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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 06.11.2003
Aktenzeichen: 4 StR 456/03
Rechtsgebiete: StPO, StGB


Vorschriften:

StPO § 349 Abs. 2
StPO § 349 Abs. 4
StGB § 20
StGB § 22
StGB § 63
StGB § 306 a Abs. 1 Nr. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS

4 StR 456/03

vom 6. November 2003

in dem Sicherungsverfahren

gegen

Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführers am 6. November 2003 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:

Tenor:

1. Auf die Revision des Beschuldigten wird das Urteil des Landgerichts Saarbrücken vom 18. Juni 2003 mit den Feststellungen - mit Ausnahme derjenigen zum äußeren Tatgeschehen - aufgehoben.

2. Die Sache wird im Umfang der Aufhebung zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

3. Die weiter gehende Revision wird verworfen.

Gründe:

Das Landgericht hat im Sicherungsverfahren die Unterbringung des Beschuldigten in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet und deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt. Die gegen dieses Urteil gerichtete Revision des Beschuldigten, mit der er die Verletzung sachlichen Rechts rügt, bleibt ohne Erfolg, soweit sie sich gegen die Feststellungen zur rechtswidrigen Tat richtet; insoweit bleiben die Feststellungen zum äußeren Tatgeschehen aufrechterhalten. Hinsichtlich der Unterbringungsanordnung hat das Rechtsmittel jedoch Erfolg.

Das Landgericht hat die vom Beschuldigten begangene Tat entgegen den Einwendungen der Revision rechtsfehlerfrei als versuchte rechtswidrige schwere Brandstiftung gemäß § 306 a Abs. 1 Nr. 1, § 22 StGB gewertet. Die getroffenen Feststellungen ergeben, daß das vom Beschuldigten entzündete Papier geeignet war, auf die Türblätter der Toilettenkabinen und damit auf wesentliche Teile des Gebäudes überzugreifen (vgl. BGH, Beschluß vom 18. Oktober 1994 - 1 StR 502/94).

Ohne Rechtsfehler ist das Landgericht auch zu der Überzeugung gelangt, daß die Steuerungsfähigkeit des Beschuldigten im Tatzeitpunkt wegen einer "schizophrenen Geisteskrankheit", mithin einer krankhaften seelischen Störung im Sinne des § 20 StGB, aufgehoben war, und das Krankheitsbild unverändert fortbesteht. Gleichwohl kann der Maßregelausspruch nicht bestehen bleiben, weil die Strafkammer die weiter vorausgesetzte Gefährlichkeitsprognose nicht ausreichend begründet hat.

Die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus ist eine außerordentlich beschwerende Maßnahme. Deshalb darf sie nur angeordnet werden, wenn eine Wahrscheinlichkeit höheren Grades besteht, daß der Beschuldigte infolge seines fortdauernden Zustandes in Zukunft erhebliche rechtswidrige Taten begehen werde (BGHR StGB § 63 Gefährlichkeit 11 und 26). Dies hat das Landgericht dem Sachverständigen folgend zwar für gegeben angesehen, da wegen des "symptomatischen Zusammenhangs zwischen Krankheit und Tatgeschehen sowie der Dauerhaftigkeit der Geisteskrankheit von einer Gefährlichkeit des Beschuldigten ausgegangen werden müsse". Obwohl bei ihm "keine allgemeine Tendenz zu Regelverstößen zu beobachten sei, könne sich Vergleichbares jederzeit wiederholen".

Damit ist lediglich die bloße Möglichkeit, nicht jedoch die vom Gesetz vorausgesetzte bestimmte Wahrscheinlichkeit der Begehung weiterer erheblicher rechtswidriger Taten belegt. Der Beschuldigte ist weder vor der Anlaßtat im Februar 2000 noch danach strafrechtlich in Erscheinung getreten, obwohl seine Erkrankung seit 1987 besteht und die aus ihr folgenden, das Handeln des Beschuldigten beeinflussenden Wahnvorstellungen nicht nur bei der Anlaßtat aufgetreten sind. Bei dieser Sachlage durfte sich die Strafkammer nicht darauf beschränken, die Wahrscheinlichkeit weiterer erheblicher Taten allein aus der aktuellen Beurteilung des Krankheitszustandes durch den Sachverständigen herzuleiten. Vielmehr hätte die Entwicklung des Beschuldigten unter dem Einfluß seiner Erkrankung eingehender als geschehen, insbesondere in Bezug auf sein Aggressionsverhalten, dargestellt werden müssen. Ob und in welcher Weise der Beschuldigte über die Anlaßtat hinaus Auffälligkeiten zeigte, ergeben die Urteilsgründe nicht. Eine eingehende Erörterung und Würdigung des Verhaltens des Beschuldigten vor und nach der Tat war auch deshalb erforderlich, weil die Anlaßtat im Rahmen einer Unterbringung begangen wurde. Eine solche Tat ist jedenfalls dann, wenn sie ihre Ursache (auch) in der durch die Unterbringung für den Betreffenden bestehenden Situation hat, für die Anordnung einer strafrechtlichen Unterbringung nach § 63 StGB nur eingeschränkt verwertbar (BGH NStZ 1998, 405; BGHR aaO Gefährlichkeit 26). Auch hiermit hat sich die Strafkammer nicht auseinandergesetzt.

Ende der Entscheidung

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