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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 20.07.2004
Aktenzeichen: 5 StR 193/04
Rechtsgebiete: StPO, StGB


Vorschriften:

StPO § 349 Abs. 4
StPO § 349 Abs. 2
StGB § 21
StGB § 63
StGB § 66
StGB § 72 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS

5 StR 193/04

vom 20. Juli 2004

in der Strafsache

gegen

wegen versuchter schwerer Brandstiftung u. a.

Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 20. Juli 2004 beschlossen:

Tenor:

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Neuruppin vom 29. Dezember 2003 nach § 349 Abs. 4 StPO

a) im Schuldspruch dahin geändert, daß die tateinheitliche Verurteilung wegen versuchter Brandstiftung im Fall 1 entfällt, so daß der Angeklagte der versuchten schweren Brandstiftung, der Brandstiftung und der versuchten Brandstiftung schuldig ist,

b) im Rechtsfolgenausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.

2. Die weitergehende Revision wird nach § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen.

3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:

Das Landgericht hat den Angeklagten "wegen versuchter Brandstiftung in zwei Fällen, in einem Fall tateinheitlich mit versuchter schwerer Brandstiftung und wegen Brandstiftung" zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt und die Unterbringung des Angeklagten in der Sicherungsverwahrung angeordnet. Die Revision des Angeklagten führt aufgrund der Sachrüge zu einer Änderung des Schuldspruchs und zur Aufhebung des gesamten Rechtsfolgenausspruchs. Im übrigen ist das Rechtsmittel unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

1. Der Schuldspruch ist aus den Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts zu ändern.

2. Der Rechtsfolgenausspruch hält sachlichrechtlicher Prüfung nicht stand.

Das Landgericht hat, dem psychiatrischen Sachverständigen folgend, den Angeklagten für uneingeschränkt schuldfähig erachtet. Es hat eine leichte Debilität an der Grenze zur intellektuellen Minderbegabung festgestellt und befunden, daß die vom Angeklagten gezeigten Verhaltensauffälligkeiten nicht auf eine psychische Störung, eine Fehlentwicklung oder Persönlichkeitsstörung im klinisch-psychiatrischen Sinne zurückzuführen, sondern vor dem Hintergrund einer sozialen Fehlentwicklung und unter Berücksichtigung der Beeinträchtigung der intellektuellen Leistungsfähigkeit zu sehen seien. Es liege zwar ein schädlicher Gebrauch, aber keine Abhängigkeit von Alkohol vor. Die leichte Intelligenzminderung, die soziale Fehlentwicklung, der schädliche Gebrauch von Alkohol und eine emotionale Erregbarkeit könnten auch nicht in Richtung von psychopathologischen Voraussetzungen addiert werden. Gegen das Vorliegen einer erheblichen Verminderung der Steuerungsfähigkeit zur Zeit der unmittelbar nacheinander begangenen Taten sprächen - trotz einer maximalen Blutalkoholkonzentration von 2,24 Promille - insbesondere die bei der Blutentnahme ärztlich festgestellten psychodiagnostischen Kriterien.

Trotz der umfangreichen Abhandlung aller dieser Gesichtspunkte im angefochtenen Urteil vermißt der Senat die Erörterung der Frage, welche Bedeutung der Deliktstypus der Brandstiftung und das jeweilige Tatmotiv für eine etwaige Verminderung der Schuldfähigkeit des Angeklagten haben. Vor den hier abgeurteilten Taten hat der Angeklagte schon zweimal eine schwere Brandstiftung begangen. Weitere abgeurteilte Taten wegen Mißbrauchs von Notrufen mit Bezug zu angeblichen Bränden und früher festgestellte, aber nicht ausgeurteilte Brandlegungen kommen hinzu. In einem Fall blieb der Angeklagte zusammen mit einem dreijährigen Mädchen "seelenruhig" neben dem von ihm in Brand gesetzten Wohnzimmertisch sitzen. Dies alles indiziert eine Affinität des Angeklagten zum Feuer, deren etwaige Bedeutung für die Frage verminderter Schuldfähigkeit des Angeklagten der Erörterung bedurfte.

Der Senat kann ausschließen, daß der Angeklagte bei Begehung der hier abgeurteilten Taten etwa schuldunfähig gewesen wäre, muß jedoch den gesamten Rechtsfolgenausspruch aufheben.

3. Der neue Tatrichter wird zunächst zu entscheiden haben, ob der Angeklagte bei den drei Taten unter den Voraussetzungen des § 21 StGB gehandelt hat, und die Strafen neu zu bemessen haben.

Zu der weiteren Entscheidung über die Anordnung einer Maßregel weist der Senat auf folgendes hin: Sollten die Merkmale des § 21 StGB sicher festgestellt werden, kommt die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus nach § 63 StGB in Betracht. Dabei wird allerdings zu beachten sein, daß eine etwa festgestellte Alkoholsucht nur unter besonders engen Voraussetzungen zur Anordnung dieser Maßregel führen kann (BGHSt 44, 338 m.w.N.). Falls neben den gegebenen Bedingungen einer Unterbringung in der Sicherungsverwahrung nach § 66 StGB auch die Voraussetzungen der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus nach § 63 StGB für gegeben erachtet werden, gebührt gemäß § 72 Abs. 1 StGB der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus regelmäßig der Vorzug (BGHR StGB § 72 Sicherungszweck 1 und 6).

Ende der Entscheidung

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