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Gericht: Bundesgerichtshof
Urteil verkündet am 22.03.2006
Aktenzeichen: 5 StR 475/05
Rechtsgebiete: StGB
Vorschriften:
StGB § 263 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 | |
StGB § 266 Abs. 2 |
BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL
vom 22. März 2006
in der Strafsache
gegen
wegen Untreue
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 22. März 2006, an der teilgenommen haben:
Richter Häger als Vorsitzender Richterin Dr. Gerhardt, Richter Dr. Raum, Richter Dr. Brause, Richter Schaal als beisitzende Richter,
Bundesanwalt als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt als Verteidiger,
Justizhauptsekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,
für Recht erkannt:
Tenor:
Die Revisionen des Angeklagten und der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landgerichts Görlitz vom 17. Februar 2005 werden verworfen.
Die Staatskasse trägt die Kosten der Revision der Staatsanwaltschaft und die hierdurch dem Angeklagten entstandenen notwendigen Auslagen. Der Angeklagte trägt die Kosten seines Rechtsmittels.
- Von Rechts wegen -
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Untreue zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und zehn Monaten verurteilt und die Vollstreckung der Freiheitsstrafe zur Bewährung ausgesetzt. Im Übrigen hat es den Angeklagten freigesprochen. Gegen seine Verurteilung wendet sich der Angeklagte mit seiner unbeschränkt eingelegten Revision. Die Staatsanwaltschaft greift mit ihrem Rechtsmittel, das vom Generalbundesanwalt vertreten wird, nur den Rechtsfolgenausspruch an. Beide Rechtsmittel bleiben ohne Erfolg.
I.
Nach den Feststellungen des Landgerichts war der Angeklagte Alleingesellschafter und -geschäftsführer der R. S. M. GmbH (im Folgenden: RSM), die wiederum sämtliche Anteile von zwei Tochtergesellschaften hielt. Der Angeklagte überwies am 13. Januar 2004 von dem bei der Commerzbank in Dresden geführten Geschäftskonto der RSM 483.000 € auf sein ebendort geführtes Privatkonto. Während er 30.000 € wieder auf das Geschäftskonto zurückleitete, erwarb er für ca. 300.000 € Wertpapiere, transferierte einen Teil der Gelder auf ein weiteres Privatkonto bei der Sparkasse Mainz und hob den Rest des Betrages in bar ab. Noch Ende Januar veräußerte er sämtliche Geschäftsanteile der RSM, über deren Vermögen am 6. Januar 2005 das Insolvenzverfahren eröffnet wurde, für 1 € an den in Spanien ansässigen N. .
II.
Die Revisionen des Angeklagten und der Staatsanwaltschaft sind unbegründet.
1. Das angefochtene Urteil lässt keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten erkennen.
a) Das Landgericht hat den Tatbestand der Untreue rechtsfehlerfrei bejaht. Es ist nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs anerkannt, dass auch der Alleingesellschafter und -geschäftsführer einer GmbH dann Untreue begeht, wenn er die Existenz der Gesellschaft gefährdet, indem er ihr die für ihren Fortbestand benötigten Mittel entzieht (BGHSt 49, 147, 157; BGH NJW 2003, 2996, 2998). Diese Voraussetzung ist hier erfüllt. Das Landgericht hat hinreichend konkret die Vermögenssituation der Gesellschaft zum Zeitpunkt der Entnahme der Gelder belegt. Damals bestanden Verbindlichkeiten gegenüber Banken sowie Lieferanten in Höhe von über einer Million €, die durch anderweitige Vermögenswerte nicht abgedeckt waren.
b) Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers ist das Landgericht zu Recht von einem Untreuevorsatz ausgegangen. Dieser liegt bei einer solchen Fallkonstellation nahe, weil der Angeklagte die freien Gelder der Gesellschaft weitgehend in sein Privatvermögen überführt hat. Soweit der Angeklagte im Revisionsverfahren vorträgt, er habe mit den entnommenen Geldern Verbindlichkeiten der Gesellschaft begleichen wollen, widerspricht dies den Urteilsfeststellungen. Im Übrigen ist - entgegen der Auffassung der Revision - dieser Gesichtspunkt für die Beurteilung des Untreuetatbestands ebenso unerheblich wie eine persönliche Haftung des Angeklagten für Kredite der RSM. Entscheidend ist für die hier die Untreue begründende Entnahme, dass der Angeklagte der Gesellschaft wesentliche Vermögenswerte entzogen und so die den Gläubigern zur Verfügung stehende Haftungsmasse der nicht mehr lebensfähigen Gesellschaft verkürzt hat.
2. Die Revision der Staatsanwaltschaft zeigt keinen Rechtsfehler auf.
a) Ohne Rechtsverstoß konnte das Landgericht zu Gunsten des Angeklagten würdigen, dass er durch die Insolvenz der Gesellschaft seine wirtschaftliche Existenz verloren hat. Zwar dürfen Ersatzansprüche von Geschädigten aus der Straftat nicht mildernd berücksichtigt werden, weil sie eine typische und vorhersehbare Folge der Tat sind (BGH wistra 2005, 458). Im vorliegenden Fall gehen jedoch die Tatfolgen für den Betroffenen durch die Insolvenz und seine persönliche Inanspruchnahme für Kreditverbindlichkeiten in ihrer wirtschaftlichen Dimension über den bloßen Untreueschaden hinaus. Dies durfte das Landgericht, das diesem Umstand im Übrigen kein besonderes Gewicht beigemessen hat, als Strafmilderungsgrund heranziehen.
b) Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin hat das Landgericht nicht nur mildernde Gesichtspunkte berücksichtigt. Zwar führt es - formal gesehen - nur mildernde Gesichtspunkte auf, setzt diese ersichtlich aber in Beziehung zu dem als strafschärfend gewerteten Gesichtspunkt der Schadenshöhe. Das Landgericht hat den dem Unternehmen zugefügten Vermögensnachteil in Höhe von 483.000 € als Vermögensverlust großen Ausmaßes angesehen und das Regelbeispiel nach § 263 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 i.V.m. § 266 Abs. 2 StGB angenommen. Damit hat es den beträchtlichen Schaden schon durch die Wahl des Strafrahmens berücksichtigt. Das Landgericht hat die Schadenshöhe aber noch zusätzlich innerhalb des Strafrahmens des besonders schweren Falls inzident schärfend herangezogen. Dies ergibt sich aus dem Gesamtkontext der Strafzumessungserwägungen und insbesondere daraus, dass die Strafkammer die Schadenshöhe rechtsfehlerfrei aufgrund der später erfolgten Sicherstellung von 150.000 € relativiert hat.
Die verhängte Strafe ist zwar mild, sie ist aber nicht unvertretbar niedrig, so dass - entgegen der Auffassung der Staatsanwaltschaft - kein zur Aufhebung des angefochtenen Urteils nötigender Rechtsfehler vorliegt.
Ende der Entscheidung
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