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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 01.03.2004
Aktenzeichen: AnwZ (B) 37/03 (1)
Rechtsgebiete: BRAO


Vorschriften:

BRAO § 14 Abs. 2 Nr. 7
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS

AnwZ (B) 37/03

vom

1. März 2004

in dem Verfahren

wegen Widerrufs der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft

Der Bundesgerichtshof, Senat für Anwaltssachen, hat durch den Präsidenten des Bundesgerichtshofs Prof. Dr. Hirsch, die Richter Basdorf, Dr. Ganter und Dr. Ernemann, den Rechtsanwalt Dr. Kieserling sowie die Rechtsanwältinnen Dr. Hauger und Kappelhoff am 1. März 2004 nach mündlicher Verhandlung

beschlossen:

Tenor:

Die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluß des I. Senats des Anwaltsgerichtshofs in der Freien und Hansestadt Hamburg vom 1. April 2003 wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen und der Antragsgegnerin die ihr im Beschwerdeverfahren entstandenen notwendigen außergerichtlichen Auslagen zu erstatten.

Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 50.000 € festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Antragsgegnerin widerrief mit Bescheid vom 27. Juni 2002 die Zulassung des Antragstellers zur Rechtsanwaltschaft wegen Vermögensverfalls nach § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO. Über das Vermögen des Antragstellers war bereits am 10. April 2002 das Insolvenzverfahren eröffnet worden. Im Hinblick darauf, daß der Antragsteller nicht mehr befugt war, über sein Vermögen zu verfügen, sah die Antragsgegnerin davon ab, die sofortige Vollziehung der Widerrufsverfügung anzuordnen.

Mit Schreiben vom 22. November 2002 informierte der Insolvenzverwalter die Antragsgegnerin darüber, daß der Antragsteller seit 1999 "keinerlei geordnete Buchhaltung" durchgeführt und von einem Mandanten am 16. Mai 2002 bar einen Honorarvorschuß von 2.132 € "hinter dem Rücken" des Insolvenzverwalters vereinnahmt habe; zugleich regte er an, über die sofortige Vollziehung der Widerrufsverfügung erneut zu befinden.

Unter Hinweis auf dieses Schreiben ordnete die Antragsgegnerin mit Bescheid vom 17. März 2003 den Sofortvollzug der Widerrufsverfügung an.

Den gegen den Widerruf gestellten Antrag auf gerichtliche Entscheidung hat der Anwaltsgerichtshof mit Beschluß vom 1. April 2003 zurückgewiesen. Hiergegen wendet sich der Antragsteller mit der am 2. Mai 2003 eingelegten sofortigen Beschwerde.

Mit Schriftsatz vom 2. April 2003 hatte der Antragsteller beantragt, die aufschiebende Wirkung seines Rechtsmittels wiederherzustellen. Diesen Antrag hat der Senat mit Beschluß vom 21. Juli 2003 zurückgewiesen.

II.

Das Rechtsmittel ist zulässig ( § 42 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 4 BRAO), bleibt jedoch in der Sache ohne Erfolg.

1. Nach § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO ist die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft zu widerrufen, wenn der Rechtsanwalt in Vermögensverfall geraten ist, es sei denn, daß dadurch die Interessen der Rechtsuchenden nicht gefährdet sind. Vermögensverfall ist gegeben, wenn der Rechtsanwalt in ungeordnete, schlechte finanzielle Verhältnisse geraten ist, diese in absehbarer Zeit nicht ordnen kann und außerstande ist, seinen Zahlungsverpflichtungen nachzukommen. Ein Vermögensverfall wird vermutet, wenn ein Insolvenzverfahren über das Vermögen des Rechtsanwalts eröffnet oder dieser in das vom Vollstreckungsgericht oder Insolvenzgericht zu führende Verzeichnis (§§ 915 ZPO, 26 Abs. 2 InsO) eingetragen ist.

2. Diese Voraussetzungen waren zum Zeitpunkt des Erlasses der Widerrufsverfügung erfüllt; sie sind es auch heute noch.

a) Über das Vermögen des Antragstellers wurde im April 2002 das Insolvenzverfahren eröffnet. In der zum 10. April 2002 erstellten Vermögensübersicht des Insolvenzverwalters werden Insolvenzforderungen von nahezu 350.000 € ausgewiesen, denen eine freie Masse von lediglich ca. 13.000 € gegenübersteht.

b) Der Antragsteller macht in seiner Beschwerdebegründung im wesentlichen geltend, daß die Interessen der Rechtsuchenden infolge der Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht gefährdet seien.

Dem ist nicht zu folgen.

Im vorrangigen Interesse der Rechtsuchenden kommt es in Fällen eines eröffneten Insolvenzverfahrens allenfalls in extrem gelagerten Ausnahmefällen in Betracht, eine Gefährdung der Interessen der Rechtsuchenden durch den Vermögensverfall zu verneinen (Senatsbeschlüsse vom 13. März 2000 - AnwZ (B) 28/99 - BRAK-Mitt. 2000, 144 und vom 14. Juli 2003 - AnwZ (B) 61/02 m.w.N.; Verfassungsbeschwerde nicht angenommen, Kammerbeschluß des BVerfG vom 17. September 2003 - 1 BvR 1848/03).

Ein solcher Fall liegt nicht vor. Im Gegenteil sind, wie der Senat bereits in seinem den Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der sofortigen Beschwerde zurückweisenden Beschluß vom 21. Juli 2003 ausgeführt hat, die jahrelange mangelhafte Buchführung des Antragstellers und insbesondere die Entgegennahme von Mandantengeldern "hinter dem Rücken" des Insolvenzverwalters als Beleg dafür anzusehen, daß die Interessen der Rechtsuchenden konkret gefährdet worden sind.

c) Der Antragsteller hat auch nicht den ihm obliegenden Nachweis geführt, daß seine Vermögensverhältnisse nunmehr geordnet sind. Die vorgelegten Steuererklärungen belegen schon nicht eine Konsolidierung der Vermögensverhältnisse gegenüber dem Finanzamt, geschweige denn gegenüber den übrigen Gläubigern.

Ende der Entscheidung

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