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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 02.02.1999
Aktenzeichen: 4 StR 671/98
Rechtsgebiete: StGB, StPO


Vorschriften:

StGB § 21
StPO § 251 Abs. 2
StPO § 344 Abs. 2 Satz 2
StPO § 349 Abs. 2 und 4
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS

4 StR 671/98

vom

2. Februar 1999

in der Strafsache

gegen

wegen Vergewaltigung

Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführers am 2. Februar 1999 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Essen vom 26. Juni 1998 im Strafausspruch mit den Feststellungen aufgehoben.

2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

3. Die weiter gehende Revision wird verworfen.

Gründe:

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Vergewaltigung zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt. Mit seiner hiergegen gerichteten Revision rügt der Angeklagte die Verletzung formellen und materiellen Rechts.

Das Rechtsmittel hat mit der Sachrüge zum Strafausspruch Erfolg; im übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

1. Die Erwägungen, mit denen das Landgericht eine erhebliche Verminderung der Schuldfähigkeit (§ 21 StGB) des Angeklagten ausgeschlossen hat, halten rechtlicher Nachprüfung nicht stand.

Nach den Feststellungen trank der Angeklagte in der Nacht vor der Tat "ca. zehn Flaschen Einbecker-Urbock-Bier à 0,33 Liter Inhalt" mit einem Alkoholanteil von 6,5 vol. % sowie "ein oder zwei Gläser Pernod-Cola und ein Glas Whisky-Cola" (UA 5). Zur Blutalkoholkonzentration des Angeklagten hat das Landgericht lediglich folgendes ausgeführt:

"Der Sachverständige hat zunächst nachvollziehbar dargelegt, daß der vom Angeklagten genossene Alkohol insgesamt zu einer Blutalkoholkonzentration (BAK) von 2,6 Promille führt.

Unter Berücksichtigung des zu Gunsten des Angeklagten angenommenen niedrigsten Resorptionswertes von 10 % und des weiter zu Gunsten des Angeklagten angenommenen jeweils niedrigsten Abbauwertes gelangt der Sachverständige bei dem vier bis fünf Stunden andauernden Trinkereignis zu einer BAK von maximal 1,6 Promille" (UA 12).

Dies genügt nicht den Anforderungen an eine fehlerfreie Darlegung der Blutalkoholkonzentration in den Urteilsgründen. Will sich das Gericht dem Ergebnis eines hierzu eingeholten Sachverständigengutachtens ohne Angabe eigener Erwägungen anschließen, müssen in den Urteilsgründen zumindest die wesentlichen Anknüpfungstatsachen und Darlegungen des Sachverständigen wiedergegeben werden (BGHSt 12, 311, 314; 34, 29, 31; Kleinknecht/Meyer-Goßner StPO 43. Aufl. § 267 Rdn. 13). Bei Blutalkoholgutachten sind demgemäß die Berechnungsgrundlagen so wiederzugeben, daß das Revisionsgericht überprüfen kann, ob der Tatrichter von einem zutreffenden maximalen Blutalkoholwert ausgegangen ist (BGHR StGB § 20 Blutalkoholkonzentration 11, 12; BGH NStZ 1986, 114 und 311). Erforderlich waren deshalb neben der genauen Bezeichnung der zugrundegelegten Trinkmengen auch die Angabe der übrigen für die Berechnung der Blutalkoholkonzentration maßgeblichen Daten, insbesondere die Angabe der insgesamt konsumierten Alkoholmenge in Gramm und des Körpergewichts des Angeklagten. Die Ausführungen zur Rückrechnung begründen zudem die Besorgnis, daß das Landgericht nicht - wie im Rahmen der Beurteilung der Schuldfähigkeit geboten - von einem stündlichen Abbauwert von 0,1 %o ausgegangen ist ( vgl. BGHSt 34, 29, 32), sondern einen solchen von 0,2 %o zugrundegelegt hat.

2. Der aufgezeigte Mangel berührt lediglich den Strafausspruch. Nach Sachlage ist eine Schuldunfähigkeit des Angeklagten auszuschließen.

Im Hinblick auf die - nicht den Anforderungen des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO genügende - Rüge eines Verstoßes "im Zusammenhang mit durchgeführten Urkundsbeweis" weist der Senat für die neue Verhandlung darauf hin, daß das bloße Berufen eines Zeugen auf den Inhalt einer früheren polizeilichen Vernehmung (vgl. S. 10 oben der Urteilsgründe) nicht zulässig ist, sondern der Zeuge entweder durch den erkennenden Richter zu vernehmen oder die frühere Aussage bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 251 Abs. 2 StPO zu verlesen ist.



Ende der Entscheidung

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