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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 29.09.1998
Aktenzeichen: 5 StR 480/98
Rechtsgebiete: StPO, StGB


Vorschriften:

StPO § 244 Abs. 2
StPO § 349 Abs. 2 u. 4
StGB § 46 Abs. 1 Satz 2
StGB § 46 Abs. 2 Satz 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS

5 StR 480/98

vom

29. September 1998

in der Strafsache

gegen

wegen schweren Raubes u. a.

Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 29. September 1998 beschlossen:

Auf die Revision des Angeklagten G wird das Urteil des Landgerichts Leipzig vom 19. Mai 1998 nach § 349 Abs. 4 StPO im Einzelstrafauspruch wegen des Falles B 1 der Urteilsgründe und im Ausspruch der Gesamtstrafe gegen diesen Angeklagten mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.

Die weitergehende Revision wird nach § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:

Das Landgericht hat den Angeklagten G wegen schwe-ren Raubes in zwei Fällen, jeweils in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung, zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Jahren verurteilt. Die auf den Fall B 1 der Urteilsgründe beschränkte Revision des Angeklagten ist unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO, soweit das Rechtsmittel sich gegen den Schuldspruch richtet.

Indes muß der Senat die angegriffene Einzelstrafe und die Gesamtstrafe auf die Sachrüge aufheben.

Die Strafkammer hat zur Person des Angeklagten lediglich dessen Vorstrafen festgestellt und im übrigen mitgeteilt, daß der Angeklagte sich zu seinen persönlichen Verhältnissen nicht geäußert hat.

Wesentliche Anknüpfungstatsachen für die Strafzumessung sind das Vorleben des Täters, seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse (§ 46 Abs. 2 Satz 2 StGB) und die Wirkungen, die von der Strafe für das künftige Leben des Täters in der Gesellschaft zu erwarten sind (§ 46 Abs. 1 Satz 2 StGB). Deshalb ist der Tatrichter verpflichtet, diese Umstände aufzuklären und im Urteil darzulegen (vgl. § 267 Abs. 3 Satz 1 StPO). Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs liegt ein sachlichrechtlicher Fehler vor, wenn die Urteilsgründe keine Feststellungen zum persönlichen Werdegang des Angeklagten enthalten und zudem nicht erkennen lassen, daß der Tatrichter sich - angesichts des Schweigens des Angeklagten zu seinem Lebenslauf - anderweitig um die Aufklärung des Lebens des Angeklagten bemüht hat (BGHR StPO § 267 Abs. 3 Satz 1 Strafzumessung 8, 9, 10, 12, 17; BGH NJW 1976, 2220; BGH StV 1986, 287 und 1992, 463).

Hier lassen die Urteilsgründe erkennen, daß der Strafkammer Möglichkeiten zur Aufklärung des Lebenslaufs des Angeklagten zur Verfügung standen. Es liegen mehrere frühere (verlesbare) Strafurteile gegen den Angeklagten vor. Deshalb hebt der Senat (wie in der Sache BGHR StPO § 267 Abs. 3 Satz 1 Strafzumessung 12) den Einzelstrafausspruch im Fall B 1 der Urteilsgründe (dem einzig angefochtenen Punkt des Urteils) und den Gesamtstrafausspruch auf.

Der Senat merkt folgendes an: Das vorstehend erörterte Problem ist nicht allein dem sachlichen Recht zuzuordnen, sondern im Revisionsverfahren grundsätzlich als Frage einer etwaigen Verletzung der Aufklärungspflicht nach denjenigen Grundsätzen zu behandeln, die für die Beurteilung von Verfahrensfehlern gelten. Er neigt deshalb dazu, Rechtsfehler der vorliegenden Art künftig allein auf eine entsprechende Verfahrensrüge - namentlich auf eine Rüge der Verletzung der Vorschrift des § 244 Abs. 2 StPO - zu beachten, wenn sich nicht schon aus dem angefochtenen Urteil eindeutig ergibt, daß der Tatrichter seiner Rechtsfolgenentscheidung einen lückenhaft gebliebenen Sachverhalt zugrunde gelegt hat (vgl. auch Senatsbeschluß vom heutigen Tag - 5 StR 464/98 -).

Ende der Entscheidung

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