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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 15.02.2005
Aktenzeichen: 4 StR 572/04
Rechtsgebiete: StPO


Vorschriften:

StPO § 154 Abs. 1
StPO § 206 a Abs. 1
StPO § 349 Abs. 2
StPO § 349 Abs. 4
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS

4 StR 572/04

vom 15. Februar 2005

in der Strafsache

gegen

wegen sexuellen Mißbrauchs eines Jugendlichen

Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführers am 15. Februar 2005 gemäß §§ 206 a Abs. 1, 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:

Tenor:

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Essen vom 7. Juni 2004

a) aufgehoben, soweit der Angeklagte wegen sexuellen Mißbrauchs eines Jugendlichen in 30 Fällen verurteilt worden ist; insoweit wird das Verfahren eingestellt; im Umfang der Einstellung fallen die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Angeklagten der Staatskasse zur Last;

b) im Schuldspruch dahin geändert, daß der Angeklagte des sexuellen Mißbrauchs eines Jugendlichen in 50 Fällen schuldig ist;

c) im Ausspruch über die Gesamtstrafe mit den Feststellungen aufgehoben.

2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die übrigen Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Jugendschutzkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

3. Die weiter gehende Revision wird verworfen.

Gründe:

Das Landgericht hat den Angeklagten - unter Freisprechung im übrigen - wegen sexuellen Mißbrauchs eines Jugendlichen in 80 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt. Gegen dieses Urteil wendet sich der Angeklagte mit seiner Revision, mit der er die Verletzung formellen und materiellen Rechts rügt. Das Rechtsmittel hat den aus der Beschlußformel ersichtlichen Teilerfolg; im übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

1. Die Rügen, mit denen die Revision geltend macht, das Verfahren sei einzustellen, weil die angeklagten und abgeurteilten Taten nicht zureichend konkretisiert seien, sind unbegründet. Insoweit nimmt der Senat auf die zutreffenden Ausführungen des Generalbundesanwalts in seiner Antragsschrift vom 17. Dezember 2004 Bezug.

2. Das Verfahren muß jedoch eingestellt werden, soweit der Angeklagte wegen sexuellen Mißbrauchs eines Jugendlichen in mehr als 50 Fällen verurteilt worden ist, weil es insoweit an der Verfahrensvoraussetzung einer zugelassenen Anklage fehlt.

In der unverändert zur Hauptverhandlung zugelassenen Anklage vom 29. Januar 2004 wird dem Angeklagten zur Last gelegt, in der Zeit von Sommer 1999 bis zum 10. Juli 2002 in 150 Fällen den am 11. Juli 1986 geborenen Philipp B. gegen Entgelt sexuell mißbraucht zu haben. Die Anklage geht davon aus, daß der Angeklagte in dem genannten Tatzeitraum von drei Jahren wöchentlich eine und pro Jahr 50 Mißbrauchshandlungen vorgenommen hat. Soweit darüber hinaus weitere Taten in Betracht kommen, wurde das Verfahren gemäß § 154 Abs. 1 StPO eingestellt (Bl. 146 d.A.). Die Höchstzahl der pro Jahr angeklagten Mißbrauchshandlungen war daher auf 50 begrenzt (vgl. BGHSt 40, 44, 47; BGHR StPO § 200 Abs. 1 Satz 1 Tat 13; BGH, Beschluß vom 9. Februar 2000 - 5 StR 645/99).

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen im Zeitraum etwa eines Jahres (von Ende Juli 2001 bis zum 10. Juli 2002 = 50 Wochen) "meist mehrmals die Woche" (UA 5, 6) begangener, insgesamt 80 Mißbrauchshandlungen verurteilt; im übrigen hat es ihn freigesprochen. Da Nachtragsanklage nicht erhoben wurde, waren 30 der abgeurteilten Fälle nicht angeklagt. Das Verfahren muß daher insoweit eingestellt werden (vgl. BGH NStZ 1996, 294). Dies hat die Änderung des Schuldspruchs dahingehend zur Folge, daß der Angeklagte des sexuellen Mißbrauchs eines Jugendlichen in 50 Fällen schuldig ist.

3. Nach den auf dem Geständnis des Angeklagten beruhenden Feststellungen waren (mindestens) 40 der abgeurteilten Fälle solche des Oralverkehrs, für die die Strafkammer Einzelstrafen von jeweils zehn Monaten Freiheitsstrafe festgesetzt hat. Für die übrigen (jetzt noch zehn) Fälle wurden Freiheitsstrafen von jeweils sechs Monaten verhängt. Diese rechtsfehlerfrei festgesetzten Einzelstrafen können bestehen bleiben. Der Senat hebt jedoch die Gesamtfreiheitsstrafe auf, weil nicht ausgeschlossen werden kann, daß diese milder ausgefallen wäre, wenn der Angeklagte (nur) wegen 50 Mißbrauchsfällen verurteilt worden wäre.

Ende der Entscheidung

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