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Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 16.02.1999
Aktenzeichen: 5 StR 623/98
Rechtsgebiete: StPO, StGB
Vorschriften:
StPO § 349 Abs. 4 | |
StPO § 261 | |
StPO § 354 Abs. 2 Satz 1 | |
StPO § 354 Abs. 3 | |
StPO § 153 Abs. 2 | |
StGB § 267 |
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS
vom
16. Februar 1999
in der Strafsache
gegen
wegen Urkundenfälschung u. a.
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 16. Februar 1999 beschlossen:
Auf die Revision des Angeklagten N wird das Urteil des Landgerichts Neuruppin vom 20. März 1997 nach § 349 Abs. 4 StPO mit den Feststellungen aufgehoben, soweit dieser Angeklagte verurteilt worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Amtsgericht Potsdam - Strafrichter - zurückverwiesen.
Gründe
Das Landgericht Neuruppin hat den Angeklagten N wegen Urkundenfälschung in zwei Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit falscher Verdächtigung, zu einer Gesamtgeldstrafe verurteilt. Im übrigen hat es ihn - wie die beiden Mitangeklagten insgesamt - freigesprochen. Die Freisprüche sind nach Rücknahme der Revisionen der Staatsanwaltschaft rechtskräftig. Der Angeklagte N wurde für schuldig befunden, als stellvertretender Direktor des Neuruppiner Heimatmuseums Untersuchungen gegen die Direktorin des Museums, die Nebenklägerin, wegen pflichtwidrigen Umgangs mit Verkaufsmaterial anhand eines verfälschten Bestandsprotokolls veranlaßt zu haben; in das im November 1995 gefertigte Protokoll habe er nachträglich einen weiteren, bei der Protokollierung tatsächlich nicht vorhandenen Bestand an Verkaufsmaterial eingetragen; ferner habe er die Nebenklägerin sowie andere Museumsmitarbeiter im Laufe des Verfahrens durch Vorlage jenes verfälschten Protokolls bewußt wahrheitswidrig einer Unterschlagung der nachträglich in das Protokoll eingetragenen 50 Mappen mit Nachdrucken aus der Sammlung "Neuruppiner Bilderbogen" bezichtigt.
Die gegen die Verurteilung gerichtete Revision des Angeklagten N hat Erfolg; sie führt mit der Sachrüge zur Aufhebung der Verurteilung und insoweit zur Zurückverweisung der Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung. Auf die verfahrensrechtliche Beanstandung einer Verletzung des § 261 StPO, die der Generalbundesanwalt dem Revisionsvorbringen entnimmt und die er für durchgreifend erachtet, kommt es daher nicht an.
Die Beweiswürdigung des Landgerichts hält sachlichrechtlicher Prüfung nicht stand. Die Einlassung des Beschwerdeführers, er habe das Inventarprotokoll nicht verfälscht, die Vorlage habe vielmehr der ursprünglichen Protokollierung entsprochen, hält das Landgericht bereits wegen mehrerer Indizien für "unwahrscheinlich", indes für "denklogisch widerlegt", weil der im November 1995 protokollierte Bestand an Mappen, wie er sich aus dem im Mai 1996 vorgelegten Protokoll ergab, damals "nicht vorhanden gewesen sein konnte" (UA S. 27). Zu diesem Befund gelangt das Landgericht ausschließlich anhand eines möglichen Bestandes aus offiziellen Bestellungen des Heimatmuseums. Der Tatrichter hat es hingegen - wie die Revision zutreffend beanstandet - unterlassen, in seine Überlegungen zu einem im November 1995 im Museum möglicherweise vorhandenen Bestand auch Mappen aus den festgestellten zusätzlichen inoffiziellen Bestellungen der Nebenklägerin einzubeziehen. Im Mai 1996 befanden sich entsprechende zusätzlich erworbene Mappen im Schrank eines verstorbenen Mitarbeiters des Museums; ein weit größerer Anteil von Mappen aus jenen zusätzlichen Bestellungen war erst im März 1996 in Räume außerhalb des Museums gebracht worden. Danach lag insbesondere die tatsächliche Variante, daß in dem Schrank, dessen Bestand im November 1995 protokolliert wurde, auch Mappen aus jenem inoffiziellen Bestand abgelegt gewesen sein könnten, nicht gänzlich fern. Jedenfalls vor Annahme logischer Zwangsläufigkeit hätte sie ausdrücklich bedacht und erörtert werden müssen.
Dies entzieht der gesamten Beweiswürdigung die Grundlage; denn die weiteren gewichtigen Indizien, die für eine Protokollverfälschung sprechen, haben dem Tatrichter nicht ausgereicht. Die Sache bedarf neuer tatrichterlicher Entscheidung. Eine sofortige Durchentscheidung auf Freispruch kommt hingegen nicht in Betracht. Zu ihr könnte auch die vom Generalbundesanwalt für durchgreifend erachtete Beanstandung nicht führen: Die umfassende Verwertung eines im angefochtenen Urteil nur unvollständig zitierten Schreibens des Beschwerdeführers, wie sie der Generalbundesanwalt vermißt, mag geeignet sein, eine falsche Verdächtigung, möglicherweise auch den Vorwurf strafbarer Urkundenverfälschung im ersten Fall wegen Fehlens der subjektiven Komponente des § 267 StGB in Frage zu stellen. Auch hiernach bestünde indes kein Anlaß zu sofortiger umfassender Freisprechung des Beschwerdeführers durch das Revisionsgericht.
Bei der gebotenen Zurückverweisung der Sache sieht der Senat Anlaß zu abweichender Zuweisung bezogen sowohl auf die örtliche als auch auf die sachliche Zuständigkeit (§ 354 Abs. 2 Satz 1 und Abs. 3 StPO; vgl. BGHR StPO § 354 Abs. 3 Amtsgericht 1 und Zuständigkeit 1).
Da jedenfalls eine weitere Verringerung des Schuldvorwurfs im Vergleich zum ursprünglichen Anklagevorwurf nicht fernliegt, da zudem ganz unabhängig von etwa strafbarem Verhalten des Angeklagten N jedenfalls auch ein begründeter Anfangsverdacht gegen die Nebenklägerin wegen Untreue bestanden hatte, könnte sich eine Verfahrenserledigung gemäß § 153 Abs. 2 StPO als angemessen anbieten. Dies gilt verstärkt nach einer beträchtlichen Verfahrensverzögerung im Rahmen der Vorlage der Akten an den Bundesgerichtshof (vgl. BGHR StPO § 153 Abs. 2 Schuld 1 - 3; § 347 Aktenübersendung 1). Auf Einstellung bereits im Revisionsverfahren zu erkennen, war dem Senat mangels Erteilung der erforderlichen Zustimmung seitens des Angeklagten N verwehrt.
Ende der Entscheidung
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