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Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 22.04.2002
Aktenzeichen: AnwZ (B) 24/01
Rechtsgebiete: BRAO, RAG
Vorschriften:
BRAO § 4 | |
RAG § 4 Abs. 1 | |
RAG § 4 Abs. 1 Nr. 1 |
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS
vom
22. April 2002
in dem Verfahren
wegen Zulassung zur Rechtsanwaltschaft
Der Bundesgerichtshof, Senat für Anwaltssachen, hat durch den Präsidenten des Bundesgerichtshofs Professor Dr. Hirsch, die Richter Basdorf, Schlick und die Richterin Dr. Otten sowie die Rechtsanwälte Professor Dr. Salditt, Dr. Kieserling und die Rechtsanwältin Kappelhoff am 22. April 2002 beschlossen:
Tenor:
Die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluß des I. Senats des Anwaltsgerichthofes Berlin vom 22. Juni 2000 wird zurückgewiesen.
Der Antrag des Antragstellers, ihm für das Beschwerdeverfahren Prozeßkostenhilfe zu bewilligen, wird zurückgewiesen.
Der Antragsteller hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen und der Antragsgegnerin die ihr im Beschwerdeverfahren entstandenen notwendigen außergerichtlichen Auslagen zu erstatten.
Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 46.016,27 € (90.000 DM) festgesetzt.
Gründe:
I.
Der Antragsteller hatte als Staatsbürger der ehemaligen UDSSR von 1977 bis 1983 Rechtswissenschaften an der Staatlichen Universität in W. studiert und mit der Qualifikation "Jurist" abgeschlossen. Er ist berechtigt, den akademischen Grad "Diplomjurist" zu führen. Seit 1983 lebte er in der ehemaligen DDR und arbeitete dort als Justitiar. Nach der Wiedervereinigung war er u.a. als Privatdozent an der Humboltdtuniversität Berlin und freier Mitarbeiter einer Rechtsanwaltskanzlei tätig. Seit 1996 ist er deutscher Staatsangehöriger.
Seinen Antrag, ihn als Rechtsanwalt nach § 4 Abs. 1 Rechtsanwaltsgesetz (RAG) zur Rechtsanwaltschaft und als Rechtsanwalt bei dem Landgericht Berlin zuzulassen, hat die Präsidentin des Kammergerichts - als Vorgängerin der Rechtsanwaltskammer Berlin, auf die die Befugnisse und Aufgaben der BRAO gemäß Verordnung vom 12. Juli 1999 (GVBl. 1999 S. 433) übergegangen sind - mit Schreiben vom 10. August 1999 zurückgewiesen. Seinen dagegen gerichteten Antrag auf gerichtliche Entscheidung hat der Anwaltsgerichtshof durch Beschluß vom 22. Juni 2000 - auch soweit der Antragsteller die Bestätigung der Gleichwertigkeit seines Diploms mit dem des Diplomjuristen der DDR und die Verpflichtung der Antragsgegnerin zur Zulassung begehrt hat - zurückgewiesen. Dagegen wendet sich der Antragsteller mit seiner sofortigen Beschwerde, mit der er die Aufhebung des angefochtenen Beschlusses erstrebt. Er hat zugleich beantragt, ihm Prozeßkostenhilfe zu bewilligen.
II.
Das zulässige Rechtsmittel hat keinen Erfolg.
Der Antragsteller hat keinen Anspruch auf Zulassung zur Rechtsanwaltschaft. Die Voraussetzungen für den hier allein in Betracht kommenden Erwerb der anwaltlichen Befähigung nach Art. 21 Abs. 8 des BRAO-Neuordnungsgesetzes vom 2. September 1994 (BGBl. I S. 2278) in Verbindung mit § 4 Abs. 1 des Rechtsanwaltsgesetzes (RAG) der ehemaligen DDR vom 13. September 1990 (GBl. I S. 1504) liegen nicht vor. Der Antragsteller hat nicht - wie § 4 Abs. 1 Nr. 1 RAG vorschreibt - ein umfassendes Hochschulstudium mit dem akademischen Grad eines Diplomjuristen in der DDR abgeschlossen. Der Studienabschluß der Universität W. ersetzt diese Voraussetzung nicht.
Allerdings hat der Senat entschieden, daß Deutsche aus der früheren DDR auch durch ein umfassendes juristisches Hochschulstudium im Ausland, das von der DDR aufgrund einer Äquivalenzvereinbarung anerkannt war, die Voraussetzung des § 4 Abs. 1 Nr. 1 RAG erfüllen können (Senatsbeschluß vom 30. Oktober 1995 - AnwZ (B) 26/95, BRAK-Mitt. 1996, 84, 85). Eine weitere Ausdehnung dieser Bestimmung dahin, daß auch Angehörige osteuropäischer Staaten, die in ihrem Heimatland einen dem Diplomjuristen vergleichbaren und in der DDR anerkannten juristischen Abschluß erreicht haben, zur Rechtsanwaltschaft zugelassen werden können, hat er hingegen abgelehnt (Senatsbeschluß vom 4. Mai 1998 - AnwZ (B) 3/98, BRAK-Mitt. 1999, 90). An dieser Rechtsprechung hält der Senat fest.
Entgegen der Auffassung des Antragstellers ist diese Auslegung verfassungsrechtlich unbedenklich und verstößt auch nicht gegen völkerrechtliche Verpflichtungen. Der an der Universität in W. von dem Antragsteller erworbene Studienabschluß ist auch im wiedervereinigten Deutschland als gleichwertig mit dem Abschluß "Diplomjurist" in der DDR anerkannt. Daraus folgt jedoch nicht, daß dieser Abschluß auch zur Zulassung zur Rechtsanwaltschaft berechtigt.
Die gegenüber § 4 BRAO erleichterte Rechtsanwaltzulassung nach § 4 Abs. 1 RAG war durch die historische Situation der Wiedervereinigung bestimmt. Nach der Wiederherstellung der staatlichen Einheit sollte sie zu einer angemessenen Beteiligung aller Deutschen an der gesamtgesellschaftlichen Aufgabe der Rechtspflege beitragen (Senatsbeschluß vom 4. Mai 1998 - AnwZ (B) 3/98, aaO). Demzufolge waren die eigentlichen Adressaten der Bestimmung die deutschen Diplomjuristen in der früheren DDR, wenn sie sich auch nicht ausdrücklich auf diesen Personenkreis beschränkte und Ausländer, die ein juristisches Hochschulstudium in der DDR absolviert hatten, nicht von der Regelung ausgenommen worden waren. Vor diesem Hintergrund war es zwar geboten, Deutschen aus der früheren DDR, die ein Auslandsstudium mit einem in der DDR anerkannten, dem Diplomjuristen gleichgestellten Abschluß absolviert hatten, ebenfalls den Zugang zur Rechtsanwaltschaft zu ermöglichen, hingegen forderte der Sinn und Zweck dieser Regelung nicht, auch Angehörigen anderer Staaten mit vergleichbarem Studiengang und Abschluß in ihrem Heimatland, die in der früheren DDR gelebt haben, ebenfalls den Zugang zur Rechtsanwaltschaft zu ermöglichen. Denn anders als die Deutschen in der früheren DDR, die nach deren Beitritt ohne diese Regelung keine Rechtsanwaltszulassung im wiedervereinigten Deutschland hätten erhalten können, war es den in der früheren DDR tätigen Angehörigen anderer Staaten möglich, ihren Beruf in ihrem Heimatstaat auszuüben. Zudem würde - wie bereits im Senatsbeschluß vom 4. Mai 1998 ausgeführt - ein erleichterter Zugang zur Rechtsanwaltschaft für diesen Personenkreis zu einer nicht gerechtfertigten Bevorzugung gegenüber den in der alten Bundesrepublik lebenden Ausländern mit ausländischen Studienabschlüssen führen, die grundsätzlich die Voraussetzungen des § 4 BRAO erfüllen oder als EU-Angehörige den erfolgreichen Abschluß einer Eignungsprüfung nachweisen müssen.
Da mithin die Rechtsverfolgung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet, war auch der Prozeßkostenhilfeantrag zurückzuweisen (§ 42 Abs. 6 Satz 2 BRAO i. V. m. §§ 114 ZPO, 14 FGG).
Ende der Entscheidung
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