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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 30.06.2005
Aktenzeichen: 5 StR 156/05
Rechtsgebiete: StPO, StPO


Vorschriften:

StPO § 349 Abs. 4
StPO § 184 Abs. 1 Nr. 6
StPO § 184 Abs. 1 Nr. 8
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS

5 StR 156/05

vom 30. Juni 2005

in der Strafsache

gegen

wegen Verbreitung pornographischer Schriften

Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 30. Juni 2005 beschlossen:

Tenor:

Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Zwickau vom 23. November 2004 gemäß § 349 Abs. 4 StPO aufgehoben, soweit der Angeklagte wegen Verbreitung pornographischer Schriften verurteilt worden ist.

Die Sache wird insoweit zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen (Vorbereitens der) Verbreitung pornographischer Schriften nach § 184 Abs. 1 Nrn. 6 und 8 StGB zu einer zur Bewährung ausgesetzten Freiheitsstrafe verurteilt und von weiteren Tatvorwürfen freigesprochen. Die Revision des Angeklagten hat mit der Sachrüge Erfolg.

Nach den Feststellungen hat der Angeklagte von einem 16 Jahre alten Mädchen pornographische Fotos und Filmaufnahmen hergestellt, um sie "sofort zu vermarkten" und "beliebigen anderen Personen unaufgefordert zum Kauf anzubieten" (UA S. 11). Der Angeklagte hat das objektive Geschehen eingeräumt, jedoch bestritten, in der Absicht gehandelt zu haben, das Material anderen gegen Entgelt anzubieten.

Diese Feststellungen vermögen den Schuldspruch nicht zu tragen.

Nach § 184 Abs. 1 Nr. 8 StGB macht sich strafbar, wer pornographische Schriften unter anderem herstellt, um sie im Sinne der Nr. 6 zu verwenden.

Objektive Voraussetzung der Strafbarkeit ist demnach, daß der Täter bei der Herstellung pornographischer Schriften in der Absicht handelt, die Schriften an einen anderen gelangen zu lassen, ohne von diesem hierzu aufgefordert worden zu sein. Das Merkmal des Gelangenlassens bedeutet, daß die Schrift derart in den Verfügungsbereich eines anderen gelangt, daß dieser Kenntnis von dem Inhalt der Schrift nehmen kann (vgl. Laufhütte in LK 11. Aufl. § 184 Rdn. 37 Lenckner/Perron in Schönke/Schröder, StGB 26. Aufl. § 184 Rdn. 36; Tröndle/Fischer, StGB 52. Aufl. § 184 Rdn. 17). Danach ist der Tatbestand regelmäßig erst erfüllt, wenn jemand an dem Material Gewahrsam erlangt hat. Mit dem weiteren Merkmal einer fehlenden Aufforderung des Empfängers soll der Einzelne davor geschützt werden, daß er ungewollt mit pornographischen Erzeugnissen konfrontiert wird (vgl. Horn/Wolters in SK-StGB 8. Aufl. [Stand: Oktober 2004] § 184 Rdn. 56), insbesondere durch unverlangtes Zusenden.

Diesen rechtlichen Ausgangspunkt hat das Landgericht möglicherweise verkannt. Das Material kann auch in der Weise "vermarktet" oder "zum Kauf angeboten" werden, daß es zunächst mündlich oder schriftlich angeboten und erst nach entsprechender Aufforderung übersandt oder sonst zugänglich gemacht wird. Dann würde wegen Fehlens des Merkmals "ohne ... aufgefordert worden zu sein" eine Strafbarkeit entfallen. Jedenfalls verhält sich die Beweiswürdigung nicht zu einer solchen Sachverhaltsgestaltung und erweist sich damit als lückenhaft. Zutreffend hat der Generalbundesanwalt hierzu ausgeführt: "Daß die Kaufofferten nach der Vorstellung des Angeklagten ohne vorherige Aufforderung potentieller Abnehmer - etwa durch unverlangtes Zusenden oder Werben durch Vorzeigen - erfolgen sollten (UA S. 11), ist durch bewiesene Indiztatsachen jedoch nicht belegt. Da sich ein derartiger Geschehensverlauf auch unter Berücksichtigung der damaligen Erwerbstätigkeit des Angeklagten (UA S. 3) nicht von selbst versteht und eine Gesamtschau der Urteilsgründe keine weiterführenden aussagekräftigen tatsächlichen Anhaltspunkte für das dem Angeklagten zugeschriebene Vorgehen vermittelt, erweisen sich die Feststellungen des Landgerichts zur Verwendungsabsicht i. S. von § 184 Abs. 1 Nrn. 6 und 8 StGB letztlich nur als verdachtsbegründende Vermutung und nicht als Ergebnis einer tatsachengestützten richterlichen Überzeugungsbildung."

Die Sache bedarf demnach neuer Aufklärung und Bewertung.

Ende der Entscheidung

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