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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 06.03.2006
Aktenzeichen: AnwZ (B) 37/05
Rechtsgebiete: BRAO, FAO


Vorschriften:

BRAO § 43 c
FAO § 5
Für den Nachweis besonderer praktischer Erfahrung im Steuerrecht genügt es, wenn der Rechtsanwalt die in § 5 Satz 1 Buchst. b genannten Fälle ausschließlich als Angestellter einer Steuerberatungsgesellschaft bearbeitet hat.
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS

AnwZ (B) 37/05

vom 6. März 2006

in dem Verfahren

wegen Verleihung der Fachanwaltsbezeichnung für das Steuerrecht

Der Bundesgerichtshof, Senat für Anwaltssachen, hat durch den Präsidenten des Bundesgerichtshofs Prof. Dr. Hirsch, die Richter Basdorf, Dr. Ernemann, Dr. Schmidt-Räntsch und die Rechtsanwälte Dr. Schott, Dr. Wüllrich und Dr. Frey am 6. März 2006

beschlossen:

Tenor:

Die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des I. Senats des Anwaltsgerichtshofs Berlin vom 9. Dezember 2004 wird zurückgewiesen.

Die Antragsgegnerin hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen und dem Antragsteller die ihm im Beschwerdeverfahren entstandenen notwendigen Auslagen zu erstatten.

Der Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 12.500 € festgesetzt.

Gründe:

I.

Der Antragsteller ist seit dem 18. Januar 1999 zur Rechtsanwaltschaft und seit 5. Februar 1999 bei dem Landgericht B. zugelassen. Seit dem 10. Mai 1999 arbeitet er als angestellter Rechtsanwalt bei der T. Steuerberatungsgesellschaft GmbH. Der Antragsteller beantragte mit Schreiben vom 11. Juni 2002 bei der Antragsgegnerin, ihm die Führung der Bezeichnung "Fachanwalt für Steuerrecht" zu gestatten. Zum Nachweis der besonderen praktischen Erfahrungen legte er eine Fallliste mit 65 Fällen vor. Alle Fälle hatte der Antragsteller als angestellter Anwalt der T. Steuerberatungsgesellschaft mbH bearbeitet. Diese bestätigte mit Schreiben vom 20. Juni 2003, dass der Antragsteller die ihm übertragenen Arbeiten fachlich unabhängig und selbständig bearbeitet habe. Der Fachanwaltsausschuss bewertete die vorgelegten Fälle als 56,5 Fälle im Sinne des § 5 FAO und befürwortete den Antrag. Der Vorstand der Antragsgegnerin teilte diese Ansicht nicht.

Die Antragsgegnerin hat den Antrag mit Bescheid vom 10. September 2003 abgelehnt. Der Nachweis der praktischen Erfahrungen nach § 5 FAO sei nicht geführt, weil der Antragsteller die zum Nachweis der besonderen praktischen Erfahrungen vorgelegten Fälle im Rahmen eines Angestelltenverhältnisses bearbeitet habe. Das reiche aber, wie bei einem Verbandssyndikus (Senatsbeschl. v. 13. Januar 2003, AnwZ (B) 25/02, NJW 2003, 883, 884), allein nicht zum Nachweis der besonderen praktischen Erfahrungen aus. Auf den Antrag des Antragstellers auf gerichtliche Entscheidung hat der Anwaltsgerichtshof die Antragsgegnerin unter Aufhebung von deren Bescheid verpflichtet, dem Antragsteller die Befugnis zu erteilen, die Bezeichnung Fachanwalt für Steuerrecht zu führen. Dagegen richtet sich die vom Anwaltsgerichtshof zugelassene sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin.

Die Beteiligten haben auf die mündliche Verhandlung verzichtet.

II.

Das form- und fristgerecht eingelegte Rechtsmittel ist zulässig (§ 223 Abs. 3 Satz 1, Abs. 4, § 42 Abs. 4 BRAO), hat in der Sache aber keinen Erfolg.

1. Die Antragsgegnerin ist nach § 43c Abs. 1 Sätze 1 und 2 BRAO verpflichtet, einem Rechtsanwalt die Befugnis zu verleihen, die Bezeichnung als Fachanwalt für das Steuerrecht zu führen, der auf diesem Gebiet besondere Kenntnisse und Fähigkeiten erworben hat. Die dazu namentlich in §§ 2, 4 und 5 Satz 1 Buchstabe b FAO vorgeschriebenen Nachweise hat der Antragsteller durch die von ihm vorgelegten schriftlichen Unterlagen erbracht. Das stellt die Antragsgegnerin nicht in Abrede. Sie versagt dem Antragsteller die Befugnis, die Bezeichnung als Fachanwalt für Steuerrecht zu führen, allein deshalb, weil der Antragsteller die von ihm zum Nachweis seiner praktischen Erfahrung auf dem Gebiet des Steuerrechts benannten und dazu inhaltlich auch ausreichenden Fälle nicht als selbständiger Rechtsanwalt, sondern als angestellter Rechtsanwalt einer Steuerberatungsgesellschaft bearbeitet habe. Darin liege keine persönliche und weisungsfreie Bearbeitung als Rechtsanwalt im Sinne von § 5 Satz 1 Halbsatz 1 FAO. Jedenfalls bedürfe es daneben auch der Bearbeitung einer erheblichen Anzahl nicht unbedeutender Mandate im Rahmen selbständiger anwaltlicher Tätigkeit. Beides trifft nicht zu.

2. Eine persönliche und weisungsfreie Bearbeitung von Mandaten als Rechtsanwalt im Sinne des § 5 Satz 1 Halbsatz 1 FAO liegt auch vor, wenn solche Mandate unter diesen Bedingungen von einem Rechtsanwalt betreut werden, der bei einer Steuerberatungsgesellschaft angestellt ist.

a) Entgegen der Annahme der Antragsgegnerin scheitert eine persönliche und weisungsfreie Bearbeitung solcher Fälle als Rechtsanwalt nicht schon an den Vertretungsverboten des § 46 BRAO.

aa) Ein Rechtsanwalt darf zwar nach § 46 Abs. 1 BRAO für einen Auftraggeber, dem er auf Grund eines ständigen Dienst- und ähnlichen Beschäftigungsverhältnisses seine Arbeitszeit und -kraft zur Verfügung stellen muss, vor Gerichten nicht in seiner Eigenschaft als Rechtsanwalt tätig werden. Dieser Fall liegt bei einem angestellten Rechtsanwalt, der unabhängig und weisungsfrei Mandate bearbeitet, die sein Arbeitgeber oder Dienstherr übernommen hat, nicht vor. Auftraggeber ist derjenige, dessen Interessen vor Gericht vertreten werden sollen. Das ist aber nicht der Arbeitgeber oder Dienstherr des angestellten Rechtsanwalts, sondern der Mandant, der den Arbeitgeber oder Dienstherrn des Rechtsanwalts mit der Wahrnehmung seiner Interessen beauftragt hat. Dieser hat auf Grund des Mandats kein Direktionsrecht gegenüber dem angestellten Rechtsanwalt der Gesellschaft.

bb) Auch ein Vertretungsverbot nach § 46 Abs. 2 BRAO liegt nicht vor.

(1) Fraglich ist schon, ob die Wahrnehmung des Mandats einer Steuerberatungsgesellschaft durch einen angestellten Rechtsanwalt dieser Gesellschaft begrifflich die Beratung in derselben Angelegenheit sein kann. Zwar befasst sich der angestellte Rechtsanwalt mit einem solchen Mandat, weil er durch den Anstellungsvertrag zur Dienstleistung verpflichtet ist. Inhalt seiner Dienstverpflichtung ist aber nicht die Beratung seines Arbeitgebers oder Dienstherrn, sondern die Beratung des Mandanten (BVerfG NJW 2002, 503 für den Rechtsanwalt, der auf Grund einer Vereinbarung mit einem Mietverein dessen Mitglieder berät). Hiervon gehen auch Vorschriften wie § 62a Abs. 2 FGO aus. Danach sind Steuerberatungsgesellschaften zur Vertretung vor dem Bundesfinanzhof nur berechtigt, wenn sie durch Steuerberater oder Rechtsanwälte handeln. Diese Regelung liefe leer, läge hier ein Vertretungsverbot nach § 46 Abs. 2 BRAO vor.

(2) Jedenfalls ist die Auslegung von § 46 Abs. 2 BRAO an den Anforderungen auszurichten, welche die Berufsfreiheit des Art. 12 Abs. 1 GG stellt. Bei der danach gebotenen verfassungskonformen einschränkenden Auslegung ist unter einem "ständigen Dienst- oder sonstigen Beschäftigungsverhältnis" in § 46 BRAO nur eine solche Vertragsbeziehung zu verstehen, bei der die Gefahr einer Interessenkollision entstehen kann (BVerfG NJW 2002, 503). Es muss zu besorgen sein, dass die Weisungs- und Richtlinienkompetenz des Arbeitgebers in die Tätigkeit des Rechtsanwalts hineinwirkt. Ohne eine solche Einwirkung fehlt es an einer Rechtfertigung für die in § 46 BRAO bestimmten Einschränkungen der Berufsfreiheit. Dies entspricht im Übrigen auch den Vorstellungen des Gesetzgebers, der die Vorschrift im Anschluss an die sog. Zweitberufsentscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfGE 87, 287) in das Gesetz aufnahm, um eine Einschränkung der anwaltlichen Berufsfreiheit von dem Vorliegen einer Interessenkollision abhängig zu machen (Gesetzesentwurf der Bundesregierung, BT-Drucks. 12/4993, S. 29). Die Gefahr einer solchen Interessenkollision hat das Bundesverfassungsgericht bei einem Rechtsanwalt verneint, der sich gegenüber einem Mieterverein verpflichtet hatte, dessen Mitglieder anwaltlich zu beraten (NJW 2002, 503, 504). Für den hier vorliegenden Fall einer Steuerberatungsgesellschaft, die einen angestellten Rechtsanwalt mit der Wahrnehmung ihr erteilter Mandate beauftragt, gilt nichts anderes. Steuerberater haben ihren Beruf nach § 57 Abs. 1 StBerG unabhängig und eigenverantwortlich auszuüben. Dieser Verpflichtung können sie nach § 58 Satz 1 StBerG auch in einem Anstellungsverhältnis entsprechen, aber nach § 60 Abs. 2 StBerG nur, wenn ihnen die unabhängige und weisungsfreie Wahrnehmung ihrer Aufgaben möglich ist. Anstellungsverträge mit Steuerberatern müssen dem entsprechen (Hilfeleistung in Steuersachen mit Zeichnungsrecht, vgl. Maxl in: Kuhls/Meurers/Maxl/Schäfer/Goez/Willerscheid, Steuerberatungsgesetz, 2. Aufl., § 58 Rdn. 4). Für Rechtsanwälte gilt nichts anderes. Sie sind zwar nach § 1 BRAO unabhängige Organe der Rechtspflege, können aber Anstellungsverträge mit anderen Rechtsanwälten, mit Rechtsanwaltsgesellschaften, auch mit Steuerberatern oder Steuerberatungsgesellschaften eingehen (LAG Düsseldorf AnwBl. 2002, 600, 601). Der Anstellungsvertrag muss die Unabhängigkeit des angestellten Rechtsanwalts sicherstellen (Feuerich/Weyland, BRAO, 6. Aufl., § 1 BRAO Rdn. 22). Das ist nach den von der Antragsgegnerin nicht beanstandeten Feststellungen des Anwaltsgerichtshofs hier auch geschehen. Der Antragsteller bearbeitet die ihm übertragenden Angelegenheiten nach der Erklärung der T. Steuerberatungsgesellschaft mbH fachlich unabhängig und selbständig.

b) Der Annahme einer persönlichen und weisungsfreien Bearbeitung von Mandaten als Rechtsanwalt im Sinne des § 5 Satz 1 Halbsatz 1 FAO steht auch nicht entgegen, dass der Antragsteller im Rahmen seines Angestelltenverhältnisses nur steuerberatend tätig wurde.

aa) Ein Rechtsanwalt, der bei einer Steuerberatungsgesellschaft angestellt ist, darf allerdings in dieser Eigenschaft geschäftsmäßig nur Hilfeleistung in Steuersachen, nicht auch andere Rechtsberatung erbringen (vgl. Schwedhelm/Kamps, AnwBl. 1998, 245, 251). Deshalb muss ein Rechtsanwalt, der als Vertretungsorgan einer Steuerberatungsgesellschaft tätig ist, auch dafür Sorge tragen, dass nicht der Eindruck entsteht, er werde für die Gesellschaft über den Bereich der Hilfeleistung in Steuersachen, zu der die Gesellschaft befugt ist, auch in anderen Bereichen rechtsberatend tätig, wozu die Gesellschaft nicht befugt wäre (BGHZ 94, 65, 71). Eine solche Rechtsberatung darf der Rechtsanwalt nur außerhalb seines Anstellungs- oder Vertretungsverhältnisses erbringen.

bb) Das ändert aber nichts daran, dass die Bearbeitung von steuerrechtlichen Fällen nicht nur Hilfeleistung in Steuersachen, sondern auch eine Fallbearbeitung als Rechtsanwalt im Sinne von § 5 Satz 1 Halbsatz 1 FAO darstellt. Auch Rechtsanwälte sind nämlich berechtigt, sich zu spezialisieren und, von wenigen Ausnahmen abgesehen, nur auf bestimmten Rechtsgebieten tätig zu sein (BGHZ 49, 244, 247). Die Bearbeitung steuerrechtlicher Fälle ist ein Ausschnitt der dem Rechtsanwalt erlaubten Berufstätigkeit (BVerfGE 80, 269, 280; BGHZ 49, 244, 246; Senatsbeschl. v. 10. November 1975, AnwZ(B) 9/75, NJW 1976, 425, 426), auf den sich Rechtsanwälte spezialisieren dürfen. Eine solche Spezialisierung steht der Verleihung der Befugnis, die Bezeichnung Fachanwalt für Steuerrecht zu führen, nicht entgegen. Diese Fachanwaltsbezeichnung soll, im Gegenteil, gerade eine solche Spezialisierung nach außen hin deutlich machen.

c) Ihre Ansicht, der Antragsteller habe den Erwerb praktischer Erfahrung durch die persönliche und weisungsfreie Bearbeitung steuerrechtlicher Fälle als Rechtsanwalt nicht nachgewiesen, kann die Antragstellerin schließlich auch nicht auf den Beschluss des Senats vom 13. Januar 2003 (AnwZ (B) 25/02, NJW 2003, 883) stützen.

aa) In diesem Beschluss hat der Senat allerdings entschieden, dass die Bearbeitung arbeitsrechtlicher Fälle als Verbandssyndikus für den Nachweis besonderer praktischer Erfahrungen auf dem Gebiet des Arbeitsrechts allein auch dann nicht ausreicht, wenn sie weisungsfrei und unabhängig erfolgt. Vielmehr bedürfe es daneben auch der Bearbeitung einer erheblichen Anzahl nicht unbedeutender Mandate im Rahmen selbständiger anwaltlicher Tätigkeit und einer abschließenden Bewertung und Gewichtung der vom Antragsteller vorgelegten Fälle aus beiden beruflichen Bereichen (so schon Senatsbeschl. v. 18. Juni 2001, AnwZ (B) 41/00, NJW 2001, 3130, 3131). Eine solche Fallbearbeitung ist hier nicht festzustellen. Ob die Zurückweisung seines Antrags auf diesen Umstand gestützt werden könnte oder ob dem Antragsteller mangels entsprechenden Hinweises im Vorfeld der Zurückweisung Gelegenheit hätte gegeben werden müssen, einen entsprechenden Vortrag zu halten, bedarf keiner Entscheidung. Es kann auch offen bleiben, ob an dieser Rechtsprechung im Hinblick auf die in Rechtsprechung (AGH Frankfurt NJW 2000, 1659, 1660) und Schrifttum (Kleine-Cosack, EWiR 2000, 859, 860; Hartung, MDR 2000, 671; Prütting, AnwBl. 2001, 313, 315; Koch in Festschrift für Hans-Jürgen Rabe, S. 77, 86; Redeker, NJW 2004, 889, 890; Biermann, AnwBl. 1994, 562, 564) geäußerten Bedenken festzuhalten ist.

bb) Eines solchen zusätzlichen Nachweises praktischer Erfahrungen außerhalb des Anstellungsverhältnisses bedarf es jedenfalls bei einem angestellten Rechtsanwalt nicht, der, wie hier, mit der fachlich unabhängigen und selbständigen Betreuung von Mandaten seines Arbeitgebers oder Dienstherrn betraut ist.

(1) Ob sich das schon daraus ergibt, dass die Satzungsversammlung das früher in § 5 Satz 1 Halbsatz 1 FAO enthaltene Erfordernis der selbständigen Bearbeitung durch die Voraussetzung der persönlichen und weisungsfreien Bearbeitung ersetzt hat (Beschl. v. 7. November 2002, BRAK-Mitt. 2003, 67), ist allerdings zweifelhaft. Zwar deutet der Begriff der selbständigen Bearbeitung eher als der Begriff der persönlichen Bearbeitung auf eine Tätigkeit außerhalb des Anstellungsverhältnisses hin (vgl. Senatsbeschl. v. 21. Juni 1999, AnwZ (B) 81/98, BRAK-Mitt. 1999, 230, 231; die dagegen eingelegte Verfassungsbeschwerde wurde nicht zur Entscheidung angenommen). Man kann deshalb die Ersetzung dieses Erfordernisses durch das Erfordernis einer persönlichen Bearbeitung zwar als Ausdruck des Willens der Satzungsversammlung werten, dem ausschließlich als Syndikus tätigen Rechtsanwalt den Weg zur Fachanwaltsbezeichnung zu ebnen (so: Kleine-Cosack, BRAO, 4. Aufl., § 5 FAO Rdn. 16; ders. AnwBl. 2005, 593, 597; Grunewald, NJW 2004, 1146, 1150; Offermann-Burckhart, Fachanwalt werden und bleiben, Rdn. 235; a.A. Niedersächsischer AGH, Beschl. v. 15. Juli 2005, AGH 6/05, BRAK-Mitt. 2005, 236 (Ls.); Henssler in Henssler/Prütting, BRAO 2. Aufl., § 5 FAO Rdn. 3f.). Nach der Rechtsprechung des Senats lag aber eine selbständige Bearbeitung im Sinne des § 5 Satz 1 FAO a.F. vor, wenn sie eigenverantwortlich und weisungsfrei war (vgl. Beschl. v. 13. Januar 2003, AnwZ (B) 25/02, NJW 2003, 883, 884), was der jetzt geltende Text lediglich aufgreift (vgl. Kirchberg, NJW 2003, 1833, 1835).

(2) Auf den Nachweis der Bearbeitung von steuerrechtlichen Fällen außerhalb des Angestelltenverhältnisses kommt es bei angestellten Rechtsanwälten, die für ihren Arbeitgeber oder Dienstherrn unabhängig und eigenverantwortlich Mandate bearbeiten, vielmehr deshalb nicht an, weil die nach § 5 FAO erforderlichen praktischen Kenntnisse schon durch eine § 5 Satz 1 Halbsatz 2 FAO entsprechende Fallbearbeitung im Angestelltenverhältnis nachgewiesen wird. Die Bezeichnung als Fachanwalt für Steuerrecht soll nach § 5 FAO nur führen dürfen, wer über die dort näher bestimmte praktische anwaltliche Erfahrung verfügt. Eine Tätigkeit als Syndikusanwalt genügt zum Nachweis praktischer Erfahrung grundsätzlich dann, wenn sie unabhängig und weisungsfrei erfolgt (Senatsbeschl. v. 13. Januar 2003 aaO). Diese praktische Erfahrung ist aber typischerweise durch die Bedingungen der Tätigkeit als Syndikus bestimmt, der die an ihn herangetragenen praktischen Fälle aus der Sicht seines Arbeitsgebers oder Dienstherrn betrachtet. Demgegenüber sind die praktischen Erfahrungen des Rechtsanwalts gerade durch den mehr oder weniger häufigen Wechsel der Perspektive bestimmt. Deshalb muss ein Syndikus auch den zusätzlichen Nachweis praktischer Erfahrungen außerhalb seiner Aufgaben als Syndikus führen.

Ein Bedürfnis dafür besteht bei einem angestellten Rechtsanwalt, der für seine Arbeitgeber oder Dienstherrn unabhängig und weisungsfrei steuerrechtliche oder, als Angestellter eines Rechtsanwalts, auch Mandate aus anderen Rechtsgebieten betreut, nicht. Seine Tätigkeit und die hierbei erreichbaren praktischen Erfahrungen unterscheiden sich inhaltlich nicht von denen eines selbständigen Rechtsanwalts (AGH Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 8. August 2005, 1 ZU 46/04, beim Senat anhängig unter AnwZ (B) 103/05). Beide haben die Mandate unabhängig und weisungsfrei zu bearbeiten. Wie der selbständige Rechtsanwalt hat auch der angestellte Rechtsanwalt hierbei nicht die Perspektive seines Arbeitgebers, sondern, was den Rechtsanwaltsberuf prägt, die Perspektive des jeweiligen Mandanten einzunehmen. Beide können fachliche Schwerpunkte bilden und besondere Expertise in bestimmten Gebieten erwerben. Auch in technischer Hinsicht bestehen keine für den Erwerb der Befugnis zur Führung einer Fachanwaltsbezeichnung maßgeblichen Unterschiede. Der in einer Steuerberatungsgesellschaft angestellte Rechtsanwalt muss, worauf der Anwaltsgerichtshof zutreffend hinweist, ebenso wie ein selbständiger Rechtsanwalt Mandantengespräche führen und sein Büro so organisieren, dass Fristen überwacht und eingehalten werden. Er muss darüber hinaus in der Lage sein, über seine Tätigkeit abzurechnen. Ob sich die Abrechnung nach den Vergütungsregelungen für Rechtsanwälte oder denen für Steuerberater richten, ist für die Bewertung der praktischen Erfahrungen ohne Bedeutung, zumal Rechtsanwälte in Steuersachen jetzt auch nach den Vergütungsregelungen für Steuerberater abrechnen können. Ein angestellter Rechtsanwalt kann sich gerade bei solchen Tätigkeiten regelmäßig der Unterstützung seines Arbeitgebers oder Dienstherrn bedienen. Das ist aber bei selbständigen Rechtsanwälten, die sich zu einer Sozietät zusammengeschlossen haben oder hierfür Hilfskräfte anstellen können, nicht anders. Damit fehlt der im Rahmen des Berliner Erfahrungsaustausches 2001 von Vertretern aller Fachausschüsse der Rechtsanwaltskammern (für § 5 FAO a.F.) abgegebenen Empfehlung, für Rechtsanwälte, die in Steuerberatungsgesellschaften tätig sind, die für Syndikusanwälte geltenden Grundsätze anzuwenden (BRAK-Mitt. 2002, 26, 27), eine inhaltliche Grundlage.

3. Die sofortige Beschwerde war daher zurückzuweisen.

Ende der Entscheidung

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