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Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 28.11.2001
Aktenzeichen: 5 StR 434/01
Rechtsgebiete: StGB, StPO
Vorschriften:
StGB § 20 | |
StGB § 21 | |
StPO § 349 Abs. 4 | |
StPO § 349 Abs. 2 | |
StPO § 354 Abs. 2 Satz 1 |
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS
vom 28. November 2001
in der Strafsache
gegen
wegen Mordes
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 28. November 2001 beschlossen:
Tenor:
1. Auf die Revisionen der Angeklagten S und K wird das Urteil des Landgerichts Zwickau vom 20. April 2001 gemäß § 349 Abs. 4 StPO im jeweiligen Rechtsfolgenausspruch mit den zugehörigen Feststellungen hinsichtlich dieser Angeklagten aufgehoben.
2. Die weitergehenden Revisionen werden nach § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen.
3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an das Landgericht Leipzig zurückverwiesen.
Gründe:
Das Landgericht hat die Angeklagten wegen Mordes schuldig gesprochen und gegen den Angeklagten K eine lebenslange Freiheitsstrafe sowie gegen den Angeklagten S eine Jugendstrafe von zehn Jahren verhängt. Die Revisionen der Angeklagten führen jeweils zur Aufhebung des Urteils im Rechtsfolgenausspruch mit den zugehörigen Feststellungen; im übrigen sind sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
1. Hinsichtlich des Angeklagten K vermag der Senat aufgrund des gesamten Tatbildes das Vorliegen einer Schuldunfähigkeit nach § 20 StGB zwar auszuschließen, die Ausführungen des Landgerichts zur Verneinung der verminderten Schuldfähigkeit begegnen jedoch durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
a) Das Landgericht hat von den Vorausssetzungen der §§ 20, 21 StGB allein die Merkmale "Schwachsinn" und "tiefgreifende Bewußtseinsstörung" jeweils unter weitgehender Bezugnahme auf die Ausführungen des Sachverständigen Professor L erörtert und im Ergebnis abgelehnt. Im übrigen hat es eine Beeinträchtigung der Steuerungsfähigkeit bei dem Angeklagten K ohne nähere Begründung ausgeschlossen, weil dem Verhalten des Angeklagten K keine psychische Krankheit zugrundeliege.
b) Die Darlegungen in den Urteilsgründen lassen nicht erkennen, ob das Landgericht das Merkmal einer schweren anderen seelischen Abartigkeit im Sinne des § 20 StGB geprüft hat. Eine solche erfaßt nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes Veränderungen der Persönlichkeit, die keine krankhaften seelischen Störungen darstellen (vgl. BGHR StGB § 21 seelische Abartigkeit 14, 15, 31 m.w.N.). Eine andere seelische Abartigkeit kommt deshalb gerade bei nicht pathologisch bedingten Persönlichkeitsstörungen in Betracht.
c) Ob eine seelische Abartigkeit im Sinne der §§ 20, 21 StGB vorliegt, hat der Tatrichter auf der Grundlage einer Gesamtbetrachtung der Persönlichkeit des Angeklagten und seiner Entwicklung wie auch aus der Tat selbst und dem Nachtatgeschehen zu beurteilen (BGHR StGB § 21 seelische Abartigkeit 37). Die bislang vom Landgericht vorgenommene Bewertung läßt insbesondere eine eingehende Würdigung des auffälligen Nachtatverhaltens vermissen. So bleibt unerörtert, daß der Angeklagte, der bereits unmittelbar nach der Tötung seiner Verlobten sich an dieser verging, erneut, nachdem er in einem Zelt in der Nähe übernachtet hatte, sich zu der Leiche begab, dort ein Feuer entzündete, aß und trank, dann onanierte und sich schließlich in Selbsttötungsabsicht die Pulsadern aufschnitt. Diese Besonderheiten hätten ebenso Beachtung finden müssen (vgl. BGH, Beschluß vom 23. Februar 2000 - 5 StR 38/00) wie auch seine persönliche Entwicklung, die von einem streng religiös orientierten Elternhaus geprägt war, aus dem sich der Angeklagte später gelöst hatte (vgl. BGHR StGB § 21 seelische Abartigkeit 24).
2. Die Strafzumessung bezüglich des Angeklagten S hält gleichfalls rechtlicher Prüfung nicht stand, weil das Landgericht Äußerungen des Angeklagten S im Rahmen seines letzten Wortes rechtsfehlerhaft strafschärfend gewertet hat. Dieser Angeklagte, der ein zwischenzeitlich abgelegtes Geständnis widerrufen hatte, äußerte in einer schriftlich vorgefaßten Erklärung in seinem letzten Wort, daß er die nach seiner Behauptung allein von dem Mittäter begangene Tat für verwerflich halte. Als bestreitender Angeklagter konnte er sich von einer Tat, die er nach eigener Einlassung nicht begangen hatte, distanzieren und diese auch als "verwerflich" charakterisieren. Das zulässige Verteidigungsverhalten eines Angeklagten darf aber nicht zu seinen Lasten verwertet werden (vgl. BGHR StGB § 46 Abs. 2 Verteidigungsverhalten 8, 17 m.w.N.).
3. Der Senat macht von der Möglichkeit des § 354 Abs. 2 Satz 1 StPO Gebrauch und verweist die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht Leipzig.
Ende der Entscheidung
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