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Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 22.02.2005
Aktenzeichen: 4 StR 453/04
Rechtsgebiete: StPO, StGB
Vorschriften:
StPO § 349 Abs. 4 | |
StPO § 357 | |
StGB § 259 |
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS
vom 22. Februar 2005
in der Strafsache
gegen
wegen gewerbsmäßiger Hehlerei
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführers am 22. Februar 2005 gemäß §§ 349 Abs. 4, 357 StPO beschlossen:
Tenor:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Essen vom 1. April 2004 mit den Feststellungen aufgehoben
a) soweit der Angeklagte A. T. verurteilt worden ist insgesamt (Fälle II. 1 bis 16, 18 und 23) und
b) soweit der Mitangeklagte T. verurteilt worden ist in den Fällen II. 1 bis 7, 9 bis 16 und 18.
2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten A. T. wegen gewerbsmäßiger Hehlerei in 18 Fällen (Fälle II. 1 bis 16, 18 und 23) zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt. Der Mitangeklagte T. , der keine Revision eingelegt hat, wurde als Mittäter des Angeklagten in den Fällen II. 1 bis 7, 9 bis 16 und 18 wegen gewerbsmäßiger Hehlerei in 16 Fällen sowie wegen Beihilfe zur gewerbsmäßigen Hehlerei zweier weiterer Mitangeklagter (Fall II. 21) ebenfalls zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt.
Die Revision des Angeklagten hat mit der Sachbeschwerde Erfolg. Die Feststellungen zum objektiven Tatbestand der Hehlerei beruhen auf einer nicht tragfähigen Beweisgrundlage. Die Strafkammer hat außerdem die Voraussetzungen, die an eine Vortat im Sinne des § 259 StGB zu stellen sind, verkannt.
Nach den Feststellungen erwarben der Angeklagte und der Mitangeklagte hochwertige Fahrzeuge und organisierten gemeinschaftlich in 16 Fällen, der Angeklagte darüber hinaus in zwei weiteren Fällen, deren Verschiffung in Staaten der Golfregion für dort ansässige Käufer. Diese Fahrzeuge waren zuvor von Vortätern überwiegend entwendet, in einem Fall (Fall II. 16) unterschlagen worden; in zwei Fällen handelte es sich um Fahrzeuge, die bei der Polizei "als gestohlen gemeldet" worden waren (Fälle II. 7 und 23). Der Angeklagte und der Mitangeklagte wußten zum Teil, daß die von ihnen erworbenen Fahrzeuge gestohlen waren (Fälle II. 1, 3, 6, 10, 11, 14 und 15), im übrigen war ihnen klar, daß es sich um Fahrzeuge handelte, die "aus Straftaten erlangt" waren (UA 10).
Der Angeklagte und der Mitangeklagte hatten sich zu den Tatvorwürfen u.a. dahin eingelassen, sie seien jedenfalls "bei einem Großteil" der Fahrzeuge davon ausgegangen, daß es sich um von den Eigentümern als gestohlen gemeldete Fahrzeuge und damit bei den Vortaten um "bloßen Versicherungsbetrug" gehandelt habe. Das Landgericht hat eine Auseinandersetzung mit dieser Einlassung für entbehrlich gehalten, da auch ein Versicherungsbetrug eine Vortat im Sinne des § 259 StGB sein könne und der Täter der Hehlerei nicht wissen müsse, aus welcher konkreten Vortat die Sache stamme.
1. Die Feststellungen der Strafkammer zu den Vortaten im Sinne des § 259 StGB begegnen bereits in objektiver Hinsicht durchgreiflichen rechtlichen Bedenken.
a) In den Fällen, in denen die Strafkammer davon ausgegangen ist, die Fahrzeuge entstammten entweder Diebstählen beziehungsweise einer Unterschlagung, ist den Urteilsgründen eine tragfähige Beweisgrundlage für diese Feststellungen nicht zu entnehmen. Der Angeklagte und der Mitangeklagte haben sich zu den Vortaten nicht geständig eingelassen, vielmehr pauschal und ohne konkrete Fälle zu bezeichnen behauptet, "bei einem Großteil" der Vortaten vom Vorliegen von Versicherungsbetrugstaten der Fahrzeugseigentümer ausgegangen zu sein. Darüber hinausgehende Beweise hat die Strafkammer zu den Vortaten nach dem Inhalt der Urteilsgründe nicht erhoben. Es ist deshalb nicht nachvollziehbar, wie das Landgericht zu den diesbezüglichen Feststellungen gelangt ist.
b) Die den Fällen II. 7 und 23 zugrundeliegende Feststellung, es habe sich bei den Fahrzeugen jeweils um solche gehandelt, die bei der Polizei "als gestohlen gemeldet" gewesen seien, belegt einen Diebstahl als Vortat im Sinne des § 259 StGB nicht. Anlaß für die Diebstahlsanzeigen können ebenso ein Versicherungsbetrug oder ein Versicherungsmißbrauch des jeweiligen Versicherungsnehmers gewesen sein. Diese Taten kämen jedoch - entgegen der Auffassung der Strafkammer - als Vortaten des Hehlereitatbestandes nicht in Betracht.
Dieser setzt in objektiver Hinsicht voraus, daß die Vortat fremdes Vermögen verletzt und zu einer rechtswidrigen Besitzlage geführt hat (vgl. Tröndle/ Fischer StGB 52. Aufl. § 259 Rdn. 3 und 4 m.w.Nachw.). Weder durch einen Versicherungsbetrug (§ 263 StGB) noch durch einen Versicherungsmißbrauch (§ 265 StGB) wird eine solche rechtswidrige Besitzlage hinsichtlich der versicherten Sache geschaffen. Die betrügerische Geltendmachung eines Versicherungsschadens durch den Eigentümer als Versicherungsnehmer führt ebensowenig wie ein Versicherungsmißbrauch zu einer Änderung der bestehenden Eigentumslage bzw. zu einer rechtswidrigen Besitzlage am Fahrzeug. Vielmehr kann der Versicherungsnehmer trotz Begehung einer der vorgenannten Straftaten weiterhin als Berechtigter über die versicherte Sache verfügen (vgl. BGHR StGB § 259 Abs. 1 Vortat 5).
2. Aus den zuletzt dargelegten Gründen halten auch die Feststellungen zur subjektiven Tatseite rechtlicher Überprüfung nicht stand. Die Strafkammer durfte eine Erörterung der Einlassung des Angeklagten und seines Mittäters zu ihrer Vorstellung über die Herkunft der Fahrzeuge nicht dahingestellt sein lassen. Wären der Angeklagte und sein Mittäter ihrer Einlassung entsprechend bei dem Erwerb der Fahrzeuge davon ausgegangen, diese seien mit Wissen und Wollen der Eigentümer als Versicherungsnehmer entweder nach Vortäuschung einer Entwendung oder um später eine solche Entwendung vorzutäuschen, verschoben worden, hätten sie sich eine rechtswidrige Besitzlage hinsichtlich der von ihnen erworbenen Fahrzeuge nicht vorgestellt. Der subjektive Tatbestand des § 259 StGB wäre dann nicht erfüllt.
3. Das Urteil unterliegt deshalb insgesamt der Aufhebung. Die auf die Revision des Angeklagten zu beachtenden Rechtsfehler führen gemäß § 357 StPO auch zur Aufhebung des Urteils, soweit der Mitangeklagte T. wegen gewerbsmäßiger Hehlerei als Mittäter des Angeklagten verurteilt worden ist.
Ende der Entscheidung
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