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Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 24.07.2008
Aktenzeichen: 4 StR 84/08
Rechtsgebiete: StPO
Vorschriften:
StPO § 218 Satz 1 | |
StPO § 349 Abs. 4 |
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS
vom 24. Juli 2008
in der Strafsache
gegen
wegen schweren Raubes u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführers am 24. Juli 2008 gemäß § 349 Abs. 4 StPO beschlossen:
Tenor:
I. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Bielefeld vom 22. November 2007 in den Aussprüchen über die wegen schweren Raubes verhängte Einzelfreiheitsstrafe und die Gesamtfreiheitsstrafe mit den Feststellungen aufgehoben.
II. Insoweit wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Gründe:
1. Das Landgericht hatte den Angeklagten mit Urteil vom 14. Dezember 2006 wegen schweren Raubes und Verabredung zum schweren Raub zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von acht Jahren verurteilt. Auf die Revision des Angeklagten hob der Senat mit Beschluss vom 6. September 2007 - 4 StR 227/07 - das Urteil in den Aussprüchen über die gegen den Angeklagten wegen schweren Raubes verhängte Einzelstrafe (Freiheitsstrafe von sieben Jahren) und die Gesamtstrafe auf und verwies die Sache insoweit an das Landgericht zurück. Dieses hat nunmehr den Angeklagten zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Jahren und sechs Monaten verurteilt. Hiergegen wendet sich der Angeklagte mit seiner Revision, mit der er das Verfahren beanstandet und die Verletzung sachlichen Rechts rügt. Das Rechtsmittel hat mit einer Verfahrensrüge Erfolg.
2. Die Revision beanstandet zu Recht, dass der Verteidiger des Angeklagten, Rechtsanwalt R., entgegen § 218 Satz 1 StPO nicht zur Hauptverhandlung geladen worden ist (vgl. BGHSt 36, 259).
a) Mit Schriftsatz vom 30. Mai 2007, beim Landgericht eingegangen am 1. Juni 2007, teilte Rechtsanwalt R. unter Vorlage einer Vollmacht mit, der Angeklagte habe ihn mit seiner Verteidigung beauftragt, und bat um Akteneinsicht. Ihm wurde darauf hin vom Gericht eine Abschrift des Urteils vom 14. Dezember 2006 zugesandt und mitgeteilt, dass sich die Akten in der Revisionsinstanz befinden. Im Weiteren erhielt Rechtsanwalt R. weder Akteneinsicht noch eine Ladung zur Hauptverhandlung, die am 22. November 2007 stattfand. Der Angeklagte wurde in der Hauptverhandlung von dem bestellten Verteidiger Rechtsanwalt F. verteidigt.
b) Nach § 218 Satz 1 StPO ist der gewählte Verteidiger zur Hauptverhandlung zu laden, wenn die Wahl dem Gericht angezeigt worden ist. Hat der Angeklagte mehrere Verteidiger, muss - sofern es sich nicht um mehrere Anwälte einer Sozietät handelt - jeder von ihnen geladen werden (BGHSt 36, 259, 260). Danach hätte Rechtsanwalt R. zum Hauptverhandlungstermin vom 22. November 2007 geladen werden müssen.
c) Das Fehlen einer förmlichen Ladung könnte unschädlich sein, wenn der Verteidiger auf andere Weise rechtzeitig vom Termin zuverlässig Kenntnis erlangt hätte (BGH aaO S. 261 m.w.N.). Auf Anfrage des Senats hat Rechtsanwalt R. jedoch mitgeteilt, dass dies nicht der Fall gewesen sei.
d) Der Angeklagte hat auch nicht in der Hauptverhandlung auf die Verteidigung durch Rechtsanwalt R. verzichtet. Weder in der rügelosen Einlassung noch im Unterlassen eines Aussetzungsantrags (vgl. §§ 218 Satz 2, 217 Abs. 2 StPO) kann hier ein wirksamer Verzicht des Angeklagten gesehen werden. Ein solcher Verzicht setzt die Kenntnis des Angeklagten voraus, dass sein Verteidiger nicht geladen wurde und dass er deshalb die Aussetzung beantragen kann (BGH aaO). Allein aus dem Umstand, dass in der Ladung des Angeklagten nur die Ladung des bestellten Verteidigers vermerkt war, kann nicht bereits geschlossen werden, dass ihm positiv bekannt war, sein gewählter Verteidiger sei weder zu dem Termin geladen noch auf andere Weise über dessen Stattfinden informiert worden. Im Übrigen besteht kein Anhaltspunkt dafür, dass der von der Vorsitzenden der Strafkammer nicht belehrte Angeklagte sein Recht kannte, die Aussetzung der Verhandlung zu verlangen. Aus den genannten Gründen kann daher auch von einer Verwirkung des Rügerechts nicht die Rede sein.
3. Der Verfahrensfehler führt zur Aufhebung des Urteils in den Aussprüchen über die wegen schweren Raubes verhängte Einzelfreiheitsstrafe und die Gesamtfreiheitsstrafe, da nicht mit der erforderlichen Sicherheit ausgeschlossen werden kann, dass die Hauptverhandlung in Anwesenheit von Rechtsanwalt R. zu einem für den Angeklagten günstigeren Ergebnis geführt hätte.
Ende der Entscheidung
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