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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 24.09.2001
Aktenzeichen: AnwZ (B) 34/01
Rechtsgebiete: BRAO


Vorschriften:

BRAO § 14 Abs. 2 Nr. 7
BRAO § 16 Abs. 6 Satz 5
BRAO § 43 a Abs. 5
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS

AnwZ (B) 34/01

vom

24. September 2001

in dem Verfahren

wegen Widerrufs der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft;

hier: Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der sofortigen Beschwerde

Der Bundesgerichtshof, Senat für Anwaltssachen, hat durch die Vorsitzende Richterin Dr. Deppert, die Richter Dr. Fischer, Dr. Ganter und die Richterin Dr. Otten sowie die Rechtsanwälte Dr. Schott, Dr. Frey und Dr. Wosgien am 24. September 2001 beschlossen:

Tenor:

Die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluß des 1. Senats des Anwaltsgerichthofs des Landes Sachsen-Anhalt in Naumburg vom 26. Januar 2001 hat aufschiebende Wirkung.

Gründe:

Der Antragsteller war 1976 in das Kollegium der Rechtsanwälte im Bezirk M. aufgenommen worden und zugleich als Rechtsanwalt zugelassen. Nach der Wiedervereinigung und der Neuordnung der Gerichtsstrukturen ist er als Rechtsanwalt bei dem Landgericht M. und dem Amtsgericht Sch. , seit 1993 auch bei dem Oberlandesgericht N. zugelassen. Durch Verfügung vom 17. November 2000 hat die Antragsgegnerin die Zulassung des Antragsstellers nach § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO wegen Vermögensverfalls widerrufen und zugleich die sofortige Vollziehung dieser Verfügung angeordnet (§ 16 Abs. 6 Satz 2 BRAO). Der Anwaltsgerichtshof hat den Antrag auf gerichtliche Entscheidung und den Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung zurückgewiesen. Gegen die Zurückweisung des Antrags auf gerichtliche Entscheidung hat der Antragsteller sofortige Beschwerde eingelegt. Er hat zugleich beantragt, vorab deren aufschiebende Wirkung wiederherzustellen.

II.

Der Antrag ist gemäß § 16 Abs. 6 Satz 5 BRAO zulässig; er hat auch in der Sache Erfolg.

Die sofortige Vollziehung des Widerrufsbescheids darf - als Ausnahmefall - nur angeordnet werden, wenn sie im überwiegenden öffentlichen Interesse zu einer schon vor Bestandskraft der Widerrufsverfügung notwendigen Abwehr konkreter Gefahren für wichtige Gemeinschaftsgüter geboten ist. Erste Voraussetzung für eine solche Anordnung ist die hohe Wahrscheinlichkeit, daß die Widerrufsverfügung Bestandskraft erlangen wird. Wegen des mit der Anordnung verbundenen Eingriffs in die Freiheit der Berufswahl (Art 12 Abs. 1 GG) ist jedoch des weiteren zu verlangen, daß die sofortige Vollziehung als Präventivmaßnahme im überwiegenden öffentlichen Interesse zur Abwehr konkreter Gefahren für die Rechtsuchenden oder die Rechtspflege erforderlich ist (vgl. BVerfGE 44, 105, 121; 48, 292, 296, 298; BGH, Beschlüsse v. 2. Juni 1993 - AnwZ (B) 27/93, BRAK-Mitt. 1993, 171; v. 14. März 1994 - AnwZ (B) 9/94, BRAK-Mitt. 1994, 176, 177; v. 19. Juni 1998 - AnwZ (B) 38/98, BRAK-Mitt. 1998, 235, 236; v. 16. Juli 2001 - AnwZ (B) 61/00).

Eine hohe Wahrscheinlichkeit, daß die Widerrufsverfügung Bestandskraft erlangt, ist allerdings gegeben. Der Antragsteller hat im Beschwerdeverfahren angegeben, daß zwischenzeitlich das Insolvenzverfahren eingeleitet und mit seiner Eröffnung demnächst zu rechnen sei. Daß die Eröffnung des Insolvenzverfahrens eine Gefährdung der Rechtsuchenden nicht ausschließt, hat der Senat bereits entschieden (BGH, Beschluß vom 14. Februar 2000 - AnwZ (B) 15/99; BGH, Beschluß vom 13. März 2000 - AnwZ (B) 28/99). Eine über die abstrakte Gefährdung der Interessen der Rechtsuchenden - als Voraussetzung des Widerrufs nach § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO - hinausgehende, zur Rechtfertigung des Sofortvollzugs erforderliche konkrete Gefährdung der Rechtsuchenden ist aber weder von der Antragsgegnerin noch vom Anwaltsgerichtshof aufgezeigt worden. Die Antragsgegnerin hat die Anordnung des Sofortvollzugs darauf gestützt, es sei "die Vermutung nicht ausgeräumt, daß der Antragsteller keinerlei Vorsorge getroffen habe, um eingehende Zahlungen zugunsten (seiner) Mandanten zu sichern". Dies reicht hier zur Begründung einer auf Tatsachen gestützten konkreten Gefährdung der Interessen der Mandanten nicht aus. Daß der Antragsteller entgegen seiner Verpflichtung nach § 43 a Abs. 5 BRAO kein Anderkonto unterhält oder sonst den dort normierten Pflichten nicht nachgekommen ist, ist nicht ersichtlich. Soweit der Anwaltsgerichtshof die konkrete Gefährdung der Rechtsuchenden auch deshalb als gegeben angesehen hat, weil der Antragsteller im Hinblick auf eine gegen ihn geltend gemachte Forderung in Höhe von 1.310,25 DM im Widerrufsverfahren wahrheitswidrig vorgetragen habe, kann dahinstehen, ob dieser vom Antragsteller bestrittene Vorwurf berechtigt ist. Angesichts der Höhe der vom Antragsteller im Widerrufsverfahren von sich aus eingeräumten Verbindlichkeiten von ca. 2,5 Mio. DM kann daraus allein nicht der Schluß gezogen werden, der Antragsteller versuche, seine wahre Vermögenslage zu verschleiern.

Ende der Entscheidung

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