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Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 07.01.2003
Aktenzeichen: 4 StR 454/02
Rechtsgebiete: StPO
Vorschriften:
StPO § 52 | |
StPO § 261 | |
StPO § 349 Abs. 4 |
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS
vom
7. Januar 2003
in der Strafsache
gegen
wegen bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführers am 7. Januar 2003 gemäß § 349 Abs. 4 StPO beschlossen:
Tenor:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Dortmund vom 6. Juni 2002 mit den Feststellungen aufgehoben.
2. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge, "tateinheitlich begangen mit einem Verstoß gegen das Waffengesetz" (§ 53 Abs. 3 Nr. 1 Buchst. a WaffG), zu einer Freiheitsstrafe von sechs Jahren und sechs Monaten verurteilt. Die hiergegen gerichtete Revision des Angeklagten, die neben der allgemeinen Sachrüge mehrere Verfahrensrügen erhebt, dringt mit der Rüge der Verletzung der §§ 261, 52 StPO durch.
Die Strafkammer hat der Ehefrau des Angeklagten nicht geglaubt, die mit ihrer Zeugenaussage in der Hauptverhandlung dessen Einlassung stützte, er sei als Opfer eines Komplotts falsch verdächtigt worden. Für das Landgericht ist insoweit nicht nachvollziehbar gewesen, warum die Zeugin zwecks Entlastung ihres Ehemannes nicht zuvor die Polizei über die Angaben eines nach ihrer Aussage am Komplott Beteiligten informiert habe, vor allem als der Ehemann später erneut in Untersuchungshaft genommen wurde. Wie der Bundesgerichtshof in ständiger Rechtsprechung entschieden und die Revision zutreffend gerügt hat, darf die Zeugnisverweigerung eines Angehörigen nicht gegen den Angeklagten verwendet werden, auch dann nicht, wenn der Angehörige später Angaben macht, da nur so dem Angehörigen die von § 52 StPO eingeräumte Entscheidungsfreiheit verbleibt, ob und wann er Angaben zur Sache machen will, ohne hierdurch Schlüsse des Gerichts zu Lasten des Angeklagten befürchten zu müssen (vgl. BGHSt 34, 324, 327; BGHR StPO § 261 Aussageverhalten 21; BGH NStZ 1987, 182; 1989, 281; StV 2002, 4 jeweils m.w.N.). Eine Ausnahme, wie sie in BGHSt 34, 324, 327 f. für solche Fälle entschieden wurde, in denen sich der Angehörige bereits zuvor gegenüber den Ermittlungsbehörden als Zeuge zur Sache eingelassen hatte, ohne die ihm zu diesem Zeitpunkt bereits bekannten, den Angeklagten entlastenden Umstände vorzubringen, liegt hier nicht vor, da die Ehefrau in der Hauptverhandlung erstmals als Zeugin ausgesagt hat.
Demnach kann der Revision der Erfolg nicht versagt bleiben, da der Senat trotz der sonstigen, vom Verfahrensverstoß nicht betroffenen, erheblichen Verdachtsmomente letztlich nicht auszuschließen vermag, daß das Urteil auf dieser Rechtsverletzung beruht (§ 337 StPO). Zwar spricht es gegen den Angeklagten, daß dieser ausweislich der Feststellungen gegenüber dem als Vertrauensperson der Polizei tätigen Zeugen A. bei dessen im Polizeipräsidium geführten, von einem Dolmetscher mitgehörten und für die Ermittlungsbeamten übersetzten Telefonaten nicht nur einen Termin für erneute Geldzahlungen verabredet, sondern sich mit dem Angeklagten auch über die Übergabe neuer "Ware" unterhalten hatte. Die Einlassung des Angeklagten, die Zahlungen des Scheinaufkäufers A. seien jeweils als Raten für einen früheren Autokauf erfolgt, erscheint unter diesen Umständen wenig plausibel. Da die Strafkammer den Inhalt der Telefonate jedoch nicht im einzelnen wiedergegeben und sich hiermit in der Beweiswürdigung auch nicht auseinandergesetzt hat, reicht dieser Gesichtspunkt jedoch weder allein noch in der Gesamtschau mit anderen belastenden Umständen aus, um sicher auszuschließen, daß die Strafkammer zu einem anderen Ergebnis gekommen wäre, wenn sie das frühere Schweigen der Ehefrau nicht als Indiz gegen die Glaubhaftigkeit der Angaben der Zeugin gewertet hätte.
Zur Abklärung der - für sich genommen nicht eben lebensnahen - Komplotttheorie des Angeklagten wird der neue Tatrichter insbesondere die Vorgänge nach dem letzten Zusammentreffen des Zeugen A. mit dem Angeklagten am 7. April 1997 bis zur Durchsuchung der Wohnung des Angeklagten im einzelnen aufzuklären und zeitlich zuzuordnen haben.
Ende der Entscheidung
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