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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 12.01.2004
Aktenzeichen: AnwZ (B) 24/03
Rechtsgebiete: BRAO


Vorschriften:

BRAO § 226 Abs. 2
Auch nach dem 1. Juli 2002 darf die Zulassung eines Rechtsanwalts beim Oberlandesgericht von einer mindestens fünfjährigen Zulassung bei einem Gericht des ersten Rechtszuges abhängig gemacht werden.
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS

Anwz (B) 24/03

vom 12. Januar 2004

in dem anwaltsgerichtlichen Verfahren

wegen Zulassung beim Oberlandesgericht

Der Bundesgerichtshof, Senat für Anwaltssachen, hat durch die Vorsitzende Richterin Dr. Deppert, die Richter Basdorf, Dr. Ganter und Dr. Ernemann sowie die Rechtsanwälte Dr. Schott, Dr. Wüllrich und Dr. Frey am 12. Januar 2004 beschlossen:

Tenor:

Die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluß des 2. Senats des Niedersächsischen Anwaltsgerichtshofes in Celle vom 26. Februar 2003 wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen und der Antragsgegnerin die ihr im Beschwerdeverfahren entstandenen notwendigen außergerichtlichen Auslagen zu erstatten.

Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 30.000 € festgesetzt.

Gründe:

I.

Der Antragsteller ist seit 18. März 2000 zur Rechtsanwaltschaft und als Rechtsanwalt - zuletzt beim Amts- und Landgericht B. - zugelassen. Zum 1. Juli 2002 begehrte er die Zulassung zum Oberlandesgericht B. - . Mit Bescheid vom 13. Juni 2002 lehnte die Antragsgegnerin diesen Antrag unter Hinweis auf § 20 Abs. 1 Nr. 4 BRAO in der bis zum 31. Juli 2001 geltenden Fassung ab.

Den hiergegen gestellten Antrag auf gerichtliche Entscheidung hat der Anwaltsgerichtshof durch Beschluß vom 26. Februar 2003 (veröffentlicht in BRAK-Mitt. 2003, 137) zurückgewiesen. Dagegen wendet sich der Antragsteller mit seiner sofortigen Beschwerde.

II.

Das Rechtsmittel ist zulässig (§ 42 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 4 BRAO); es hat jedoch keinen Erfolg.

Das Begehren des Antragstellers ist nach § 226 Abs. 2 BRAO zu beurteilen (vgl. hierzu Senatsbeschluß vom heutigen Tage in der Sache AnwZ (B) 77/03). Die von dem Antragsteller gegen die zeitliche Zulassungssperre geäußerten verfassungsrechtlichen Bedenken sind unbegründet. Die Regelung, daß der beim Oberlandesgericht zugelassene Rechtsanwalt bereits über anwaltliche Erfahrungen verfügen muß und daß hierfür regelmäßig eine fünfjährige Berufsausübung bei den unteren Instanzen vorausgesetzt wird, betrifft lediglich die Berufsausübung; als solche hält sie sich in dem durch Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG vorgegebenen Rahmen (BGHZ 82, 333, 336; BGH, Beschl. v. 25. Januar 1999 - AnwZ (B) 56/98, BRAK-Mitt. 1999, 142 - gebilligt durch BVerfG NJW 2001, 1561).

Daß durch das Gesetz zur Reform des Zivilprozesses vom 27. Juli 2001 (BGBl. I 1887) der Prüfungsumfang des Berufungsgerichts eingeschränkt worden ist (vgl. §§ 529, 531 ZPO), wodurch die erste Instanz an Bedeutung gewonnen hat, rechtfertigt - entgegen der Ansicht des Antragstellers - nicht, jeden Rechtsanwalt, der bei der ersten Instanz zugelassen ist, auch vor dem Oberlandesgericht auftreten zu lassen. Durch die Einschränkung des Prüfungsumfangs des Berufungsgerichts ist die Aufgabe des Berufungsanwalts, insbesondere die Beurteilung, welche Angriffs- oder Verteidigungsmittel jetzt noch zulässigerweise vorgebracht werden können, nicht einfacher geworden, sondern eher schwieriger.

Daß neu zugelassene Rechtsanwälte "vor nahezu allen Gerichten und auch Bundesgerichten" auftreten dürften, trifft zumindest für die ordentliche Gerichtsbarkeit nicht zu. Aus dem Umstand, daß das Bundesverfassungsgericht die bisherigen Rechtsanwälte mit Singularzulassung beim Oberlandesgericht nicht vor der Konkurrenz derjenigen Berufskollegen geschützt hat, die unter Beibehaltung der - seit mindestens fünf Jahren bestehenden - Zulassung beim Amts- und Landgericht die Zulassung beim Oberlandesgericht erstreben, kann der Antragsteller gleichfalls nichts für sich herleiten. Rechtsanwälte mit Simultanzulassung mögen zwar - worauf der Antragsteller hinweist - gegenüber den nur beim Amts- und Landgericht zugelassenen Kollegen einen Wettbewerbsvorteil haben. Da der Gesetzgeber zum Schutze der rechtsuchenden Bevölkerung die Zulassung beim Oberlandesgericht von einer mehrjährigen Berufserfahrung abhängig machen durfte, muß ein Rechtsanwalt, der nicht darüber verfügt, den daraus folgenden vorübergehenden Wettbewerbsnachteil hinnehmen.



Ende der Entscheidung

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