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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 20.11.2001
Aktenzeichen: 4 StR 467/01
Rechtsgebiete: StPO, StGB


Vorschriften:

StPO § 349 Abs. 4
StPO § 349 Abs. 2
StGB § 177 Abs. 2 Nr. 1
StGB § 177 Abs. 1
StGB § 177 Abs. 5
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS

4 StR 467/01

vom

20. November 2001

in der Strafsache

gegen

wegen Vergewaltigung

Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführers am 20. November 2001 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:

Tenor:

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Münster vom 12. März 2001 im Strafausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.

2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

3. Die weiter gehende Revision wird verworfen.

Gründe:

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Vergewaltigung unter Einbeziehung einer rechtskräftig verhängten Geldstrafe zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sieben Monaten verurteilt. Mit seiner hiergegen eingelegten Revision rügt der Angeklagte die Verletzung formellen und materiellen Rechts. Das Rechtsmittel ist unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO, soweit es sich gegen den Schuldspruch richtet. Der Strafausspruch hält dagegen rechtlicher Prüfung nicht stand.

Nach den Urteilsfeststellungen lebten der Angeklagte und die Geschädigte seit November 1998 in eheähnlicher Gemeinschaft in einer gemeinsamen Wohnung. Seit Oktober 1999 schliefen sie zwar in getrennten Zimmern, gleichwohl kam es in der Folgezeit zwei- bis dreimal wöchentlich zu einverständlichem Geschlechtsverkehr. Am Abend des 21. Dezember 1999 war die Geschädigte dazu nicht bereit. Der Angeklagte akzeptierte dies nicht; er überwand vielmehr ihren entgegenstehenden Willen durch Anwendung von Gewalt, indem er sich auf sie setzte, ihre Arme festhielt und ihre Beine auseinanderdrückte, wobei er auch gegen ihre Oberschenkel trat oder stieß, und vollzog mit ihr den Geschlechtsverkehr bis zum Samenerguß. Nach diesem Vorfall war der Geschädigten, die sich schon zuvor aufgrund verschiedener Unstimmigkeiten gefühlsmäßig von dem Angeklagten abgewandt hatte, klar, daß sie die Beziehung nicht fortsetzen wollte. Trotzdem ließ sie sich am folgenden Tag vom Angeklagten nach dem Bade den Rücken massieren und hatte drei Tage nach der Tat sogar wieder einvernehmlich Geschlechtsverkehr mit ihm. Erst danach setzte sie ihre Trennungsabsicht um. "Die Vergewaltigung hat bei ihr nicht zu einer besonders schweren psychischen Belastung geführt, sondern sie hat sie insgesamt einigermaßen verarbeitet" (UA 27).

Das Landgericht hat die gegen den zur Tatzeit unbestraften Angeklagten verhängte Freiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten trotz der Verwirklichung des Regelbeispiels nach § 177 Abs. 2 Nr. 1 StGB dem Strafrahmen des § 177 Abs. 1 StGB entnommen, einen minder schweren Fall der Vergewaltigung nach § 177 Abs. 5 StGB jedoch mit der Begründung verneint, "mildernde Umstände von ganz außergewöhnlichem Ausmaß" lägen nicht vor. Insbesondere hat es im Rahmen der wertenden Gesamtbetrachtung strafschärfend gewertet, der Angeklagte habe "das Vertrauen, das die Zeugin F. ihm in dieser Lebensgemeinschaft entgegenbrachte, durch die Tat im besonderen Maße missbraucht". Diese Wertung ist aber durch die Feststellungen nicht belegt; das Verhalten der Geschädigten nach der Tat spricht eher dagegen. Auch soweit das Landgericht strafschärfend berücksichtigt hat, der Angeklagte habe "ein besonderes Ausmaß an Gewalt und Aggressivität gezeigt", findet diese Wertung - gemessen an den in diesem Bereich vorkommenden Tathandlungen - keine Stütze in den Feststellungen. Auf diesen rechtsfehlerhaften Erwägungen, die das Landgericht sowohl der Strafrahmenbestimmung als auch der Strafzumessung im engeren Sinne zugrundegelegt hat, kann beruhen, daß das Landgericht eine Strafe verhängt hat, die nicht mehr zur Bewährung ausgesetzt werden konnte. Über die Strafe ist daher neu zu befinden.

Dabei wird der neu entscheidende Tatrichter für den Fall einer erneuten Gesamtstrafenbildung zu beachten haben, daß die Einbeziehung einer Geld- in eine Freiheitsstrafe insbesondere dann einer Begründung bedarf, wenn sich die geahndeten Taten wie hier gegen unterschiedliche Rechtsgüter richten (vgl. BGHR StGB § 53 Abs. 2 Einbeziehung, nachteilige 5).

Der Antrag der Nebenklägerin auf Bewilligung von Prozeßkostenhilfe für das Revisionsverfahren ist aufgrund der fortwirkenden Beistandsbestellung durch das Landgericht gegenstandslos (vgl. BGHR StPO § 397 a Abs. 1 Beistand 2).

Ende der Entscheidung

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