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Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 16.06.2004
Aktenzeichen: 5 StR 230/04
Rechtsgebiete: StPO, StGB
Vorschriften:
StPO § 349 Abs. 4 | |
StPO § 349 Abs. 2 | |
StGB § 250 Abs. 3 |
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS
vom 16. Juni 2004
in der Strafsache
gegen
wegen schwerer räuberischer Erpressung u. a.
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 16. Juni 2004 beschlossen:
Tenor:
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Berlin vom 29. Januar 2004 nach § 349 Abs. 4 StPO im Strafausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.
Die weitergehende Revision wird nach § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen (besonders) schwerer räuberischer Erpressung (qualifiziert nach § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB) in Tat-einheit mit gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren und drei Monaten verurteilt. Die Revision des Angeklagten ist zum Schuldspruch unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO, führt indes mit der Sachrüge zur Aufhebung des Strafausspruchs.
Der unbestrafte 43jährige Angeklagte, dem die Wohnung wegen Mietschulden gekündigt war und dessen Möglichkeit, seine Habseligkeiten bei einem Bekannten unterzustellen, sich zerschlagen hatte, sah sich drei Tage vor dem Gerichtstermin auf die Räumungsklage seiner Vermieterin in einer ausweglosen Situation. Um von ihr Geld zu erlangen, überfiel er in den frühen Morgenstunden die Vermieterin beim Verlassen des gemeinsam bewohnten Hauses mit einer entladenen Schreckschußpistole, um Geld von ihr zu erlangen. Auf ihre Gegenwehr versetzte er der Frau heftige Schläge mit der Pistole auf den Kopf; er erbeutete schließlich einen Bargeldbetrag von 10 € und eine EC-Karte, mit der er anschließend kein Geld abheben konnte, weil ihm eine falsche PIN-Nummer genannt worden war.
Das Landgericht wertet das Vorgehen des Angeklagten als planvoll. Diese Wertung kann der Senat nicht nachvollziehen. Nach den getroffenen Feststellungen zeichnet sich die Tat vielmehr durch besondere Sinnlosigkeit aus. Gerade ein Überfall auf seine Vermieterin - die im selben Haus wohnte und ihn daher offenbar kannte - konnte kaum als geeignet angesehen werden, dem Angeklagten einen nachhaltigen Ausweg aus seiner bedrängten persönlichen Situation zu eröffnen. Hatte der Angeklagte mit dem Entladen der Waffe noch das Ziel verfolgt, Verletzungen seines Opfers zu vermeiden, handelte er diesem Ziel nach der zu erwartenden Gegenwehr der Geschädigten sofort diametral entgegen, indem er die Frau durch die Schläge mit der Waffe erheblich verletzte. Schließlich erscheint das Durchtrennen des Kabels eines Faxgerätes als objektiv wenig geeignet zur damit erstrebten Fluchterleichterung.
Die Kopflosigkeit der Tat, deren Hintergrund das Landgericht letztlich nicht näher ausgeleuchtet hat, hätte bei der Gesamtwürdigung, ob - ungeachtet der schweren Folgen für die Geschädigte - ein minder schwerer Fall nach § 250 Abs. 3 StGB in Betracht zu ziehen war, mitbedacht werden müssen. Daher hat der Strafausspruch keinen Bestand.
Wenngleich bislang sonst keine objektiven Anhaltspunkte für eine erhebliche Verminderung der Schuldfähigkeit des Angeklagten bestehen - deren Ausschluß kommt nach der Gesamtheit der Feststellungen ersichtlich nicht in Betracht -, kann sich die von der Verteidigung erstrebte psychiatrische Begutachtung des Angeklagten vor der neuen Hauptverhandlung empfehlen.
Ende der Entscheidung
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