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Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 25.11.1997
Aktenzeichen: 5 StR 526/96
Rechtsgebiete: StGB
Vorschriften:
StGB 1975 § 263 | |
StGB 1975 § 153 | |
StGB 1975 § 26 | |
StGB 1975 §§ 52 |
Bestätigt ein von einer Partei eines Zivilprozesses dazu angestifteter Zeuge deren wahrheitswidrigen Tatsachenvortrag vor Gericht uneidlich, so besteht Tateinheit zwischen den von der Partei begangenen Delikten des (Prozeß-) Betruges und der Anstiftung zur falschen uneidlichen Aussage.
BGH, Beschluß vom 25. November 1997 - 5 StR 526/96 - OLG Celle (OLG Hildesheim)
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS
vom 25. November 1997
in der Vorlegungssache nach § 121 Abs. 2 GVG
gegen
wegen Anstiftung zur falschen uneidlichen Aussage u. a.
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 25. November 1997 durch den
Vorsitzenden Richter Laufhütte,
die Richterin Harms, den Richter Häger, den Richter Nack, die Richterin Dr. Tepperwien
beschlossen:
Bestätigt ein von einer Partei eines Zivilprozesses dazu angestifteter Zeuge deren wahrheitswidrigen Tatsachenvortrag vor Gericht uneidlich, so besteht Tateinheit zwischen den von der Partei begangenen Delikten des (Prozeß-)Betruges und der Anstiftung zur falschen uneidlichen Aussage.
Gründe
Die Vorlegung betrifft die Frage, ob zwischen den von einer Partei eines Zivilprozesses begangenen Delikten des (Prozeß-)Betruges und der Anstiftung zur falschen uneidlichen Aussage Tateinheit oder Tatmehrheit besteht, wenn der von der Partei dazu angestiftete Zeuge deren wahrheitswidrigen Tatsachenvortrag vor Gericht uneidlich bestätigt hat.
I.
Das Landgericht Hildesheim hat als Berufungsgericht den Angeklagten - soweit es hier interessiert - wegen (Prozeß-)Betruges und wegen tatmehrheitlich begangener Anstiftung zur uneidlichen Falschaussage verurteilt. Es hat festgestellt: Der Angeklagte machte gegen eine Versicherung einen Haftpflicht-Schadensersatzanspruch mit der wahrheitswidrigen Behauptung geltend, daß einer ihrer Versicherungsnehmer auf den PKW des Angeklagten aufgefahren sei, was der Zeuge Z beobachtet habe. Die Versicherung lehnte einen Schadensausgleich ab. Der Angeklagte erhob gegen die Versicherung Klage beim Amtsgericht Hildesheim. Dort bestätigte der Zeuge Z auf Veranlassung des Angeklagten wahrheitswidrig als Zeuge uneidlich dessen Klagevortrag, so daß dem Kläger durch Urteil ein Schadensersatzanspruch zugesprochen wurde. Der Angeklagte und der Zeuge Z hatten vor dem Gerichtstermin ihre falschen Angaben miteinander auswendig gelernt und abgestimmt. Im Rahmen der Strafzumessungsbegründung hat das Landgericht ausgeführt: Der Angeklagte hat "seinen Zeugen Z " vor der amtsgerichtlichen Beweisaufnahme intensiv beeinflußt und auf seinen - des Angeklagten - falschen Parteivortrag festgelegt, d. h. regelrecht einen zum Lügen beeinflußten Zeugen "aufgebaut und geführt". Gegen dieses Urteil richtet sich die auf die Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten.
Das Oberlandesgericht Celle hat in seinem Vorlegungsbeschluß mitgeteilt, es sehe die rechtliche Würdigung durch das Landgericht "u. a. insoweit als zutreffend an, als Tatmehrheit zwischen der Anstiftung zur uneidlichen Falschaussage und dem Prozeßbetrug im Verfahren vor dem Amtsgericht Hildesheim angenommen" worden ist. Dem entnimmt der Senat, daß das Oberlandesgericht beabsichtigt, die Revision auf den entsprechenden Antrag der Generalstaatsanwaltschaft Celle zumindest insoweit nach § 349 Abs. 2 StPO zu verwerfen, als das Rechtsmittel sich gegen den Schuldspruch wegen Betruges und Anstiftung zur uneidlichen Falschaussage richtet. Das Oberlandesgericht sieht sich "an der Annahme von Tatmehrheit" gehindert durch zwei Entscheidungen des Bundesgerichtshofs, nämlich den Beschluß vom 16. August 1988 - 4 StR 346/88 - (BGHR StGB § 52 Abs. 1 Handlung, dieselbe 12) und das Urteil vom 16. Januar 1992 - 4 StR 509/91 - (VRS 83, 185). In diesen Entscheidungen hat der Bundesgerichtshof bei vergleichbaren Fallgestaltungen Tateinheit zwischen Betrug und Anstiftung zur falschen uneidlichen Aussage angenommen.
Das Oberlandesgericht Celle geht davon aus, daß in Fällen der vorliegenden Art Tateinheit nur dann vorliegen könne, wenn die Ausführungshandlungen der Anstiftung zum Aussagedelikt und die Ausführungshandlungen des Betruges mindestens teilweise identisch sind, und kann solches im vorliegenden Fall nicht finden. Es hat deshalb gemäß 121 Abs. 2 GVG die Sache dem Bundesgerichtshof zur Entscheidung folgender Frage vorgelegt:
"Ist Tateinheit gemäß § 52 StGB zwischen Anstiftung zur uneidlichen Falschaussage und Prozeßbetrug möglich, wenn die Täuschungshandlung gegenüber dem Gericht nicht gleichzeitig diejenigen Handlungen oder auch nur Teile der Handlungen sind, die den Tatentschluß zur uneidlichen Falschaussage wecken sollen und wecken?"
II.
Der Generalbundesanwalt hat beantragt, zu beschließen:
"Bestätigt ein von einer Partei dazu angestifteter Zeuge deren wahrheitswidrigen Tatsachenvortrag vor Gericht, besteht Tateinheit zwischen Prozeßbetrug und (Anstiftung zur) Falschaussage."
III.
Die Vorlegungsvoraussetzungen nach § 121 Abs. 2 GVG sind gegeben. Die den beiden genannten Entscheidungen des Bundesgerichtshofs tragend zugrundeliegende Rechtsansicht steht der beabsichtigten Entscheidung des Oberlandesgerichts Celle entgegen. Der Vorlegung liegt die Rechtsansicht zugrunde, Ausführungshandlungen des Prozeßbetruges seien allein die täuschende Einwirkung auf das Gericht durch Einreichung von Schriftsätzen oder durch mündlichen Vortrag und Ausführungshandlungen der Anstiftung zur falschen uneidlichen Aussage seien allein diejenigen Handlungen, durch die der Prozeßbetrüger im Zeugen den Tatentschluß zur falschen uneidlichen Aussage weckt. Diese Ansicht ist jedenfalls nicht unvertretbar.
IV.
Die Vorlegungsfrage ist wie aus der Beschlußformel ersichtlich zu beantworten.
Auszugehen ist davon, daß nach gesicherter Rechtsprechung Tateinheit nur dann in Betracht kommt, wenn die tatbestandlichen, mehrere Strafgesetze oder dasselbe Strafgesetz mehrfach verletzenden Ausführungshandlungen in einem für sämtliche Tatbestandsverwirklichungen notwendigen Teil zumindest teilweise identisch sind (RGSt 32, 137, 138 f.; BGHSt 22, 206, 208; 27, 66, 67; 33, 163, 165). Dagegen vermögen ein einheitliches Motiv, eine Gleichzeitigkeit von Geschehensabläufen, die Verfolgung eines Endzweckes, eine Mittel-Zweck-Verknüpfung oder eine Grund-Folge-Beziehung eine Tateinheit nicht zu begründen (BGH wistra 1985, 19). Die Kommentatoren stimmen dem zu (Vogler in LK 10. Aufl. § 52 Rdn. 22; Stree in Schönke/Schröder, StGB 25. Aufl. § 52 Rdn. 9; Tröndle, StGB 48. Aufl. vor § 52 Rdn. 3; Lackner, StGB 22. Aufl. § 52 Rdn. 4).
Aus diesen Grundsätzen hat der Bundesgerichtshof die Konsequenz gezogen, daß in den Fällen der vorliegenden Art die vom Prozeßbetrüger im Rahmen seines Tatplans begangene Anstiftung eines Zeugen zur Falschaussage in Tateinheit zum Prozeßbetrug steht (BGHR StGB § 52 Abs. 1 Handlung, dieselbe 12; BGH VRS 83, 185, 187). Nicht etwa findet sich, wie das Oberlandesgericht Celle meint, ein Widerspruch zwischen diesen beiden Entscheidungen und der oben genannten Rechtsprechung.
Der Vorlegungsbeschluß geht an der Besonderheit vorbei, die der Anstiftung eines Zeugen zur Falschaussage durch den Prozeßbetrüger eigen ist: Die möglichen Tathandlungen des Prozeßbetrügers erschöpfen sich nicht in seinem schriftlichen und mündlichen täuschenden Vorbringen. Auch in Beweisantritt und Beweisführung - insbesondere durch Zeugenbeweis - kann eine Täuschung des Richters liegen (RGSt 40, 9). Deshalb ist - unter den Gesichtspunkten der Konkurrenzen - die Falschaussage des hierzu vom Prozeßbetrüger angestifteten Zeugen auch eine Tatausführungshandlung des Prozeßbetrügers. Die Falschaussage ist das Mittel, mit dem der Täter den Prozeßbetrug begeht. Daß nicht er selbst diesen Handlungsbeitrag erbringt, ist unbeachtlich: Er hat die Falschaussage durch die Anstiftung in strafrechtlich relevanter Weise verursacht; deshalb wird ihm die Handlung des Zeugen zugerechnet, weil der Strafgrund der Anstiftung wesentlich in der Verursachung der Haupttat liegt. Auch in anderen rechtlichen Zusammenhängen wird die vom Haupttäter begangene Tat dem Anstifter zugerechnet: Die Beendigung der Anstiftung ist auch an der Beendigung der Haupttat orientiert (vgl. BGHSt 22, 206, 208). Die Anstiftung ist auch an dem Ort begangen, an dem die Haupttat begangen ist (§ 9 Abs. 2 Satz 1 StGB).
Ende der Entscheidung
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