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Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 18.12.2007
Aktenzeichen: 5 StR 201/07
Rechtsgebiete: StPO
Vorschriften:
StPO § 349 Abs. 2 | |
StPO § 349 Abs. 4 |
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS
vom 18. Dezember 2007
in der Strafsache
gegen
1. 2. 3. wegen gefährlicher Körperverletzung
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 18. Dezember 2007
beschlossen:
Tenor:
Auf die Revision des Angeklagten B. wird das Urteil des Landgerichts Potsdam vom 20. November 2006 gemäß § 349 Abs. 4 StPO mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben, soweit es diesen Angeklagten betrifft.
Die Revisionen der Angeklagten L. und S. werden nach § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen; diese Beschwerdeführer tragen die Kosten ihrer Rechtsmittel und die dadurch dem Nebenkläger entstandenen notwendigen Auslagen.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels des Angeklagten B. , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Gründe:
Das Landgericht hat die Angeklagten wegen gefährlicher Körperverletzung verurteilt. Die Revision des Angeklagten B. , gegen den das Landgericht eine - zur Bewährung ausgesetzte - Jugendstrafe von sechs Monaten verhängt hat, ist mit der Sachrüge erfolgreich. Die Revisionen der Angeklagten L. und S. sind aus den Gründen der Antragschrift des Generalbundesanwalts unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
1. Die Beanstandungen des Angeklagten B. hinsichtlich der Beweiswürdigung des Landgerichts haben mit der Sachrüge Erfolg.
a) Nach den Feststellungen des Landgerichts überfielen die Angeklagten, die der "linken Szene" angehörten, am 18. Juni 2005 in Potsdam den 17-jährigen O. , der den Angeklagten als "gewaltbereiter Rechter" bekannt war. Der Angeklagte B. schlug mit einem Teleskopschlagstock auf den Geschädigten ein, während die anderen Angeklagten mit Füßen auf den dann zwischenzeitlich zu Boden gegangenen Geschädigten eintraten.
b) Der Mitangeklagte L. , der selbst unter dem Verdacht stand, die Schläge mit dem Teleskopschlagstock ausgeführt zu haben, wurde noch am Tattag festgenommen und befand sich unter dem Verdacht des versuchten Mordes in Untersuchungshaft. Im Rahmen einer Haftprüfung sieben Tage nach seiner Inhaftierung bestritt der Mitangeklagte L. seine Tatbeteiligung und bezeichnete einen gewissen "W. " als diejenige Person, die mit dem Teleskopschlagstock zugeschlagen habe. Kurze Zeit später identifizierte er anhand einer Lichtbildkartei den Angeklagten B. als "W. ". In der Hauptverhandlung gab der Mitangeklagte L. eine schriftlich vorbereitete Erklärung ab, in der er ausführt, weder er noch die Mitangeklagten S. und D. sowie die anderweitig verfolgte K. hätten mit dem Geschehen etwas zutun gehabt. Er habe lediglich einen Schlag mit dem Teleskopschlagstock gesehen. Das Landgericht stützt seine Überzeugung von der Täterschaft des Angeklagten B. im Wesentlichen auf die Angaben des Mitangeklagten L. , die dieser im Ermittlungsverfahren gemacht hat.
2. Diese Beweiswürdigung hält rechtlicher Überprüfung nicht stand. Zwar ist die Beweiswürdigung grundsätzlich Sache des Tatrichters. Das Revisionsgericht darf nur eingreifen, wenn die Würdigung des Tatrichters lückenhaft ist. Ein solcher Rechtsfehler liegt hier indes vor. Das Landgericht erörtert nicht umfassend die sich aus dem Urteil ergebenden Umstände, die gegen die Richtigkeit der Angaben des Mitangeklagten L. sprechen (vgl. BGHSt 29, 18, 20).
a) Soweit der Angeklagte L. jedwede Beteiligung an der Tat abstreitet, folgt das Landgericht seinen Angaben nicht. Insofern stützt sich das Landgericht rechtsfehlerfrei auf die Schilderungen neutraler Tatzeugen, die übereinstimmend angegeben haben, dass diejenigen Personen, die weggelaufen sind, auch diejenigen waren, die auf O. eingetreten und eingeschlagen haben. Zu diesen Personen gehörte der Mitangeklagte L. , der auf der Flucht durch den Zeugen M. gestellt werden konnte. Das Landgericht hätte deshalb darlegen müssen, welche Umstände dafür sprechen, dass der Mitangeklagte L. gerade in dem Punkt, in dem er den Angeklagten B. belastete und sich entlastete, wahrheitsgemäß ausgesagt hat. Es hätte in diesem Zusammenhang auch die naheliegende Möglichkeit erörtern müssen, ob der zu diesem Zeitpunkt unter Verdacht des versuchten Mordes inhaftierte L. einen Dritten fälschlich belastet hat, um die Aufhebung des gegen sich bestehenden Haftbefehls herbeizuführen (vgl. BGH StV 2000, 243, 244).
b) Weiterhin hat das Landgericht sich auch nicht erkennbar mit den Aussagen der weiteren (unbeteiligten) Tatzeugen auseinandergesetzt. Aus den Bekundungen des Zeugen M. geht nämlich hervor, dass die weiteren Anwesenden ihm mitgeteilt hätten, der von ihm, M. , gestellte Angeklagte L. sei diejenige Person mit dem Stock gewesen (UA S. 27). Welche Zeugen dies waren und wie sie zu dieser Aussage gegenüber dem Zeugen M. gekommen sind, teilt das Landgericht nicht mit.
Schließlich stützt das Landgericht seine Überzeugung, wonach der Mitangeklagte L. nicht der Täter mit dem Teleskopschlagstock gewesen sein konnte, darauf, dass L. eine hellblaue Jeans getragen hatte. Dagegen gab der Geschädigte O. an, die Hose des Täters mit dem Teleskopschlagstock sei tarnfarben gewesen. Dies stellt zwar an sich einen tragfähigen Gesichtspunkt dar, um den Mitangeklagten L. als den Täter auszuschließen, der den Schlagstock eingesetzt hatte. Das Landgericht hält es andererseits bei der Überführung der Angeklagten indes für unbedenklich, dass sämtlichen Zeugen es nicht aufgefallen war, dass von den ansonsten vermummten und mit schwarzer Oberbekleidung angezogenen Tätern nur der Angeklagte L. eine hellblaue Jeans getragen habe (UA S. 29). In diesem Zusammenhang erklärt nämlich das Landgericht nachvollziehbar und lebensnah den Irrtum der Zeugen damit, dass die hellblaue Jeans unter der hüftlangen schwarzen Jacke nicht realitätsbezogen wahrgenommen worden sei. Jedenfalls im Hinblick auf die Beweiswürdigung zu Lasten des Angeklagten B. hätte deshalb alternativ bedacht werden müssen, dass der Geschädigte O. unter Umständen die Farbe der Hose derjenigen Person, die mit dem Schlagstock auf ihn eingeschlagen hatte, möglicherweise unzutreffend beschrieben hat.
Ende der Entscheidung
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