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Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 14.10.1998
Aktenzeichen: 5 StR 473/98
Rechtsgebiete: StPO, StGB
Vorschriften:
StPO § 349 Abs. 4 | |
StPO § 349 Abs. 2 | |
StGB § 21 |
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS
vom
14. Oktober 1998
in der Strafsache
gegen
wegen Totschlags
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 14. Oktober 1998 beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Leipzig vom 14. Mai 1998 nach § 349 Abs. 4 StPO im Strafausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.
2. Die weitergehende Revision wird nach § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen.
3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an eine andere Schwurgerichtskammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Gründe
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Totschlags zu einer Freiheitsstrafe von zehn Jahren verurteilt. Die Revision des Angeklagten, die im übrigen unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO ist, hat zum Strafausspruch mit der Sachrüge Erfolg.
Die Annahme uneingeschränkter Schuldfähigkeit des Angeklagten bei Begehung der Tat ungeachtet alkoholischer Beeinflussung mit einer - nach verhältnismäßig zeitnah entnommener Blutprobe ermittelten - Tatzeit-Blutalkoholkonzentration in Höhe von 2,82 Promille hält sachlichrechtlicher Nachprüfung nicht stand. Die Gesamtwürdigung anhand psychodiagnostischer Kriterien, mit der das Schwurgericht die Voraussetzungen des § 21 StGB verneint hat, kann - wenngleich sie im Einklang mit der Beurteilung durch zwei medizinische Sachverständige steht - keinen Bestand haben. Sie ist lediglich geeignet, einen Vollrausch sicher auszuschließen.
Dabei kommt es hier nicht auf die Frage an, ob das Schwurgericht etwa bereits die Bedeutung der Aussagekraft von Alkoholgewöhnung und Erinnerungsvermögen für die Beurteilung uneingeschränkt erhaltener Schuldfähigkeit nach erheblichem Alkoholkonsum überschätzt hat (vgl. dazu BGHR StGB § 21 Blutalkoholkonzentration 34). Jedenfalls sind die vom Schwurgericht gebilligten Erwägungen der Sachverständigen zur Bewertung des Vortat- und Tatverhaltens des Angeklagten bedenklich. Ausreichende Kriterien für ein uneingeschränktes Steuerungsvermögen des Angeklagten lassen sich hieraus kaum ableiten. Der Umstand, daß der Angeklagte seinem erkanntermaßen massiv (mit über 4 Promille) alkoholisierten Opfer unmittelbar vor der Tat "gezielt" bei der Lösung von Problemen habe helfen und ihm "die Spielregeln der Wohngemeinschaft habe erklären wollen" (UA S. 29, 34), belegt eher eine alkoholbedingte Fehleinschätzung der Aufnahmefähigkeit einer anderen noch stärker betrunkenen Person. Auch die Überreaktion des mit bedingtem Tötungsvorsatz geführten Messerangriffs auf den Kopf des Opfers aus Wut über dessen vorangegangenen leichten körperlichen Angriff und aus Ärger, daß das betrunkene Opfer auf die angebotene Hilfe und Belehrungen so undankbar und uneinsichtig reagiert hatte, vor dem Hintergrund, daß sich der Angeklagte der zu erwartenden Konfrontation mühelos durch Verlassen des Raumes des Opfers hätte entziehen können, belegt ebenfalls kein Verhalten, dem relevante Aussagekraft für uneingeschränkt erhaltene Steuerungsfähigkeit zukäme. Ersichtlich hat der Tatrichter die nach wie vor bestehende erhebliche Indizwirkung einer Tatzeit-Blutalkoholkonzentration (vgl. BGHSt 43, 66) wie der hier ermittelten unterschätzt.
Ende der Entscheidung
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