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Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 21.07.2008
Aktenzeichen: AnwZ (B) 53/07
Rechtsgebiete: BRAO
Vorschriften:
BRAO § 14 Abs. 2 Nr. 7 | |
BRAO § 43 | |
BRAO § 43a | |
BRAO § 113 |
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS
vom 21. Juli 2008
in dem Verfahren
wegen Widerrufs der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft
Der Bundesgerichtshof, Senat für Anwaltssachen, hat durch den Präsidenten des Bundesgerichtshofs Prof. Dr. Tolksdorf, die Richter Dr. Frellesen und Schaal, die Richterin Roggenbuck, sowie die Rechtsanwälte Dr. Wüllrich, Dr. Frey und Prof. Dr. Quaas nach mündlicher Verhandlung am 21. Juli 2008 beschlossen:
Tenor:
Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des II. Senats des Anwaltsgerichtshofs in der Freien und Hansestadt Hamburg vom 29. Mai 2007 wird zurückgewiesen.
Die Antragstellerin hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen und der Antragsgegnerin die ihr im Beschwerdeverfahren entstandenen notwendigen außergerichtlichen Auslagen zu erstatten.
Der Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 50.000 € festgesetzt.
Gründe:
I.
Die Antragstellerin ist 1987 zur Rechtsanwaltschaft zugelassen worden. Die Antragsgegnerin widerrief die Zulassung mit Bescheid vom 13. Januar 2006 gemäß § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO wegen Vermögensverfalls.
Der Anwaltsgerichtshof hat den hiergegen gerichteten Antrag auf gerichtliche Entscheidung zurückgewiesen. Dagegen wendet sich die Antragstellerin mit ihrer sofortigen Beschwerde. II.
Das Rechtsmittel ist zulässig (§ 42 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 4 BRAO), hat in der Sache aber keinen Erfolg. Die Zulassung der Antragstellerin zur Rechtsanwaltschaft ist zu Recht widerrufen worden.
1. Nach § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO ist die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft zu widerrufen, wenn der Rechtsanwalt in Vermögensverfall geraten ist, es sei denn, dass dadurch die Interessen der Rechtsuchenden nicht gefährdet sind. Diese Voraussetzungen für den Widerruf waren bei Erlass der angegriffenen Verfügung erfüllt.
a) Ein Vermögensverfall liegt vor, wenn der Rechtsanwalt in ungeordnete, schlechte finanzielle Verhältnisse geraten ist, die er in absehbarer Zeit nicht ordnen kann, und außerstande ist, seinen Verpflichtungen nachzukommen. Beweisanzeichen für einen Vermögensverfall sind die Erwirkung von Schuldtiteln und fruchtlose Zwangsvollstreckungsmaßnahmen gegen den Rechtsanwalt (st. Rspr., vgl. nur BGH, Beschl. vom 25. März 1991 - AnwZ (B) 73/90, BRAK-Mitt. 1991, 102; Beschl. vom 21. November 1994 - AnwZ (B) 40/94, BRAK-Mitt. 1995, 126; Beschl. v. 26. November 2002 - AnwZ (B) 18/01, NJW 2003, 577). Der Widerrufsverfügung lagen die fälligen und vollstreckbaren Forderungen von drei Gläubigern zugrunde, die jedenfalls teilweise auch Gegenstand fruchtloser Zwangsvollstreckungsmaßnahmen waren: R. in Höhe von 2.550 €, G. in Höhe 2.700,30 € zuzüglich 2.027 € Kosten sowie der Antragsgegnerin hinsichtlich des Kammerbeitrags für das Jahr 2003 und der diesbezüglichen Kosten der Zwangsvollstreckung in Höhe von 299,10 €, zweier Zwangsgelder in Höhe von jeweils 255 € und der Geldbuße aus dem Urteil des Anwaltsgerichts vom 16. April 2004 in Höhe von 1.500 €. Daneben bestanden zu jenem Zeitpunkt erst später bekannt gewordene Forderungen der B. Verlagsgruppe, Hauptforderung 1.711,20 €, der A. Versicherung, Hauptforderung 2.374,67 € und 546,34 € titulierte Kosten, und des D. R. , Hauptforderung 68,98 €.
b) Anhaltspunkte dafür, dass ungeachtet des Vermögensverfalls die Interessen der Rechtsuchenden nicht gefährdet waren, lagen bei Erlass der Widerrufsverfügung nicht vor. Der Vermögensverfall führt regelmäßig zu einer derartigen Gefährdung, insbesondere im Hinblick auf den Umgang des Rechtsanwalts mit Mandantengeldern.
2. Ein nachträglicher Wegfall des Widerrufsgrundes, der im gerichtlichen Verfahren zu berücksichtigen wäre (BGHZ 75, 356; 84, 149), liegt nicht vor.
Eine Konsolidierung ihrer Vermögensverhältnisse hat die Antragstellerin nicht dargetan. Zwar sind die Forderungen der Antragsgegnerin und der Gläubiger G. , B. Verlagsgruppe und D. R. im Laufe des Verfahrens vollständig beglichen worden, und auf andere Forderungen sind Teilzahlungen entrichtet worden. Zum Teil erfolgten diese Zahlungen im Wege der Schenkung durch den Bruder der Antragstellerin. Von den ursprünglich bei Erlass der Widerrufsverfügung bestehenden Forderungen stehen noch 500 € beim Gläubiger R. (per 20. Juni 2007) und 3.524 € bei der A. Versicherung offen. Hinzugekommen sind nach Erlass der Widerrufsverfügung eine Forderung der B. GmbH, die noch in Höhe von 1.334,43 € valutiert, und eine Forderung der U. R. in Höhe von 4.632 €. Zudem bestehen laut einer Mitteilung des Finanzamts H. vom 10. Juli 2007 Steuerrückstände in Höhe von 9.439,92 €.
b) Es kann auch nicht festgestellt werden, dass die Interessen der Rechtsuchenden durch den Vermögensverfall nicht (mehr) gefährdet sind. Wie der Bestimmung des § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO zu entnehmen ist, geht der Gesetzgeber grundsätzlich von einer Gefährdung der Interessen der Rechtsuchenden aus, wenn sich der Rechtsanwalt in Vermögensverfall befindet; dies ist auch in aller Regel der Fall, insbesondere im Hinblick auf den Umgang des Rechtsanwalts mit Fremdgeldern und den darauf möglichen Zugriff von Gläubigern. Diese Gefahr hat sich auch bereits verwirklicht. Durch Berufungsurteil des Landgerichts H. vom 27. März 2003 wurde die Antragstellerin rechtskräftig wegen Untreue zu einer Geldstrafe von neunzig Tagessätzen zu je 30 € verurteilt. Sie hatte als Betreuerin von einem Geldbetrag in Höhe von 25.000 DM, der der Betreuten zustand, u. a. rückständige Kanzleimieten beglichen. Das H. Anwaltsgericht hat am 8. April 2004 wegen dieser Untreuehandlung gegen die Antragstellerin wegen schuldhafter Verletzung der Berufspflichten gemäß §§ 43, 43a, 113 BRAO einen Verweis und eine Geldbuße in Höhe von 1.500 € verhängt. Darüber hinaus hat die Antragstellerin im Juni 2003 für ihre Mandantin I. 2.500 € vereinnahmt und nicht an diese weitergeleitet; der Bruder der Antragstellerin hat den Betrag zuzüglich Zinsen erst am 19. Dezember 2006 an die Mandantin gezahlt.
Unter diesen Umständen liegt ein Ausnahmefall, in dem der Vermögensverfall die Interessen der Rechtsuchenden nicht gefährdet, nicht vor.
Ende der Entscheidung
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