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Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 19.09.2001
Aktenzeichen: AnwZ (B) 41/01
Rechtsgebiete: BRAO
Vorschriften:
BRAO § 16 Abs. 6 Satz 5 | |
BRAO § 14 Abs. 2 Nr. 7 |
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS
vom
19. September 2001
in dem Verfahren
wegen Widerrufs der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft;
hier: Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der sofortigen Beschwerde
Der Bundesgerichtshof, Senat für Anwaltssachen, hat durch die Vorsitzende Richterin Dr. Deppert, die Richter Dr. Fischer und Dr. Ganter, die Richterin Dr. Otten sowie die Rechtsanwälte Dr. Schott, Dr. Frey und Dr. Wosgien am
19. September 2001
beschlossen:
Tenor:
Die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluß des 1. Senats des Brandenburgischen Anwaltsgerichtshofs vom 18. Juni 2001 hat aufschiebende Wirkung.
Gründe:
I.
Der Antragsteller wurde im Jahre 1988 als Rechtsanwalt zugelassen. Seit 1992 ist er beim Landgericht und Amtsgericht C. zugelassen. Mit Verfügung vom 23. November 2000 hat der Antragsgegner die Zulassung wegen unerlaubter Kanzleiaufgabe (§ 14 Abs. 2 Nr. 6, § 35 Abs. 1 Nr. 5 BRAO) sowie wegen Vermögensverfalls (§ 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO) widerrufen. Zugleich hat er die sofortige Vollziehung dieser Verfügung angeordnet (§ 16 Abs. 6 Satz 2 BRAO). Der Anwaltsgerichtshof hat den Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Antrags auf gerichtliche Entscheidung mit Beschluß vom 15. Januar 2001 und den Antrag auf gerichtliche Entscheidung mit Beschluß vom 18. Juni 2001 zurückgewiesen. Wegen der zuletzt genannten Entscheidung ist beim Bundesgerichtshof ein Verfahren der sofortigen Beschwerde anhängig. Der Antragsteller hat darum gebeten, vorab deren aufschiebende Wirkung wiederherzustellen.
II.
Der Antrag ist gemäß § 16 Abs. 6 Satz 5 BRAO zulässig; er hat auch in der Sache Erfolg.
Die sofortige Vollziehung des Widerrufsbescheids darf - als Ausnahmefall - nur angeordnet werden, wenn sie im überwiegenden öffentlichen Interesse zu einer schon vor Bestandskraft der Widerrufsverfügung notwendigen Abwehr konkreter Gefahren für wichtige Gemeinschaftsgüter geboten ist. Erste Voraussetzung für eine solche Anordnung ist die hohe Wahrscheinlichkeit, daß der Widerrufsbescheid Bestandskraft erlangen wird. Wegen des mit der Anordnung verbundenen Eingriffs in die Freiheit der Berufswahl (Art. 12 Abs. 1 GG) ist jedoch des weiteren zu verlangen, daß die sofortige Vollziehung als Präventivmaßnahme im überwiegenden öffentlichen Interesse zur Abwehr konkreter Gefahren für die Rechtsuchenden oder die Rechtspflege erforderlich ist (vgl. BVerfGE 44, 105, 121; 48, 292, 296, 298; BGH, Beschl. v. 2. Juni 1993 - AnwZ (B) 27/93, BRAK-Mitt. 1993, 171, v. 14. März 1994 - AnwZ (B) 9/94, BRAK-Mitt. 1994, 176, 177; v. 19. Juni 1998 - AnwZ (B) 38/98, BRAK-Mitt. 1998, 235, 236; v. 16. Juli 2001 - AnwZ (B) 61/00).
Solche konkreten Gefahren hat der Anwaltsgerichtshof nicht aufgezeigt. Er hat es in seinem Beschluß vom 15. Januar 2001 ausreichen lassen, daß "zum Zeitpunkt der Bescheidung ein Vermögensverfall vorlag und aus diesem Grunde insbesondere die Gefahr besteht, daß eine Gefährdung von Mandantengeldern infolge von drohenden Pfändungen und anderen Zwangsvollstreckungsmaßnahmen bestehen könnte". Dabei hat der Anwaltsgerichtshof nicht bedacht, daß diese (abstrakte) Gefährdung der Interessen der Rechtsuchenden bereits Voraussetzung für den Widerruf der Zulassung gemäß §14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO ist und nicht zugleich deren Sofortvollzug rechtfertigen kann.
Ein überwiegendes öffentliches Interesse am Sofortvollzug besteht beispielsweise dann, wenn Fremdgelder bei dem Rechtsanwalt konkret gefährdet sind. Davon kann etwa dann ausgegangen werden, wenn der Rechtsanwalt in jüngerer Zeit wegen Veruntreuung verurteilt wurde (vgl. Beschl. v. 16. Juli 2001 - AnwZ (B) 61/00) oder kein Anderkonto unterhält. Etwas derartiges ist im vorliegenden Fall nicht ersichtlich. Zudem hat der Antragsteller erhebliche Tilgungsleistungen erbracht und Stundungsabreden getroffen.
Falls der Antragsteller seine Kanzlei aufgegeben hat (§ 14 Abs. 2 Nr. 6, § 35 Abs. 1 Nr. 5 BRAO), ist weder dargetan noch ersichtlich, daß daraus konkrete Gefahren für die Rechtsuchenden oder die Rechtspflege erwachsen, die einen Sofortvollzug der Widerrufsverfügung rechtfertigen (vgl. allerdings Jessnitzer/Blumberg, aaO; die dort in Bezug genommene Entscheidung BGH, Beschl. v. 6. Juli 1992 - AnwZ (B) 20/92, BRAK-Mitt. 1992, 171, trifft das Problem nicht).
Ende der Entscheidung
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