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Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 12.02.2001
Aktenzeichen: AnwZ (B) 5/00
Rechtsgebiete: BRAO
Vorschriften:
BRAO § 14 Abs. 2 Nr. 7 | |
BRAO § 42 Abs. 1 Nr. 3 | |
BRAO § 14 Abs. 2 Nr. 7 Halbs. 2 |
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS
vom
12. Februar 2001
in dem Verfahren
wegen Widerrufs der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft
Der Bundesgerichtshof, Senat für Anwaltssachen, hat durch den Präsidenten des Bundesgerichtshofs Prof. Dr. Hirsch, die Richter Dr. Ganter, Terno und die Richterin Dr. Otten sowie den Rechtsanwalt Prof. Dr. Salditt, die Rechtsanwältin Dr. Christian und den Rechtsanwalt Dr. Wosgien
nach mündlicher Verhandlung am 12. Februar 2001
beschlossen:
Tenor:
Die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluß des I. Senats des Anwaltsgerichtshofs Berlin vom 11. November 1999 wird zurückgewiesen.
Der Antragsteller hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen und der Antragsgegnerin die ihr im Beschwerdeverfahren entstandenen notwendigen außergerichtlichen Auslagen zu erstatten.
Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 100.000 DM festgesetzt.
Gründe:
I.
Der 1948 geborene Antragsteller ist seit 1977 zur Rechtsanwaltschaft und als Rechtsanwalt beim Landgericht Berlin, seit 1983 beim Kammergericht zugelassen. Mit Verfügung vom 19. Mai 1999 hat die frühere Antragsgegnerin, die Präsidentin des Kammergerichts, die Zulassung des Antragstellers zur Rechtsanwaltschaft gemäß § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO wegen Vermögensverfalls widerrufen; sie hat schließlich mit weiterer Verfügung vom 9. August 1999 die sofortige Vollziehung des Widerrufs angeordnet. Gegen den Beschluß des Anwaltsgerichtshofs vom 11. November 1999, mit dem sein gegen beide Verfügungen gerichteter Antrag auf gerichtliche Entscheidung zurückgewiesen worden ist, wendet sich der Antragsteller mit seiner sofortigen Beschwerde.
II.
Das Rechtsmittel ist nach § 42 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 4 BRAO zulässig, hat in der Sache jedoch keinen Erfolg.
1. Gerät der Rechtsanwalt in Vermögensverfall, ist seine Zulassung zur Rechtsanwaltschaft zu widerrufen, es sei denn, daß dadurch die Interessen der Rechtsuchenden nicht gefährdet sind (§ 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO). Ein Vermögensverfall wird nach dieser Vorschrift vermutet, wenn ein Insolvenzverfahren über das Vermögen des Rechtsanwalts eröffnet oder er in das vom Insolvenzgericht oder vom Vollstreckungsgericht zu führende Verzeichnis (§ 26 Abs. 2 InsO, § 915 ZPO) eingetragen ist. Im übrigen liegt ein Vermögensverfall vor, wenn der Rechtsanwalt in schlechte, ungeordnete finanzielle Verhältnisse geraten ist, diese in absehbarer Zeit nicht ordnen kann und außerstande ist, seinen Zahlungsverpflichtungen nachzukommen. Beweisanzeichen hierfür sind insbesondere die Erwirkung von Schuldtiteln und Vollstreckungsmaßnahmen gegen ihn (st. Rspr. vgl. Senatsbeschluß vom 21. November 1994 - AnwZ (B) 40/94 - BRAK-Mitt. 1995, 126).
Im Zeitpunkt des Widerrufs der Zulassung befand sich der Antragsteller in Vermögensverfall. Er war wegen eines gegen ihn ergangenen Haftbefehls zur Erzwingung der Abgabe der eidesstattlichen Versicherung im Schuldnerverzeichnis des Amtsgerichts Berlin-Schöneberg eingetragen. Demgemäß stritt schon die Vermutung des § 14 Abs. 2 Nr. 7 Halbs. 2 BRAO für den Eintritt des Vermögensverfalls. Darüber hinaus waren gegen den Antragsteller zahlreiche - in der Anlage zur angegriffenen Verfügung näher dargelegte - Schuldtitel erwirkt und Vollstreckungsmaßnahmen ergriffen worden. Die Verbindlichkeiten des Antragstellers summierten sich auf mehr als 300.000 DM. Das belegt nachdrücklich, daß der Antragsteller in tiefgreifende wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten war, die ihn außerstande setzten, seinen finanziellen Verpflichtungen in geordneter Weise nachzukommen. Daß durch den Vermögensverfall die Interessen der Rechtsuchenden nicht gefährdet waren, hat der Antragsteller nicht darzulegen vermocht.
2. Bei der gerichtlichen Nachprüfung der Widerrufsverfügung ist zwar grundsätzlich die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt ihres Erlasses maßgebend. Wenn der Widerrufsgrund aber nachträglich zweifelsfrei weggefallen ist, ist dies im Verfahren über den Antrag auf gerichtliche Entscheidung noch zu berücksichtigen.
Von einem solchen Wegfall des Widerrufsgrundes ist der Anwaltsgerichtshof aber mit Recht nicht ausgegangen. Das gilt schon deshalb, weil noch nach Erlaß der Widerrufsverfügung gegen den Antragsteller sieben Haftbefehle zur Erzwingung der Abgabe der eidesstattlichen Versicherung und ein weiterer Haftbefehl des Insolvenzgerichts ergangen sind. Selbst im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem Anwaltsgerichtshof war der Antragsteller noch wegen drei Haftbefehlen im Schuldnerverzeichnis eingetragen. Deshalb stritt schon die Vermutung des § 14 Abs. 2 Nr. 7 Halbs. 2 BRAO für den Fortbestand des Vermögensverfalls und gegen eine nachhaltige Besserung der finanziellen Verhältnisse des Antragstellers. Hinzu kommt, daß es dem Antragsteller auch nach eigenem Vorbringen nur gelungen war, einen geringen Teil seiner erheblichen Verbindlichkeiten zu tilgen. Er hat zudem - trotz Aufforderung durch den Anwaltsgerichtshof - weder eine geordnete Aufstellung aller noch offenen Forderungen vorzulegen vermocht, noch dargelegt, wie eine geordnete Rückführung seiner Schulden erfolgen könnte. Von einer durchgreifenden Besserung der finanziellen Verhältnisse konnte danach keine Rede sein. Der Anwaltsgerichtshof ist vielmehr zu Recht zu der Einschätzung gelangt, daß sich die Vermögenslage des Antragstellers nach Erlaß der Widerrufsverfügung - wie insbesondere die weiteren Haftbefehle gegen ihn erweisen - eher verschlechtert hatte. Vor diesem Hintergrund hat der Anwaltsgerichtshof mit Recht auch dem Begehren des Antragstellers auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seines Antrags auf gerichtliche Entscheidung nicht entsprochen.
Ende der Entscheidung
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