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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 05.10.1998
Aktenzeichen: AnwZ (B) 18/98
Rechtsgebiete: BRAO, ZPO


Vorschriften:

BRAO § 42 Abs. 1 Nr. 3
BRAO § 14 Abs. 2 Nr. 8
ZPO § 915
ZPO § 901
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS

AnwZ (B) 18/98

vom

5. Oktober 1998

in dem Verfahren

wegen Widerrufs der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft

Der Bundesgerichtshof, Senat für Anwaltssachen, hat am 5. Oktober 1998 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Deppert, die Richter Dr. Fischer, Basdorf und Dr. Ganter, die Rechtsanwälte Dr. von Hase und Dr. Kieserling sowie die Rechtsanwältin Dr. Christian nach mündlicher Verhandlung

beschlossen:

Die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluß des 2. Senats des Schleswig-Holsteinischen Anwaltsgerichtshofs vom 17. November 1997 wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen und dem Antragsgegner die ihm im Beschwerdeverfahren entstandenen notwendigen außergerichtlichen Auslagen zu erstatten.

Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 100.000 DM festgesetzt.

Gründe

I.

Der Beschwerdeführer ist seit 1975 zur Rechtsanwaltschaft zugelassen. Nachdem der Antragsgegner die Zulassung des Beschwerdeführers zur Rechtsanwaltschaft bereits im November 1995 wegen Vermögensverfalls widerrufen, diese Verfügung jedoch nach Tilgungsnachweisen des Beschwerdeführers alsbald aufgehoben hatte, hat er die Zulassung des Beschwerdeführers am 13. Februar 1997 wegen Vermögensverfalls erneut widerrufen. Den Antrag auf gerichtliche Entscheidung hat der Anwaltsgerichtshof zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die sofortige Beschwerde.

II.

Das Rechtsmittel ist zulässig (§ 42 Abs. 1 Nr. 3 BRAO), bleibt jedoch in der Sache ohne Erfolg.

Nach § 14 Abs. 2 Nr. 8 BRAO ist die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft zu widerrufen, wenn der Rechtsanwalt in Vermögensverfall geraten ist, es sei denn, daß dadurch die Interessen der Rechtsuchenden nicht gefährdet sind. Nach dem Gesetz ist Vermögensverfall gegeben, wenn der Rechtsanwalt in ungeordnete, schlechte finanzielle Verhältnisse, die er in absehbarer Zeit nicht ordnen kann, geraten und außerstande ist, seinen Verpflichtungen nachzukommen; Beweisanzeichen hierfür sind insbesondere die Erwirkung von Schuldtiteln und Vollstreckungsmaßnahmen gegen ihn (st. Rspr.). Ein Vermögensverfall wird vermutet, wenn der Rechtsanwalt in das vom Vollstreckungsgericht zu führende Verzeichnis (§ 915 ZPO) eingetragen ist. Diese Voraussetzung war zum maßgeblichen Zeitpunkt der Widerrufsverfügung erfüllt. Im Schuldnerverzeichnis war wegen Forderungen des Versorgungswerks für Rechtsanwälte ein Haftbefehl gegen den Beschwerdeführer nach § 901 ZPO eingetragen. Die Eintragung - und damit die Vermutung des Vermögensverfalls - besteht im übrigen fort.

Die Einwendungen des Beschwerdeführers gegen die Berechtigung der Höhe der - mittlerweile auf über 100.000 DM angewachsenen - Ansprüche des Versorgungswerks sind haltlos; die Ansprüche sind auch der Höhe nach bestandskräftig festgestellt. Der Beschwerdeführer hat auch nicht etwa hinreichend dargetan, daß der Grund für den Widerruf der Zulassung nachträglich zweifelsfrei weggefallen wäre (vgl. BGHZ 84, 149, 150).

Zunächst fehlt es an einer hierfür grundsätzlich erforderlichen umfassenden Darlegung über die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Beschwerdeführers (vgl. Feuerich/Braun, BRAO 3. Aufl. § 14 Rd. 62), namentlich an einer Übersicht über seine Verbindlichkeiten und über seine laufenden Einkünfte. Jedenfalls im Blick darauf, daß nur verhältnismäßig kurze Zeit vor dem angefochtenen Widerruf schon einmal ein Widerruf wegen Vermögensverfalls aufgrund anderweitiger finanzieller Schwierigkeiten des Beschwerdeführers ausgesprochen worden war, ist eine derartige Übersicht hier auch nicht etwa deshalb entbehrlich, weil der Vermögensverfall vorliegend auf die Erkenntnisse über die hohen Verbindlichkeiten des Beschwerdeführers gegenüber einem einzigen Gläubiger gestützt worden ist.

Zudem vermag die Berufung des Beschwerdeführers auf eine ausreichende Sicherung seines Gläubigers durch das im Miteigentum des Beschwerdeführers stehende Hausgrundstück den Vermögensverfall nicht zu widerlegen. Trotz der abgelaufenen erheblichen Zeit, seit der Beschwerdeführer den - wie er weiß - seine Rechtsanwaltszulassung gefährdenden Forderungen des anwaltlichen Versorgungswerks ausgesetzt ist, konnte dieser Vermögensgegenstand zugunsten des Gläubigers weder durch Zwangsvollstreckung noch im Wege eines freien Verkaufs verwertet werden. Der Beschwerdeführer hat auch nicht etwa mittels eines durch seinen Grundstücksanteil abzusichernden Kredits wenigstens Teilleistungen auf die in Frage stehende Schuld erbracht. Bei dieser Sachlage bleibt sein Hinweis auf den - eben nur abstrakten, für die Beurteilung des vorliegenden, besonders gelagerten Falls nicht maßgeblichen - Wert eines vergleichbaren Grundstücks für eine Widerlegung seines Vermögensverfalls bedeutungslos.

Ungeachtet der Besonderheit, die darin liegt, daß der Vermögensverfall vorliegend letztlich durch eine einzige Schuld begründet wird und daß deren Gläubiger eine anwaltliche Institution ist, kann schließlich auch nicht angenommen werden, daß durch den Vermögensverfall die Interessen der Rechtsuchenden - ausnahmsweise - nicht gefährdet wären. Eine Unterlassung jeglicher Vollstreckungsversuche, die Vermögenswerte von Mandanten des Beschwerdeführers berühren könnten, wird das anwaltliche Versorgungswerk schon im Interesse der Gesamtheit seiner Mitglieder nicht gewährleisten können. Eine erhöhte Rücksichtnahme wird der Beschwerdeführer zudem um so weniger erwarten können, als sein eigenes Verhalten - trotz der ihm seit langer Zeit wegen dieser Forderungen bekannten Gefährdung seiner anwaltlichen Zulassung - keinerlei Entgegenkommen gegenüber diesem Gläubiger erkennen läßt. So bleibt unverständlich, daß er nicht wenigstens die Teilbeträge seiner Schuld entrichtet hat, zu denen er sich selbst nach seinem eigenen Vorbringen verpflichtet sehen muß. Anhaltspunkte dafür, daß ausnahmsweise beim Beschwerdeführer keine Mandantengelder auf seinen eigenen Konten eingehen, sind weder dargetan noch sonst ersichtlich. Deshalb ist ein Zugriff des Gläubigers auf solche Gelder nicht ausgeschlossen.

Ende der Entscheidung

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