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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 01.04.2008
Aktenzeichen: 5 StR 140/08
Rechtsgebiete: StPO, StGB


Vorschriften:

StPO § 349 Abs. 2
StPO § 349 Abs. 4
StGB § 64
StGB § 64 Satz 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS

5 StR 140/08

vom 1. April 2008

in der Strafsache

gegen

wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u. a.

Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 1. April 2008

beschlossen:

Tenor:

Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Berlin vom 6. Dezember 2007 gemäß § 349 Abs. 4 StPO im Rechtsfolgenausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.

Die weitergehende Revision wird nach § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in 45 Fällen, davon in einem Fall unter Mitsichführens eines verletzungsgeeigneten und -bestimmten Gegenstandes zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt. Hiergegen wendet sich der Angeklagte mit seiner auf die Sachrüge gestützten Revision; sein Rechtsmittel hat in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg und ist im Übrigen gemäß § 349 Abs. 2 StPO unbegründet.

Das Landgericht hat rechtsfehlerhaft nicht geprüft, ob eine Maßregel nach § 64 StGB anzuordnen war. Nach den Feststellungen drängte sich eine solche Prüfung aber auf. Der Generalbundesanwalt hat hierzu ausgeführt:

"Hat ein Täter den Hang, berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen, und wird er wegen einer auf den Hang zurückzuführenden rechtswidrigen Tat verurteilt, so soll nach § 64 Satz 1 StGB das Gericht eine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt anordnen, wenn die Gefahr besteht, dass er auch in Zukunft infolge seines Hangs erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird. Ob von einer Anordnung der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt zu Recht abgesehen worden ist, kann vom Revisionsgericht auf die Sachrüge hin überprüft werden, auch wenn ( wie hier ( nur der Angeklagte Revision eingelegt und die Nichtanwendung des § 64 StGB nicht vom Revisionsangriff ausgenommen hat (vgl. BGHSt 37, 5; BGHR StGB § 64 Ablehnung 5). Anlass hierfür besteht allerdings nur dann, wenn es nach den Urteilsfeststellungen nahe liegt, dass die Voraussetzungen für eine Unterbringungsanordnung gegeben sind (vgl. BGHR StGB § 64 Ablehnung 10). Dies ist hier der Fall. Der Angeklagte ist drogenabhängig (UA S. 8). Zur Finanzierung seines Heroinbedarfs beschloss er, eine zusätzliche Einnahmequelle durch den verfahrensgegenständlichen Verkauf von Betäubungsmitteln zu erschließen (UA S. 4). Die durch den Verkauf der Betäubungsmittel für den eigenen Bedarf erlangten vier Konsumeinheiten Heroin nahm der Angeklagte jeweils über den Tag verteilt ein (UA S. 4). Diese festgestellten Umstände legen einen Hang im Sinne von § 64 StGB nahe.

Der Teilaufhebung steht nicht entgegen, dass § 64 StGB durch das Gesetz zur Sicherung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus und in einer Entziehungsanstalt vom 16. Juli 2007 (BGBl. I, S. 1327) von einer Muss- in eine Sollvorschrift umgestaltet worden ist. Dies macht die Prüfung des § 64 StGB durch den Tatrichter nicht entbehrlich. Dieser muss vielmehr das Ermessen tatsächlich ausüben und die Ermessensentscheidung für das Revisionsgericht nachprüfbar machen (vgl. BGH, Beschluss vom 13. November 2007 ( 3 StR 452/07 ().

Die Frage der Anordnung der Maßregel der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt nach § 64 StGB bedarf mithin unter Hinzuziehung eines Sachverständigen (§ 246 a StPO) der Prüfung und Entscheidung durch ein neues Tatgericht."

Dem schließt sich der Senat an.

Damit der neue Tatrichter mit Hilfe des hinzuzuziehenden Sachverständigen den Zustand des Angeklagten und die Frage seiner Schuldfähigkeit umfassend würdigen kann - § 20 StGB liegt ersichtlich nicht vor -, hebt der Senat den gesamten Rechtsfolgenausspruch auf (vgl. BGH, Beschluss vom 24. Januar 2008 - 5 StR 621/07).

Ende der Entscheidung

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