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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 09.02.2000
Aktenzeichen: AK 2/2000
Rechtsgebiete: StGB, StPO


Vorschriften:

StPO § 121
StPO § 122
StPO § 116
StPO § 121 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS

3 BJs 37/99 - 2 (7) AK 2/2000

vom

9. Februar 2000

in dem Ermittlungsverfahren

gegen

wegen geheimdienstlicher Agententätigkeit

Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts sowie des Beschuldigten und seiner Verteidiger am 9. Februar 2000 gemäß §§ 121, 122 StPO beschlossen:

Tenor:

Die Untersuchungshaft hat fortzudauern.

Eine etwa erforderliche weitere Haftprüfung durch den Bundesgerichtshof findet in drei Monaten statt.

Bis zu diesem Zeitpunkt wird die Haftprüfung dem nach den allgemeinen Vorschriften zuständigen Gericht übertragen.

Gründe:

Der Beschuldigte befindet sich in vorliegender Sache seit dem 29. Juli 1999 aufgrund Haftbefehls des Ermittlungsrichters des Bundesgerichtshofs vom gleichen Tage (2 BGs 218/99), zuletzt neu gefaßt durch Beschluß vom 1. Dezember 1999 (2 BGs 340/99), in Untersuchungshaft. Er ist, wie in den Haftbefehlen des Ermittlungsrichters des Bundesgerichtshofs zutreffend ausgeführt wird, dringend verdächtig, von Anfang 1996 bis zu seiner vorläufigen Festnahme am 28. Juli 1999 für den Geheimdienst einer fremden Macht, bei dem es sich entweder um den zivilen Auslandsnachrichtendienst Rußlands SVR oder um den auch Aufklärung betreibenden Föderalen Sicherheitsdienst FSB handelt, eine geheimdienstliche Tätigkeit gegen die Bundesrepublik Deutschland ausgeübt zu haben, die auf die Mitteilung oder Lieferung von Tatsachen, Gegenständen oder Erkenntnissen gerichtet war (Vergehen, strafbar nach § 99 StGB). Gegenstand der Verratstätigkeit des Beschuldigten war vor allem die Lieferung von firmenvertraulichen Unterlagen der LFK-Lenkflugkörpersysteme GmbH in Ottobrunn und der Bayern Chemie, Gesellschaft für flugchemische Antriebe mbH, mit Sitz in Aschau/Inn, beides Unternehmen der DaimlerChrysler Aerospace AG (Dasa). Thematisch befassen sich die Firmenunterlagen vor allem mit teilweise noch im Planungsstadium befindlichen Lenkflugkörper-Waffensystemen zur Panzer- und Flugabwehr, mit dem Experimentalprogramm für einen hochbeschleunigenden Flugkörper, mit zukünftigen, von Festtreibstoffen angetriebenen Luft-Luft-Flugkörpern sowie mit einem in der Entwicklungsphase befindlichen Lenkflugkörper-Waffensystem auf Lichtwellenleiter-Basis. Ein Teil der Schriftstücke war als Verschlußsache gekennzeichnet oder mit firmeninternen Geheimhaltungsvermerken versehen. Diese Unterlagen hatte ihm der Mitbeschuldigte S. , der zuletzt bei der LFK-GmbH den Vertrieb Panzerabwehr leitete, zu Verratszwecken überlassen.

Der Beschuldigte, der unter dem Tarnnamen "G. " seit 1991 auch Informant des Bundesnachrichtendienstes gewesen sein und diesen zu keinem Zeitpunkt über seine Beziehungen zum russischen Geheimdienst unterrichtet haben soll, soll für die Lieferung von dem ihn führenden russischen Nachrichtendienst ein Entgelt in Höhe von mindestens umgerechnet 290.000 DM erhalten haben. Wegen der Einzelheiten des Tatvorwurfs nimmt der Senat Bezug auf die Begründung in den Haftbefehlen des Ermittlungsrichters des Bundesgerichtshofs.

Bei dem Beschuldigten bestehen aus den in den Haftbefehlen genannten Gründen die Haftgründe der Flucht- und Verdunkelungsgefahr.

Der weitere Vollzug der Untersuchungshaft ist nicht unverhältnismäßig, da der Beschuldigte im vorliegenden Verfahren eine erhebliche Freiheitsstrafe zu erwarten hat. Der Zweck der Untersuchungshaft kann nicht durch weniger einschneidende Maßnahmen nach § 116 StPO erreicht werden.

Die Voraussetzungen für die Fortdauer der Untersuchungshaft über sechs Monate hinaus (§ 121 Abs. 1 StPO) sind gegeben. Die besondere Schwierigkeit und der besondere Umfang der Ermittlungen haben eine frühere Erhebung der Anklage nicht zugelassen; das Verfahren ist bislang mit der gebotenen Beschleunigung gefördert worden. Die Ermittlungen, deren Abschluß unmittelbar bevorsteht, waren besonders umfangreich. Es mußten über 30 Zeugen vernommen werden. Die Niederschrift über die Vernehmung des Beschuldigten umfaßt 110 Seiten, die über die Vernehmung des Mitbeschuldigten S. 189 Seiten. Die Verratsgegenstände, deren Identifizierung erst in jüngster Zeit gelungen ist, liegen seit Anfang Januar 2000 dem Gutachter in Landesverratsverfahren im Bundesministerium der Verteidigung zur Sachverständigenbeurteilung vor. Der Generalbundesanwalt hat mitgeteilt, daß die Anklageschrift inzwischen fertiggestellt ist und alsbald Anklage beim 3. Strafsenat des Oberlandesgerichts Celle erhoben werden wird.

Ende der Entscheidung

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