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Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 10.12.2007
Aktenzeichen: AnwZ (B) 11/07
Rechtsgebiete: BRAO, InsO
Vorschriften:
BRAO § 14 Abs. 2 Nr. 7 | |
InsO § 26 Abs. 2 |
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS
vom 10. Dezember 2007
in dem Verfahren
wegen Widerrufs der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft
Der Bundesgerichtshof, Senat für Anwaltssachen, hat durch den Präsidenten des Bundesgerichtshofs Prof. Dr. Hirsch, die Richter Dr. Ernemann, Dr. Frellesen und Schaal, die Rechtsanwältinnen Dr. Hauger und Kappelhoff sowie den Rechtsanwalt Prof. Dr. Stüer nach mündlicher Verhandlung am 10. Dezember 2007 beschlossen:
Tenor:
Die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des I. Senats des Hessischen Anwaltsgerichtshofs vom 11. Dezember 2006 wird zurückgewiesen.
Der Antragsteller hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen und der Antragsgegnerin die ihr im Beschwerdeverfahren entstandenen notwendigen außergerichtlichen Auslagen zu erstatten.
Der Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 50.000 € festgesetzt.
Gründe:
I.
Der Antragsteller ist 1987 zur Rechtsanwaltschaft zugelassen worden. Die Antragsgegnerin widerrief mit Bescheid vom 6. Juni 2006 die Zulassung des Antragstellers gemäß § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO wegen Vermögensverfalls.
Den hiergegen gerichteten Antrag auf gerichtliche Entscheidung hat der Anwaltsgerichtshof zurückgewiesen. Gegen diese Entscheidung wendet sich der Antragsteller mit seiner sofortigen Beschwerde.
II.
Das Rechtsmittel ist zulässig (§ 42 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 4 BRAO), hat in der Sache aber keinen Erfolg. Die Zulassung des Antragstellers zur Rechtsanwaltschaft ist mit Recht widerrufen worden.
1. Die Rügen des Antragstellers, der Anwaltsgerichtshof habe sein Vorbringen in einem Schriftsatz vom 3. Oktober 2006 nicht berücksichtigt und zudem - obwohl er sein Fernbleiben im Termin vom 13. November 2006 im Nachhinein durch Vorlage eines ärztlichen Attestes hinreichend entschuldigt habe - in seiner Abwesenheit mündlich verhandelt, vermag dem Rechtsmittel nicht zum Erfolg zu verhelfen. Ein Schriftsatz des Antragstellers vom 3. Oktober 2006 ist nicht zu den Akten gelangt. Der Antragsteller hat einen solchen auch zu keinem Zeitpunkt - auch nicht in Form einer Abschrift oder Kopie - nachgereicht. Ob die vorgelegte "Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung" vom 13. November 2006 geeignet ist, das Fernbleiben des Antragstellers im Termin vor dem Anwaltsgerichtshof zu entschuldigen, erscheint zweifelhaft. Letztlich kommt es hierauf jedoch nicht entscheidend an. Der Senat entscheidet als Beschwerdegericht in dem für Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit geltenden Verfahren (§ 42 Abs. 5 und 6 BRAO). Er ermittelt als Tatsacheninstanz den Sachverhalt in eigener Verantwortung; auf Verfahrensfehler in der Vorinstanz kommt es damit grundsätzlich nicht an. Durch die Anhörung des Antragstellers im Beschwerdeverfahren würde eine etwaige Verletzung des rechtlichen Gehörs im Verfahren vor dem Anwaltsgerichtshof geheilt (Senat, Beschlüsse vom 13. Oktober 2003 - AnwZ (B) 36/02; vom 17. Mai 2004 - AnwZ (B) 48/03 und vom 25. April 2005 - AnwZ (B) 81/03).
2. Nach § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO ist (zwingend) die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft zu widerrufen, wenn der Rechtsanwalt in Vermögensverfall geraten ist, es sei denn, dass dadurch die Interessen der Rechtsuchenden nicht gefährdet sind. Die Zweifel des Antragstellers an der Verfassungsmäßigkeit dieser Bestimmung teilt der Senat nicht (vgl. zuletzt BVerfG, Beschl. vom 31. August 2005 - 1 BvR 912/04, NJW 2005, 3057).
Die Voraussetzungen für den Widerruf waren bei Erlass der angegriffenen Verfügung erfüllt.
a) Ein Vermögensverfall liegt vor, wenn der Rechtsanwalt in ungeordnete, schlechte finanzielle Verhältnisse geraten ist, die er in absehbarer Zeit nicht ordnen kann, und außerstande ist, seinen Verpflichtungen nachzukommen. Beweisanzeichen für einen Vermögensverfall sind die Erwirkung von Schuldtiteln und fruchtlose Zwangsvollstreckungsmaßnahmen gegen den Rechtsanwalt (st. Rspr., vgl. nur BGH, Beschl. vom 25. März 1991 - AnwZ (B) 73/90, BRAK-Mitt. 1991, 102; Beschl. vom 21. November 1994 - AnwZ (B) 40/94, BRAK-Mitt. 1995, 126). Der Vermögensverfall wird nach § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO vermutet, wenn der Rechtsanwalt in das vom Insolvenzgericht oder Vollstreckungsgericht zu führende Verzeichnis (§ 26 Abs. 2 InsO, § 915 ZPO) eingetragen ist. Zum Zeitpunkt des Widerrufs lagen gegen den Antragsteller sechs Eintragungen im Schuldnerverzeichnis des Amtsgerichts N. vor, so dass der Vermutungstatbestand gegeben war. Er hatte am 9. November 2005 die eidesstattliche Versicherung (§ 807 ZPO) abgegeben. In dem Vermögensverzeichnis anlässlich der eidesstattlichen Versicherung vom 9. November 2005 hatte der Antragsteller angegeben, dass er von dem Einkommen seiner Ehefrau lebe und bei Bedarf auch von seinem Vater finanziell unterstützt werde. Über nennenswertes unbelastetes Vermögen verfügte er nach seinen Angaben nicht. Sein Konto bei der Na. Sparkasse in B. wies ein Sollsaldo von ca. 30.000 € auf. Der Aufforderung der Antragsgegnerin, zu seinen Vermögensverhältnissen detailliert Stellung zu nehmen, ist der Antragsteller nicht nachgekommen. Dies geht zu seinen Lasten.
b) Anhaltspunkte dafür, dass ungeachtet des Vermögensverfalls die Interessen der Rechtsuchenden nicht gefährdet waren, lagen bei Erlass der Widerrufsverfügung nicht vor. Nach dem Gesetzeswortlaut ("es sei denn ...") führt der Vermögensverfall regelmäßig zu einer derartigen Gefährdung, insbesondere im Hinblick auf den Umgang des Rechtsanwalts mit Mandantengeldern und den möglichen Zugriff von Gläubigern auf diese.
2. Ein nachträglicher Wegfall des Widerrufsgrundes, der im gerichtlichen Verfahren zu berücksichtigen wäre (BGHZ 75, 356; 84, 149), liegt nicht vor.
Eine Konsolidierung seiner Vermögensverhältnisse hat der Antragsteller nicht dargetan. Sowohl im Verfahren vor dem Anwaltsgerichtshof als auch im Beschwerdeverfahren hat es der Antragsteller - trotz wiederholter entsprechender gerichtlicher Hinweise - bereits an der hierfür grundsätzlich unerlässlichen umfassenden Darlegung seiner Einkommens- und Vermögensverhältnisse fehlen lassen (vgl. Feuerich/Weyland, BRAO, 6. Aufl., § 14 Rdn. 59). Die im Schriftsatz vom 13. November 2006 angeführten Gesellschaftsbeteiligungen, insbesondere deren Werthaltigkeit, hat der Antragsteller nicht belegt. Die diesbezüglichen Ausführungen stehen zudem im Widerspruch zu den Angaben des Antragstellers anlässlich der eidesstattlichen Versicherung vom 9. November 2005. In der Anlage 1 zum Vermögensverzeichnis hatte damals der Antragsteller lediglich die Beteiligung an einer S. GmbH, umfirmiert in D. GmbH, angegeben und hierzu vermerkt, dass die erbrachte Einlage von ca. 25.000 € zwischenzeitlich verbraucht sei. Schließlich ist nach einer Mitteilung des Amtsgerichts N. vom 23. April 2007 der Antragsteller weiterhin mit sechs Eintragungen im dortigen Schuldnerverzeichnis eingetragen, so dass davon auszugehen ist, dass die zugrunde liegenden Forderungen fortbestehen.
3. Es kann auch nicht festgestellt werden, dass die Interessen der Rechtsuchenden durch den Vermögensverfall nicht (mehr) gefährdet sind. Ein Ausnahmefall im Sinne der Senatsrechtsprechung (vgl. Beschluss vom 18. Oktober 2004 - AnwZ (B) 43/03, NJW 2005, 511) liegt ersichtlich nicht vor. Hierfür genügt nicht, dass der Antragsteller - wie er geltend gemacht hat - nicht beabsichtigt, Fremdmandate anzunehmen, sondern nur in eigenen Angelegenheiten tätig sein will. Eine solche Selbstbeschränkung ist - worauf schon der Anwaltsgerichtshof zutreffend hingewiesen hat - nicht kontrollierbar und kann jederzeit aufgegeben werden (vgl. auch Senatsbeschlüsse vom 12. Januar 2004 - AnwZ (B) 17/03, vom 18. Oktober 2004 - AnwZ (B) 70/03, BRAK-Mitt. 2005, 27; vom 14. Juli 2003 - AnwZ (B) 61/02).
Ende der Entscheidung
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