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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 11.11.2008
Aktenzeichen: 4 StR 434/08
Rechtsgebiete: StPO


Vorschriften:

StPO § 349 Abs. 4
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS

4 StR 434/08

vom 11. November 2008

in der Strafsache

gegen

wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u.a.

Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 11. November 2008 gemäß § 349 Abs. 4 StPO beschlossen:

Tenor:

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Saarbrücken vom 30. April 2008, soweit es ihn betrifft, mit den Feststellungen aufgehoben.

2. Die Sache wird insoweit zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen (unerlaubter) Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit (unerlaubtem) Besitz von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge und mit Beihilfe zum (unerlaubten) Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer "Gesamt"freiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Ferner hat es seine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt angeordnet. Hiergegen wendet sich die auf die Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten. Das Rechtsmittel hat Erfolg.

1. Die Annahme täterschaftlich begangener Einfuhr hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.

a) Nach den Feststellungen begleitete der Angeklagte den früheren Mitangeklagten L. auf einer Fahrt in die Niederlande nach Rotterdam. Das Fahrzeug hatte L. von seinem Arbeitgeber entliehen. In Rotterdam wollte L. , wie der Angeklagte von Anfang an wusste, Drogen kaufen, diese in die Bundesrepublik Deutschland einführen und hier sodann gewinnbringend weiter veräußern. Nachdem L. in Rotterdam ca. 600 g Heroin- und 15 g Kokaingemisch nebst Streckmittel erworben hatte, trat er mit dem Angeklagten die Rückfahrt an. Nach Passieren der Grenze gerieten sie in eine Verkehrskontrolle. Bevor das Fahrzeug, das von L. geführt wurde, durch die Polizeibeamten angehalten werden konnte, warf der Angeklagte die Tüte mit den Betäubungsmitteln aus dem Beifahrerfenster.

b) Diese Feststellungen tragen nicht die Verurteilung des Angeklagten wegen (mit-) täterschaftlich begangener unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln. Besteht die Mitwirkung eines Beteiligten allein darin, dass er den Täter bei der Einfuhr - wie hier als Beifahrer - begleitet, etwa um diesem dadurch das Gefühl der Sicherheit zu vermitteln, rechtfertigt dies nicht bereits die Annahme von Mittäterschaft (vgl. BGHR BtMG § 29 Abs. 1 Nr. 1 Einfuhr 33 m.w.N.). Zwar ist in einem solchen Fall die Annahme mittäterschaftlichen Handelns nicht generell ausgeschlossen, sie bedarf jedoch besonderer Rechtfertigung durch weitere Gesichtspunkte von Gewicht, beispielsweise durch einen bestimmenden Einfluss bei der Vorbereitung der Tat oder durch ein erhöhtes Tatinteresse (BGH aaO). Dies hat das Landgericht im Ansatz nicht verkannt. Soweit es jedoch ein erhöhtes Tatinteresse des Angeklagten daraus hergeleitet hat, dass von der eingeführten Menge Heroin 30 g für ihn bestimmt gewesen seien, fehlt es für diese Annahme an einer tragfähigen Grundlage. Die hierfür angeführte Begründung, der Angeklagte habe eine Teilmenge von 15 g Heroin gegen Zahlung von 200 € selbst erworben und weitere 15 g Heroin von L. als Entlohnung für die Begleitung und Absicherung bei der Fahrt erhalten sollen, stellt - wie der Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift im Einzelnen zutreffend ausgeführt hat - eine nicht durch Tatsachen belegte bloße Vermutung dar. Dass der Angeklagte angesichts der bevorstehenden Kontrolle die Drogen aus dem Fahrzeug warf, erfolgte ersichtlich zur Vermeidung einer Strafverfolgung und vermag daher ebenfalls nicht ohne Weiteres die Annahme einer Täterschaft des Angeklagten in Bezug auf die Einfuhrtat zu rechtfertigen.

2. Der Schuldspruch wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge hat daher auf der Grundlage der bisherigen Feststellungen keinen Bestand. Dies führt auch zur Aufhebung der für sich gesehen rechtsfehlerfreien Verurteilung wegen tateinheitlich begangener Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (vgl. KK-Kuckein 6. Aufl. § 353 Rn. 12). Die weitere tateinheitliche Verurteilung wegen unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge kann schließlich schon deshalb nicht bestehen bleiben, weil der unerlaubte Besitz von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge als Auffangtatbestand gegenüber der (vollendeten) unerlaubten Einfuhr dieser Betäubungsmittel zurücktritt (BGH NStZ-RR 2004, 88, 89).

3. Die Sache bedarf daher insgesamt erneuter Verhandlung und Entscheidung.

Ende der Entscheidung

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