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Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 07.12.1999
Aktenzeichen: 5 StR 548/99
Rechtsgebiete: StPO, StGB
Vorschriften:
StPO § 349 Abs. 4 | |
StPO § 349 Abs. 2 | |
StPO § 358 Abs. 2 Satz 2 | |
StGB § 21 | |
StGB § 49 Abs. 1 | |
StGB § 64 |
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS
vom
7. Dezember 1999
in der Strafsache
gegen
wegen schwerer Brandstiftung u. a.
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 7. Dezember 1999 beschlossen:
Tenor:
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Berlin vom 12. Juli 1999 nach § 349 Abs. 4 StPO im Rechtsfolgenausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.
Die weitergehende Revision wird nach § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Gründe
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen schwerer Brandstiftung, versuchter schwerer Brandstiftung und wegen Sachbeschädigung in drei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten verurteilt. Die Revision des Angeklagten hat mit der Sachrüge einen den Rechtsfolgenausspruch betreffenden Teilerfolg.
Der unter anderem wegen Sachbeschädigung - nähere Umstände sind nicht festgestellt - vorbestrafte Angeklagte hatte, jeweils mit einer Blutalkoholkonzentration zwischen 2 und 2,5 , zwischen August 1998 und Januar 1999 viermal Feuer gelegt und einmal die Fensterscheibe eines Zeitungsladens mit einer Gehwegplatte zertrümmert. Wie das Landgericht festgestellt hat, "neigt (er) dazu, nach dem für ihn nicht ungewohnten übermäßigen Genuß alkoholischer Getränke fremde Gegenstände in Brand zu setzen oder auf andere Art und Weise zu beschädigen oder zu zerstören" (UA S. 3). "Zu den Gründen für sein Tun konnte der (umfassend geständige) Angeklagte keine nachvollziehbaren Angaben machen. Allgemein führte er aus: Er habe gerade Lust dazu gehabt; er habe gerne Feuer und, wenn er gehe, dann müsse etwas brennen'" (UA S. 8).
Das Landgericht hat eine Strafmilderung nach §§ 21, 49 Abs. 1 StGB allein wegen der Alkoholisierung des Angeklagten bei Begehung sämtlicher Taten vorgenommen. Dabei ist es - insbesondere bei allein alkoholbedingter psychischer Beeinträchtigung - bedenklich, aber insoweit unschädlich, daß das Landgericht alternativ eine erhebliche Verminderung der Einsichtsfähigkeit des Angeklagten erwägt, welche voraussetzte, daß dieser das Unerlaubte seiner Handlungen - wenngleich vorwerfbar - nicht erkannte (vgl. Tröndle/Fischer, StGB 49. Aufl. § 21 Rdn. 3 m.N.).
Durchgreifend bedenklich sind indes - trotz entsprechender sachverständiger Beratung des Landgerichts - dessen Erwägungen zur Verneinung einer "pyromanischen Neigung" des Angeklagten (UA S. 10). Angesichts der nach erheblichem Alkoholgenuß immer wieder ohne nachvollziehbares sonstiges Motiv aufgetretenen massiven Zerstörungswut des Angeklagten, überwiegend verknüpft mit seiner Vorliebe für Feuer, liegt eine erhebliche Persönlichkeitsstörung im Sinne einer schweren anderen seelischen Abartigkeit außerordentlich nahe. Der Sachverständige hat insbesondere darauf Bedacht genommen, daß der Angeklagte nach eigenen Angaben "nicht zur Brandstiftung neigt, um sich anschließend an dem Anblick des Feuers oder der Löscharbeiten zu erregen" (UA S. 10). Dies ist zwar für die Beurteilung einer entsprechenden schweren Persönlichkeitsstörung bedeutsam (vgl. ICD-10 F 63.1). Vor dem Hintergrund, daß es dem Angeklagten aufgrund seiner "selbstunsicheren und unausgereiften Persönlichkeitsstruktur" schwer gefallen sein dürfte, sich zu seiner nicht nachvollziehbaren Tatmotivation selbst zu öffnen, und angesichts der Feststellungen zu Anzahl, Art und Begleitumständen der Taten und zur Persönlichkeitsstruktur des Angeklagten erscheint der Hinweis auf diesen Umstand aber allein nicht ausreichend, eine für die Tatbegehungen maßgebliche schwere Persönlichkeitsstörung zu verneinen.
Zwar ist die Annahme von Schuldunfähigkeit aufgrund der getroffenen Feststellungen sicher auszuschließen. Nicht ausgeschlossen ist indes, daß sich die Annahme der Voraussetzungen des § 21 StGB auch aus einem anderen Grund als lediglich vorübergehender Alkoholintoxikation weiter strafmildernd ausgewirkt hätte.
Rechtsfehlerhaft ist auch, daß das Landgericht die Frage der nicht gänzlich fernliegenden Voraussetzungen des § 64 StGB im Urteil überhaupt nicht erörtert hat. An der Verhängung einer solchen Maßregel wäre der neue Tatrichter nicht gehindert, obgleich nur der Angeklagte Revision eingelegt hat (§ 358 Abs. 2 Satz 2 StPO).
Das gilt auch für die gebotene Prüfung der Voraussetzungen des § 63 StGB, soweit sich entgegen dem angefochtenen Urteil eine latente schwere Persönlichkeitsstörung des ersichtlich erheblich therapiebedürftigen Angeklagten sicher feststellen lassen sollte, auf welche die erhebliche Beeinträchtigung der Schuldfähigkeit - unbeschadet akuter Beeinträchtigung auch durch Alkohol (vgl. BGHSt 44, 338 und 369) - zurückgeht.
Ende der Entscheidung
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