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Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 11.03.2008
Aktenzeichen: AnwZ (B) 55/07
Rechtsgebiete: BRAO
Vorschriften:
BRAO § 14 Abs. 2 Nr. 7 | |
BRAO § 42 Abs. 1 Nr. 2 |
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS
vom 11. März 2008
in dem Rechtsstreit
wegen Widerrufs zur Zulassung zur Rechtsanwaltschaft
Der Bundesgerichtshof, Senat für Anwaltssachen, hat durch den Präsidenten des Bundesgerichtshofs Prof. Dr. Tolksdorf, die Richter Dr. Frellesen und Schaal, die Richterin Roggenbuck sowie die Rechtsanwälte Dr. Wüllrich, Dr. Frey und Prof. Dr. Stüer
am 11. März 2008
beschlossen:
Tenor:
Auf die sofortige Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des II. Senats des Hessischen Anwaltsgerichtshofs vom 16. April 2007 aufgehoben.
Gerichtskosten für das Beschwerdeverfahren werden nicht erhoben; außergerichtliche Auslagen sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Die Antragsgegnerin widerrief mit Verfügung vom 7. November 2005 die Zulassung des Antragstellers zur Rechtsanwaltschaft gemäß § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO wegen Vermögensverfalls. Auf Antrag der Antragsgegnerin bewilligte der Anwaltsgerichtshof mit Beschluss vom 17. Januar 2006 die öffentliche Zustellung der Widerrufsverfügung. Dieser Beschluss wurde am 24. Januar 2006 ausgehängt.
Mit Schriftsatz vom 24. April 2006 beantragte der Antragsteller gerichtliche Entscheidung und Wiedereinsetzung in den vorigen Stand mit der Begründung, er habe erst durch Schreiben des Präsidenten des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 19. April 2006 erfahren, dass seine Zulassung zur Rechtsanwaltschaft widerrufen sei. Der Anwaltsgerichtshof hat vorab den Wiedereinsetzungsantrag zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die sofortige Beschwerde des Antragstellers. Die Beteiligten haben auf eine mündliche Verhandlung verzichtet.
II.
Dem Antragsteller steht gegen die Versagung der Wiedereinsetzung das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde zu (§ 22 Abs. 2 Satz 3 FGG), weil gegen die (vom Anwaltsgerichtshof noch nicht getroffene) Entscheidung in der Hauptsache der Beschwerdeweg gemäß § 42 Abs. 1 Nr. 2 BRAO eröffnet wäre (st. Rspr.; Senatsbeschluss vom 28. Juni 2004 - AnwZ (B) 3/04 unter II. m.w.N.).
Die sofortige Beschwerde ist auch im Übrigen zulässig und hat Erfolg. Der Anwaltsgerichtshof hätte den Wiedereinsetzungsantrag nicht zurückweisen dürfen, sondern als gegenstandslos behandeln müssen. Für eine Entscheidung über eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand war kein Raum, weil die öffentliche Zustellung der Widerrufsverfügung unwirksam war und deshalb die Frist für einen Antrag auf gerichtliche Entscheidung noch nicht zu laufen begonnen hatte. Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung vom 24. April 2006 ist damit fristgerecht gestellt worden.
Der Bundesgerichtshof hat im Anschluss an die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts entschieden, dass die öffentliche Zustellung unwirksam ist, wenn die Voraussetzungen für eine öffentliche Bekanntmachung (früher § 203 ZPO, jetzt § 185 ZPO) nicht vorgelegen haben und das die öffentliche Zustellung bewilligende Gericht dies hätte erkennen können (BGHZ 149, 311 ff.). Das ist hier der Fall. Es kann dahingestellt bleiben, ob die Voraussetzungen für eine öffentliche Zustellung in dem Zeitpunkt vorlagen, als die Antragsgegnerin die öffentliche Zustellung beantragte. Eine Bewilligung der öffentlichen Zustellung war jedenfalls nicht mehr zulässig, nachdem die Antragsgegnerin mit ihrem Schreiben vom 19. Dezember 2005 dem Anwaltsgerichtshof die beiden Schreiben des Rechtsanwalts K. vom 11. November und 9. Dezember 2005 zugeleitet hatte, in denen dieser der Antragsgegnerin mitteilte, dass der Antragsteller unter der Anschrift "A. straße 1, in W. " (wieder) erreichbar sei und die an ihn gerichtete Post - jedenfalls im Wege der Niederlegung - ankomme. Da der Anwaltsgerichtshof hiervon Kenntnis erlangt hat - die Schreiben des Rechtsanwalts K. befinden sich in den Gerichtsakten -, hätte er die öffentliche Zustellung nicht mehr - wie geschehen - mit Beschluss vom 17. Januar 2006 bewilligen dürfen. Es ist weder dargelegt noch ersichtlich, aus welchen Gründen davon hätte abgesehen werden können, einen Zustellversuch an die Anschrift A. straße 1 in W. , unter der auch in der Vergangenheit mit dem Antragsteller korrespondiert worden war, zu unternehmen. Dass es sich bei der Mitteilung des Rechtsanwalts K. , wie die Antragsgegnerin in ihrem Schreiben an den Anwaltsgerichtshof vom 19. Dezember 2005 gemeint hat, um eine "Schutzbehauptung" gehandelt habe, ist nicht belegt; dem steht auch entgegen, dass das Schreiben des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 19. April 2006 den Antragsteller unter der von Rechtsanwalt K. mitgeteilten Anschrift erreicht hat.
Wegen der Unwirksamkeit der öffentlichen Zustellung ist der Antrag auf gerichtliche Entscheidung rechtzeitig gestellt worden, ohne dass es einer Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bedürfte (vgl. BGHZ aaO, 322 ff.). Der angefochtene Beschluss über die Versagung der Wiedereinsetzung ist damit gegenstandslos und - zur Klarstellung - aufzuheben. Der Anwaltsgerichtshof wird nunmehr über den Antrag auf gerichtliche Entscheidung zu befinden haben.
Ende der Entscheidung
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