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Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 19.01.1999
Aktenzeichen: 4 StR 693/98
Rechtsgebiete: StPO, StGB
Vorschriften:
StPO § 273 Abs. 3 | |
StPO § 302 Abs. 1 Satz 1 | |
StPO § 345 Abs. 2 | |
StPO § 349 Abs. 1 | |
StGB § 20 |
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS
vom
19. Januar 1999
in der Strafsache
gegen
wegen versuchten Totschlags
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 19. Januar 1999 gemäß § 349 Abs. 1 StPO beschlossen:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Münster vom 1. Oktober 1998 wird als unzulässig verworfen.
Der Angeklagte hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten vom Anklagevorwurf des versuchten Totschlags freigesprochen und seine Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet. Hiergegen hat der Angeklagte Revision eingelegt.
Die Revision ist unzulässig, weil der Angeklagte nach der Urteilsverkündung wirksam auf Rechtsmittel verzichtet hat (§ 302 Abs. 1 Satz 1 StPO). Wie sich aus dem Hauptverhandlungsprotokoll ergibt, haben sowohl der Angeklagte als auch sein Verteidiger nach Rechtsmittelbelehrung erklärt, auf die Einlegung von Rechtsmitteln zu verzichten. Diese Erklärungen wurden gemäß § 273 Abs. 3 StPO vorgelesen und genehmigt.
Der Verzicht auf Rechtsmittel setzt allerdings die Verhandlungsfähigkeit des Erklärenden voraus. Ob er verhandlungsfähig war, ist vom Revisionsgericht in Freibeweisverfahren zu klären (BGHR StPO § 302 Abs. 1 Satz 1 Rechtsmittelverzicht 16). Die Verhandlungsfähigkeit ist hier zu bejahen:
Es sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, daß dem Angeklagten im Hinblick auf seinen geistigen Zustand die genügende Einsichtsfähigkeit für seine Prozeßhandlung und deren Tragweite gefehlt hätte. Zwar hat das Tatgericht bei dem Angeklagten eine Psychose, also eine krankhafte seelische Störung, festgestellt, die verbunden mit einer erheblichen Alkoholisierung das Steuerungsvermögen des Angeklagten zur Tatzeit auf jeden Fall gemindert, möglicherweise sogar gemäß § 20 StGB ausgeschlossen hat. Dadurch wird jedoch die nach anderen Grundsätzen zu beurteilende prozessuale Fähigkeit, sich sachgerecht zu verteidigen und Verfahrenshandlungen in ihrer Wirkung und Bedeutung zu erfassen, nicht in Frage gestellt. Weder aus den Urteilsgründen noch aus dem Protokoll der Hauptverhandlung ergibt sich irgendein Hinweis darauf, daß Bedenken an der Verhandlungsfähigkeit des Angeklagten bestanden haben. Er hat aktiv an der Verhandlung mitgewirkt, indem er ausführliche Angaben zu seinen persönlichen Verhältnissen und zur Sache gemacht und sich in seinem letzten Wort verständig zu den Anträgen der Staatsanwaltschaft geäußert hat. Wenn während der Verhandlung, die zudem überwiegend in Anwesenheit eines psychiatrischen Sachverständigen stattgefunden hat, das Landgericht keine Zweifel an der Verhandlungsfähigkeit des Angeklagten hatte und solche auch von dem Verteidiger nicht geäußert wurden, so kann die Verhandlungsfähigkeit grundsätzlich auch vom Revisionsgericht bejaht werden (BGHR StPO § 302 Abs. 1 Satz 1 Rechtsmittelverzicht 16; Beschluß vom 1. Oktober 1998 - 4 StR 470/98).
Der nach alledem wirksame Verzicht auf Rechtsmittel kann nicht widerrufen, wegen Irrtums angefochten oder sonst zurückgenommen werden (BGH NStZ 1984, 181; Beschluß vom 4. Juni 1996 - 4 StR 250/96). Er hat somit die Unzulässigkeit der Revision zur Folge.
Im übrigen ist die von dem Angeklagten eingelegte Revision auch deshalb unzulässig, weil sie entgegen § 345 Abs. 2 StPO weder in einer von dem Verteidiger oder einem Rechtsanwalt unterzeichneten Schrift noch zu Protokoll der Geschäftsstelle begründet worden ist.
Ende der Entscheidung
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