wird (Senatsurteil BGHR StGB § 55 Abs. 2 Aufrechterhalten 8). So liegt es hier, weil die im Urteil des Amtsgerichts Greifswald angeordnete Entziehung der Fahrerlaubnis und die Einziehung des Führerscheins unmittelbar mit der Rechtskraft jenes Urteils wirksam wurden. Insoweit bedurfte es deshalb keiner weiteren Vollstreckung mehr; im Gegensatz zur Fahrerlaubnissperre waren diese Maßnahmen "erledigt".

Ende der Entscheidung

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