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Gericht: Bundesgerichtshof
Urteil verkündet am 23.01.2002
Aktenzeichen: 5 StR 391/01
Rechtsgebiete: StGB
Vorschriften:
StGB § 21 |
BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL
vom 23. Januar 2002
in der Strafsache
gegen
wegen Mordes
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 23. Januar 2002, an der teilgenommen haben:
Vorsitzende Richterin Harms,
für Recht erkannt:
Tenor:
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Berlin vom 12. März 2001 mit den Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
- Von Rechts wegen -
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Mordes zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt. Mit der erhobenen Sachrüge hat die Revision des Angeklagten Erfolg. Die Ausführungen des Landgerichts zur Schuldfähigkeit halten rechtlicher Überprüfung nicht stand.
Der Angeklagte tötete vorsätzlich seine 14jährige Cousine, deren "freizügiges Verhalten" ihn "provozierte", aus einem "Bestrafungs- und Zerstörungsimpuls" mit "Vernichtungswillen". "Er wollte das 'böse Mädchen' sexuell erniedrigen und anschließend 'als Frau' zerstören." Er versetzte ihr 36 Messerstiche in den Bauch- und Brustbereich, wodurch Lunge, Herz, Leber und Darm durchgreifend verletzt wurden. Ferner setzte er zahlreiche Stichverletzungen im Gesäß und im Rücken. Schließlich rammte er einen 54 cm langen Holzstock mit erheblichem Kraftaufwand in die Scheide und 30 cm tief in den Körper. In den After führte er einen Kofferanhänger ein. Hierin hat das Landgericht rechtsfehlerfrei einen grausam und aus niedrigen Beweggründen begangenen Mord gefunden.
Das Landgericht hat nach Anhörung zweier psychiatrischer Sachverständiger uneingeschränkte Schuldfähigkeit des Angeklagten angenommen. Es hat insbesondere das Vorliegen einer Psychose aus dem Formenkreis der Schizophrenie und einen hochgradigen Affekt ausgeschlossen.
Die Urteilsausführungen tragen die Annahme uneingeschränkter Schuldfähigkeit nicht. Unter dem Gesichtspunkt der gebotenen Ganzheitsbetrachtung (vgl. BGHR StGB § 21 Seelische Abartigkeit 4) ist namentlich die Erörterung zu vermissen, ob etwa eine schwere seelische Abartigkeit, die im Urteil (UA S. 25) nur am Rande erwähnt ist, vorliegt. Schon das außergewöhnliche Bild der hiesigen Tat (vgl. dazu auch BGH, Beschl. vom 28. November 2001 - 5 StR 434/01) und zudem die im Jahr 1989 vom Angeklagten in Rußland begangene Tat, die wesentliche Parallelen zur hiesigen Tat aufweist, einschließlich der damals gestellten Diagnosen (UA S. 4) machen eine eingehende Prüfung und Erörterung unter dem Gesichtspunkt des etwaigen Vorliegens eines psychischen Defekts der genannten Art unerläßlich.
Die aufgezeigten Mängel bei der Beurteilung der Frage uneingeschränkter Schuld führen zur Aufhebung des Schuldspruchs mit den Feststellungen. Der neue Tatrichter muß Gelegenheit haben, bei der gebotenen umfassenden neuen Prüfung der strafrechtlichen Verantwortlichkeit des Angeklagten das objektive Geschehen selbst festzustellen. Deshalb hebt der Senat das angefochtene Urteil in vollem Umfang auf.
Sollten in der neuen Hauptverhandlung auch nur die Voraussetzungen des § 21 StGB festgestellt werden, liegt die Anordnung einer Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus (§ 63 StGB) auf der Hand; das Verschlechterungsverbot stünde ihr nicht entgegen (§ 358 Abs. 2 Satz 2 StPO). Für die Annahme des hierfür erforderlichen stabilen und massiven psychischen Defekts des Angeklagten (vgl. hierzu BGH, Urt. vom 4. März 1996 - 5 StR 524/95, insoweit in NStZ 1996, 380 und StV 1997, 127 nicht abgedruckt) liegen trotz bislang nicht erfolgter Feststellung der Voraussetzungen des § 21 StGB angesichts der biographischen Besonderheiten des Angeklagten im Zusammenhang mit der früheren gravierenden Gewalttat und mit bereits früher - u.a. als Reaktion hierauf - veranlaßten stationären Behandlungen in psychiatrischen Kliniken sowie im Blick auf das ungewöhnlich grausame, teilweise bizarre Tatbild und die außergewöhnliche Tatmotivation deutliche Anhaltspunkte vor. Immerhin hat auch einer der bisher gehörten Sachverständigen eine "tief verwurzelte Sexualproblematik" beim Angeklagten diagnostiziert, die während der Tat zum Durchbruch gelangt sei.
Ende der Entscheidung
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