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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 22.11.2007
Aktenzeichen: 4 StR 474/07
Rechtsgebiete: StPO


Vorschriften:

StPO § 265
StPO § 349 Abs. 2
StPO § 349 Abs. 4
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS

4 StR 474/07

vom 22. November 2007

in der Strafsache

gegen

wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u.a.

Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführers am 22. November 2007 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:

Tenor:

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Münster vom 23. April 2007 im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte in den Fällen II 7 bis 52 der Urteilsgründe der bandenmäßigen Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerlaubtem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge, mit unerlaubtem Besitz von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge sowie mit Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in 46 Fällen schuldig ist.

2. Die weiter gehende Revision wird verworfen.

3. Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in sechs Fällen (Fälle II 1-6 der Urteilsgründe) sowie wegen bandenmäßigen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in 46 Fällen (Fälle II 7-52 der Urteilsgründe) zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren und sechs Monaten verurteilt; außerdem hat es den Maßstab für die in den Niederlanden erlittene Auslieferungshaft festgesetzt und den Verfall von Wertersatz in Höhe von 65.000 Euro angeordnet. Gegen dieses Urteil wendet sich der Angeklagte mit seiner Revision, mit der er die Verletzung formellen und materiellen Rechts rügt. Das Rechtsmittel führt zu der aus der Beschlussformel ersichtlichen Schuldspruchänderung; im Übrigen erweist es sich, auch unter Berücksichtigung des Schriftsatzes des Verteidigers vom 19. November 2007, als unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

1. Nach den zu den Fällen II 7-52 der Urteilsgründe getroffenen Feststellungen vereinbarten der Angeklagte und die gesondert Verfolgten Sch. und E. im Mai 2004, künftig in einer noch unbestimmten Vielzahl von Fällen gemeinsam Marihuana aus den Niederlanden in die Bundesrepublik einzuführen. Entsprechend dieser Abrede führten sie in der Zeit von Mai 2004 bis Dezember 2005 in 46 Fällen jeweils zwischen 7,5 kg und 24 kg Marihuana ein, wobei absprachegemäß die gesondert Verfolgten W. oder S. als Kurierfahrer fungierten. Jede Einfuhrfahrt wurde zur Absicherung des Transports von zwei oder drei sogenannten "Blockfahrzeugen" begleitet, von denen eines stets vom Angeklagten gefahren wurde, die Übrigen von Sch. und/oder E. . Die anfallenden Kurierlöhne teilten sich der Angeklagte, Sch. und E. .

Das zur Einfuhr bestimmte Rauschgift wurde - nach den insoweit vom Anklagevorwurf abweichenden Feststellungen des Landgerichts - nicht vom Angeklagten erworben, vielmehr kauften Sch. , E. und der Angeklagte das Marihuana unabhängig voneinander bei ihren jeweiligen Dealern in den Niederlanden. Die erworbenen Teilmengen führten sie sodann zum Zweck der Einfuhr zusammen. In Deutschland teilten sie die Gesamtmenge wieder auf, um das Rauschgift gewinnbringend an ihre jeweiligen Abnehmer zu veräußern. Der Angeklagte erwarb jeweils zwischen 2,5 kg und 8 kg (insgesamt 257 kg) Marihuana, welches er, bis auf einen zu seinen Gunsten unterstellten Eigenverbrauch von insgesamt 6,1 kg, gewinnbringend weiterverkaufte.

2. Diese Feststellungen tragen den Schuldspruch wegen bandenmäßigen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in 46 Fällen nicht. Der Angeklagte und die gesondert Verfolgten Sch. und E. hatten sich zwar auf eine gewisse Dauer zu künftiger gemeinsamer Begehung von Betäubungsmitteldelikten verbunden; der Zusammenschluss war aber ersichtlich nicht auf ein Handeltreiben mit der eingeführten Gesamtmenge gerichtet. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs umfasst der Begriff des Handeltreibens nur eigennützige Bemühungen, die darauf gerichtet sind, den Umsatz von Betäubungsmitteln zu ermöglichen oder zu fördern (vgl. BGHSt 43, 158, 161 f. m.w.N.). Eigennützige Umsatzbemühungen haben die Bandenmitglieder entsprechend der Bandenabrede hinsichtlich der Gesamtmenge des eingeführten Rauschgifts aber nicht entfaltet.

Das Verhalten des Angeklagten erfüllt jedoch in allen 46 Fällen den Tatbestand der bandenmäßigen Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (§ 30 a Abs. 1 BtMG). Die zwischen den Beteiligten getroffene Bandenabrede war auf die Einfuhr der jeweiligen Gesamtmenge gerichtet; der Zusammenschluss diente absprachegemäß dazu, die Einfuhrfahrten sicherer und kostengünstiger zu gestalten. In jedem dieser Fälle hat sich der Angeklagte tateinheitlich des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge hinsichtlich der von ihm weiterverkauften Teilmenge, des Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge hinsichtlich des von ihm konsumierten Marihuanas und der Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge hinsichtlich der von den übrigen Bandenmitgliedern verkauften Teilmengen schuldig gemacht (§§ 29 a Abs. 1 Nr. 2 BtMG, 27 StGB; vgl. BGH NStZ 2003, 90, 93).

Der Senat ändert den Schuldspruch entsprechend ab. § 265 StPO steht dem nicht entgegen, da ausgeschlossen werden kann, dass sich der geständige Angeklagte gegen den geänderten Schuldvorwurf anders als geschehen hätte verteidigen können. Der Strafausspruch kann bestehen bleiben, weil der Strafrahmen für die Bandeneinfuhr und den Bandenhandel derselbe ist.

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