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Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 19.10.2000
Aktenzeichen: 4 StR 411/00
Rechtsgebiete: StPO
Vorschriften:
StPO § 349 Abs. 2 | |
StPO § 344 Abs. 2 Satz 2 |
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS
vom
19. Oktober 2000
in der Strafsache
gegen
wegen schweren Raubes
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 19. Oktober 2000 einstimmig beschlossen:
Tenor:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Münster vom 12. Mai 2000 wird als unbegründet verworfen, da die Nachprüfung des Urteils aufgrund der Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben hat (§ 349 Abs. 2 StPO).
Ergänzend zur Antragsschrift des Generalbundesanwalts vom 12. September 2000 bemerkt der Senat:
Hinsichtlich der geltend gemachten Verfahrensrügen fehlt es für deren Zulässigkeit an dem vollständigen Sachvortrag (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO). Wird die Ablehnung eines Beweisantrags auf Einholung eines weiteren Sachverständigengutachtens mit der Behauptung beanstandet, der gehörte Sachverständige habe wesentliche Anknüpfungstatsachen und Unterlagen unberücksichtigt gelassen, so bedarf es deren vollständiger Mitteilung, um dem Revisionsgericht die Prüfung zu ermöglichen, ob die Einwände gegen die Sachkunde des gehörten Sachverständigen begründet sind. Daran fehlt es. So werden das Blutentnahmeprotokoll und der die Haftfähigkeit des Beschwerdeführers betreffende Vermerk der Kriminalpolizei vom 14. März 2000 (SA Bl. 27) nur auszugsweise mitgeteilt. Der für die Beurteilung der Entzugserscheinungen bedeutsame Arztbericht des Landeskrankenhauses L. und der Inhalt der Krankenakte werden nur mitgeteilt, soweit sie Eingang in das schriftliche Gutachten des Sachverständigen Dr. L. gefunden haben ("Aus der Gesundheitsakte ..."; dort Seite 11). Desgleichen unterläßt es die Revision, den genauen Inhalt der "Krankengeschichte des stationären Krankenhausaufenthalts 1997 im St. Josef Hospital in C. ... und weitere Arztunterlagen aus Anlaß des Vorfalls vom 23.03.1997" (RB S. 12) mitzuteilen. Die fehlende vollständige Mitteilung der den Zustand des Angeklagten nach der Festnahme bis hin zur Vorführung beim Haftrichter betreffenden Unterlagen macht auch die weiter erhobene Aufklärungsrüge unzulässig. Zudem hätte es insoweit auch des Vortrags des Protokolls der richterlichen Vernehmung bedurft.
Davon abgesehen sind die Verfahrensbeschwerden auch unbegründet. Die Beurteilung der Sachkunde des Gutachters steht im pflichtgemäßen Ermessens des Tatrichters (BGHR StPO § 244 Abs. 4 Satz 2 Sachkunde 1). Der Sachverständige hat dabei in eigener Verantwortung über die Heranziehung von Unterlagen und den Umfang seiner Erhebung zu entscheiden (st. Rspr.; BGHSt 44, 26, 33; BGH NStZ 1999, 630, 632). Das Landgericht mußte sich auch nicht zu weiterer Sachaufklärung gedrängt sehen. Zu Unrecht wendet sich die Revision gegen die Auffassung des Generalbundesanwalts, die auf der nach der Tat zunächst unterbliebenen Methadonbehandlung beruhende Haftunfähigkeit sei für die Frage der Schuldfähigkeit zur Tatzeit ohne Bedeutung. Das gilt hier umso mehr, als seit der Tatbegehung mehr als acht Stunden vergingen, bevor ("gegen 12.40 Uhr"; Bl. 27 d.A.) die Kriminalpolizei über Entzugserscheinungen bei dem festgenommenen Beschwerdeführer unterrichtet wurde. Zwar kann bei der Beschaffungskriminalität eines Heroinabhängigen die Angst vor nahe bevorstehenden körperlichen Entzugserscheinungen, die er schon "grausamst" erlitten hat, die Annahme einer erheblichen Beeinträchtigung der Steuerungsfähigkeit begründen (BGHR StGB § 21 BtM-Auswirkungen 7, 9, 11). Entscheidend kommt es dabei aber darauf an, ob die Tatbegehung maßgeblich von der Angst vor Entzugserscheinungen bestimmt gewesen ist (vgl. BGH, Urteil vom 19. September 2000 - 1 StR 310/00). Nach den rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen war das beherrschende Motiv des Angeklagten für den Überfall jedoch die Sorge, wegen rückständiger Mietzahlungen seine Wohnung räumen zu müssen. Wenn das Landgericht hiernach die von ihm nach normativen Maßstäben zu beantwortende Rechtsfrage, ob eine "erhebliche" Beeinträchtigung der Steuerungsfähigkeit zur Tatzeit vorgelegen hat (vgl. Jähnke in LK 11. Aufl. § 21 Rdn. 8 mit Rechtsprechungsnachweisen), verneint hat, ist dies aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.
Auch die Strafbemessung ist frei von durchgreifenden Rechtsfehlern. Zwar weckt die Erwägung, die festgesetzte Strafe sei "auch zur Abschreckung anderer unbedingt erforderlich" (UA 17), für sich genommen Bedenken, das Landgericht könne generalpräventive Gesichtspunkte in unzulässiger Weise strafschärfend berücksichtigt haben (vgl. BGHR StGB § 46 Abs. 1 Generalprävention 1 f.). Jedoch ergibt der Zusammenhang, in dem dieser Gesichtspunkt hier im Anschluß an die Festsetzung der Strafhöhe neben den weiteren Gesichtspunkten der "schuldangemessene(n) Sühne" sowie der "nachhaltigen Beeindruckung des Angeklagten" aufgeführt ist, daß das Landgericht lediglich zum Ausdruck bringen wollte, die Höhe der Strafe werde allen anerkannten Strafzwecken gerecht.
Der Angeklagte hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.
Ende der Entscheidung
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