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Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 04.03.2008
Aktenzeichen: 5 StR 33/08
Rechtsgebiete: StPO, BtMG, StGB
Vorschriften:
StPO § 349 Abs. 2 | |
StPO § 357 Satz 1 | |
BtMG § 29 Abs. 1 Nr. 1 | |
BtMG § 29a Abs. 1 Nr. 1 | |
StGB § 23 Abs. 2 | |
StGB § 25 Abs. 2 | |
StGB § 49 Abs. 1 |
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS
vom 4. März 2008
in der Strafsache
gegen
wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln u. a.
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 4. März 2008
beschlossen:
Tenor:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Berlin vom 27. August 2007 wird - auch soweit es den Mitverurteilten I. betrifft - mit der Maßgabe (§ 349 Abs. 4 StPO) nach § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen, dass der Angeklagte und der Mitverurteilte, soweit sie wegen in Tateinheit begangener unerlaubter Abgabe von Betäubungsmitteln als Personen über 21 Jahren an eine Person unter 18 Jahren verurteilt worden sind, lediglich des Versuchs schuldig sind.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen (gewerbsmäßigen) unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in Tateinheit mit unerlaubter Abgabe von Betäubungsmitteln als Person über 21 Jahre an eine Person unter 18 Jahren zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und neun Monaten verurteilt. Den nicht revidierenden Mitverurteilten I. hat das Landgericht deswegen und zugleich wegen Widerstandes gegen Vollstreckungsbeamte zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und sieben Monaten verurteilt, deren Vollstreckung es zur Bewährung ausgesetzt hat. Die Revision des Angeklagten führt auf die Sachrüge, auch hinsichtlich des Nichtrevidenten I. , lediglich zu einer Abänderung des Schuldspruchs. Im Übrigen ist das Rechtsmittel unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
1. Nach den Urteilsfeststellungen verfügten der Angeklagte und der Mitverurteilte am 9. Februar 2007 über mindestens 70 Gramm Haschisch und Marihuana, die sie gewinnbringend veräußern wollten, um von dem Erlös einen Teil ihres Lebensunterhaltes zu bestreiten. Das Rauschgift war bereits in Portionen ("Tütchen") von etwa einem Gramm aufgeteilt und verkaufsfertig verpackt. In Ausführung des Tatplans veräußerten der Angeklagte und I. diese Verkaufsmengen zusammen mit dem 18-jährigen Zeugen S. , der für seine Hilfe 20 Euro erhalten sollte, am Neuen Kreuzberger Zentrum in Berlin-Kreuzberg an eine Vielzahl unbekannter Konsumenten. Nachdem die Polizei das Geschehen zunächst 90 Minuten lang beobachtet hatte, nahm sie den Angeklagten, den Mitverurteilten und S. fest. Beim Zugriff der Polizeibeamten hatte der zu diesem Zeitpunkt 16-jährige Zeuge H. , dem man sein jugendliches Alter deutlich ansah, den Geldbetrag für den Erwerb von fünf oder sechs "Tütchen" Haschisch gerade übergeben. Wegen des Eingreifens der Polizei kam es zu einer Übergabe des Rauschgifts an den Zeugen H. nicht mehr. Vielmehr warfen der Angeklagte und der Mitverurteilte das noch in ihren Händen befindliche Haschisch fort.
2. Zutreffend hat das Landgericht das Verhalten des Angeklagten und des Mitverurteilten als gemeinschaftlich begangenes unerlaubtes Handeltreiben mit Betäubungsmitteln gemäß § 29 Abs. 1 Nr. 1 BtMG, § 25 Abs. 2 StGB gewertet. Soweit das Landgericht die Tat jedoch zugleich als in Tateinheit begangene vollendete unerlaubte Abgabe von Betäubungsmitteln als Personen über 21 Jahre an eine Person unter 18 Jahren (§ 29a Abs. 1 Nr. 1 BtMG) gewertet hat, hält der Schuldspruch rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
Die rechtsfehlerfrei getroffenen Urteilsfeststellungen rechtfertigen insoweit lediglich die Verurteilung des Angeklagten wegen Versuchs. Eine vollendete Abgabe von Betäubungsmitteln im Sinne von § 29a Abs. 1 Nr. 1 BtMG liegt erst dann vor, wenn der Empfänger die tatsächliche Verfügungsgewalt über die Betäubungsmittel erlangt hat und der Besitzwechsel damit vollzogen ist (vgl. BGH NStZ-RR 1998, 347; Franke/Wienroeder, BtMG 2. Aufl. 2001 Rdn. 7 zu § 29a; Körner, BtMG 6. Aufl. 2007 Rdn. 14 zu § 29a). So verhielt es sich hier indes nicht. Zwar hatte der Zeuge H. den Kaufpreis bereits an die Verkäufer übergeben. Der polizeiliche Zugriff erfolgte jedoch noch vor der Übergabe des Rauschgifts an den minderjährigen Käufer. Ob sich unter den übrigen Käufern, an die Betäubungsmittel jeweils bereits vor dem Eingreifen der Polizei übergeben worden waren, weitere minderjährige Erwerber befanden, konnte das Landgericht nicht feststellen. Der Senat schließt aus, dass hierzu noch ergänzende Feststellungen getroffen werden könnten. Er stellt daher den Schuldspruch - gemäß § 357 Satz 1 StPO auch bezüglich des Mitverurteilten I. - hinsichtlich des ausgeurteilten Verbrechens gemäß § 29a Abs. 1 Nr. 1 BtMG auf Versuch um. Es ist auszuschließen, dass sich I. und der Angeklagte im Falle eines entsprechenden Hinweises (§ 265 Abs. 1 StPO) wirksamer als geschehen gegen den Tatvorwurf hätten verteidigen können (vgl. BGHSt 2, 250).
3. Der Senat kann angesichts der Strafzumessungserwägungen der Strafkammer ausschließen, dass das Landgericht die wegen dieser Tat verhängten Strafen bei zutreffender rechtlicher Wertung anders als geschehen bemessen hätte. Wegen der großen Nähe des Versuchs zur unmittelbar bevorstehenden Vollendung der Tat liegt es bereits fern, dass das Landgericht hinsichtlich des Verbrechens gemäß § 29a Abs. 1 Nr. 1 BtMG von der Möglichkeit der Strafrahmenverschiebung gemäß § 23 Abs. 2, § 49 Abs. 1 StGB Gebrauch gemacht hätte. Jedenfalls hätte dies hier aber keine Auswirkungen auf den Strafrahmen gehabt, dem die Strafen zu entnehmen waren. Denn der Strafrahmen des § 29a Abs.1 Nr. 1 BtMG deckt sich mit demjenigen des hier vom Landgericht rechtsfehlerfrei als tateinheitlich verwirklicht gewerteten Vergehens des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in einem besonders schweren Fall aufgrund gewerbsmäßiger Begehungsweise (§ 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 3 Sätze 1 und 2 Nr. 1 BtMG). Es ist auch auszuschließen, dass das Landgericht den Umstand des gescheiterten Besitzübergangs hinsichtlich der Betäubungsmittel an den Zeugen H. im Rahmen der Strafzumessung aus dem Blick verloren haben könnte. Es hat insoweit ausdrücklich hervorgehoben, dass der Verkauf an den Minderjährigen "letztendlich" fehlgeschlagen ist, weil er durch den Zugriff der Polizeibeamten unterbunden werden konnte (UA S. 17).
4. Der Umstand, dass die Abänderung des Schuldspruchs auch im Fall des Nichtrevidenten I. keine Auswirkungen auf den Strafausspruch hat, steht der Erstreckung der Revision nach § 357 Satz 1 StPO auf ihn nicht entgegen (vgl. BGH NStZ 1996, 507 f.; 1997, 379).
Ende der Entscheidung
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