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Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 11.03.2003
Aktenzeichen: 4 StR 545/02
Rechtsgebiete: StPO, StGB


Vorschriften:

StPO § 349 Abs. 2
StPO § 349 Abs. 4
StPO a.F. § 178 Abs. 2
StGB a.F. § 176 Abs. 1 letzter Halbsatz
StGB a.F. § 176
StGB a.F. § 178
StGB § 184 c Nr. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS

4 StR 545/02

vom 11. März 2003

in der Strafsache

gegen

wegen sexuellen Mißbrauchs eines Kindes u.a.

Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführers am 11. März 2003 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:

Tenor:

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Essen vom 30. August 2002 im Strafausspruch aufgehoben.

2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

3. Die weiter gehende Revision wird verworfen.

Gründe:

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen sexuellen Mißbrauchs von Kindern in fünf Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit sexueller Nötigung, zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Die Revision des Angeklagten, mit der er die Verletzung formellen und materiellen Rechts rügt, erweist sich hinsichtlich des Schuldspruchs als unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO. Dagegen hält der Strafausspruch rechtlicher Prüfung nicht stand.

Das Landgericht hat auf die im Zeitraum vom Herbst 1991 bis zum Sommer 1992 begangenen fünf Taten rechtlich zutreffend das zur Tatzeit geltende Recht angewendet; das Vorliegen minder schwerer Fälle nach § 176 Abs. 1 letzter Halbsatz StGB a.F. bzw. § 178 Abs. 2 StPO a.F. hat es verneint und die verhängten Einzelstrafen dem jeweiligen Regelstrafrahmen entnommen. Die Erwägungen, mit denen das Vorliegen minder schwerer Fälle abgelehnt worden ist, begegnen durchgreifenden rechtlichen Bedenken.

Die Strafkammer hat bei der für die Strafrahmenwahl erforderlichen Gesamtwürdigung aller für die Wertung der Taten und des Täters in Betracht kommender Umstände wesentliche mildernde Gesichtspunkte nicht berücksichtigt. Sie hat insbesondere nicht bedacht, daß zwischen der letzten Tat und dem Urteil zehn Jahre vergangen sind und daß eine solch lange Zeitspanne zwischen Begehung der Tat und ihrer Aburteilung einen wesentlichen Strafmilderungsgrund darstellt (vgl. BGHR StGB § 46 Abs. 2 Zeitablauf 1 m.w.N.). Auch die Tatsache, daß der jetzt 60 Jahre alte Angeklagte bisher nicht bestraft ist, ist nicht bereits bei der Strafrahmenwahl, sondern erst bei der konkreten Strafzumessung berücksichtigt worden [UA 20]. Hinzu kommt, daß die sexuelle Handlung im Fall II 5 der Urteilsgründe zwar die Erheblichkeitsschwelle des § 184 c Nr. 1 StGB überschreitet, aber hinsichtlich ihres Schweregrades im unteren Bereich der möglichen Tatbestandsverwirklichungen der §§ 176, 178 StGB a.F. einzuordnen ist.

Über den Strafausspruch ist daher neu zu befinden. Die ihm zugrunde liegenden Feststellungen sind rechtsfehlerfrei getroffen worden und können bestehen bleiben. Hierzu nicht in Widerspruch stehende ergänzende Feststellungen sind zulässig.



Ende der Entscheidung

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