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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 30.03.2004
Aktenzeichen: 4 StR 529/03
Rechtsgebiete: StPO


Vorschriften:

StPO § 349 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS

4 StR 529/03

vom 30. März 2004

in der Strafsache

gegen

wegen Betruges u.a.

Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung der Beschwerdeführer am 30. März 2004 gemäß § 349 Abs. 2 StPO einstimmig beschlossen:

Tenor:

Die Revisionen der Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Dortmund vom 13. März 2003 werden als unbegründet verworfen, da die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigungen keinen Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten ergeben hat.

Gründe:

Ergänzend bemerkt der Senat:

Der Angeklagte H. beanstandet zwar zu Recht eine rechtsfehlerhafte Bewertung der Konkurrenzverhältnisse der festgestellten Taten durch die Strafkammer. Der Senat kann jedoch ausschließen, daß der Angeklagte hierdurch beschwert ist.

Das Landgericht hat den Angeklagten H. wegen Betrugs in Tateinheit mit Urkundenfälschung in 16 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt (Einzelstrafen in 15 Fällen jeweils ein Jahr und ein Monat, in einem Fall zehn Monate Freiheitsstrafe). Nach den Feststellungen gehörte der Angeklagte einer Gruppe von Personen an, die im Ausland mit gefälschten Postsparbüchern bei Postbankfilialen unberechtigte Auszahlungen bewirkten. Der Angeklagte H. war an 16 Auslandsreisen beteiligt, anläßlich derer in insgesamt 654 Fällen Bankfilialen aufgesucht wurden und Abhebungen von Geldbeträgen zwischen 400 DM und - überwiegend - 1.000 DM erfolgten. Die Auffassung des Landgerichts, die jeweils anläßlich einer Auslandsreise begangenen Betrugshandlungen - im Einzelfall bis zu 124 Tatbestandsverwirklichungen - stellten "eine Tat im rechtlichen Sinne" (UA 106) dar, begegnet durchgreifenden rechtlichen Bedenken.

Die Voraussetzungen natürlicher Handlungseinheit (vgl. BGHSt 43, 312, 315 m.w.N.) bezogen auf die anläßlich einer Reise erfolgten betrügerischen Geldabhebungen sind nicht gegeben. Trotz der jeweils einheitlichen Vorbereitung einer Reise und der damit einhergehenden Tatserie durch die vorherige Bestellung von gefälschten Sparbüchern beim Mitangeklagten K. besteht zwischen den Geldabhebungen bei jeweils verschiedenen Geldinstituten kein derart enger Zusammenhang, daß die Tatbestandsverwirklichungen bei natürlicher Betrachtungsweise aufgrund der Anschauungen des Lebens als ein einheitliches zusammengeschlossenes Tun erscheinen würden. Andere Möglichkeiten, die anläßlich einer Reise begangenen Betrugshandlungen zu einer materiell-rechtlichen Tat zusammenzufassen, kommen, worauf die Revision zu Recht hinweist, nicht in Betracht.

Der Senat schließt jedoch aus, daß die Strafkammer bei einer Verurteilung wegen 654 rechtlich selbständigen Taten auf eine niedrigere Gesamtfreiheitsstrafe erkannt hätte. Die bloße Korrektur des Konkurrenzverhältnisses hätte keine Verringerung des Tatunrechts und des Schuldgehalts in seiner Gesamtheit zur Folge gehabt (vgl. BVerfG Beschluß vom 1. März 2004 - 2 BvR 2251/03; BGH NStZ 1999, 513, 514 m.w.N.). Auch bei Annahme von 654 Einzeltaten hätte dem Angeklagten nach den Feststellungen von Anfang an ein gewerbsmäßiges Handeln angelastet werden müssen. In Anbetracht der ungewöhnlich hohen Anzahl der Einzeltaten bei unverändertem Unrechtsgehalt der Gesamtheit der Taten kommt deshalb selbst bei Verhängung der denkbar schuldangemessen niedrigsten Einzelstrafen nicht in Betracht, daß die Strafkammer eine niedrigere als die ohnehin milde bemessene Gesamtfreiheitsstrafe festgesetzt hätte.

Zwar ist nicht auszuschließen, daß der Tatrichter bei rechtsfehlerfreier Bewertung des Konkurrenzverhältnisses wegen des geringeren Schuldumfangs der Einzelfälle die zu verhängenden Einzelstrafen niedriger als bisher bestimmt hätte. Insoweit ist der Angeklagte jedoch ebenfalls nicht beschwert. Daß die Festsetzung der 15 Einzelstrafen von jeweils einem Jahr und einem Monat für die Anordnung von Sicherungsverwahrung in einem etwaigen künftigen Strafverfahren Bedeutung gewinnen und sich insoweit zu Lasten des Angeklagten auswirken könnte, liegt angesichts des straffreien Vorlebens und der positiven Entwicklung des Angeklagten seit seiner Entlassung aus der Untersuchungshaft denkbar fern (vgl. BGH DRiZ 1972, 246; Hanack in Löwe/Rosenberg, StPO 25. Aufl. § 354 Rdn. 24). Ergäbe sich hingegen später die Notwendigkeit der Bildung einer nachträglichen Gesamtstrafe, könnte eine erhöhte Anzahl von Einzelstrafen den Angeklagten benachteiligen. Der neue Tatrichter wäre nämlich nicht gehindert, die neuen Einzelstrafen für die anläßlich einer Reise begangenen Straftaten so zu bemessen, daß ihre Gesamtsumme die bisher für diesen Komplex verhängte Einzelstrafe übersteigen würde (BGHR StPO § 358 Abs. 2 Nachteil 5). Hinzu kommt, daß bereits die Schuldspruchänderung als solche - 654 statt 16 Fälle des Betruges in Tateinheit mit Urkundenfälschung - eine Beschwer für den Angeklagten enthalten würde.

Jeder Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Ende der Entscheidung

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