Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 01.03.2004
Aktenzeichen: AnwZ (B) 57/02
Rechtsgebiete: ZPO, BRAO


Vorschriften:

ZPO § 915
BRAO § 14 Abs. 2 Nr. 7
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS

AnwZ (B) 57/02

vom

1. März 2004

in dem Verfahren

wegen Widerrufs der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft

Der Bundesgerichtshof, Senat für Anwaltssachen, hat durch den Präsidenten des Bundesgerichtshofs Prof. Dr. Hirsch, die Richter Basdorf, Dr. Ganter und Dr. Ernemann sowie den Rechtsanwalt Dr. Kieserling und die Rechtsanwältinnen Dr. Hauger und Kappelhoff auf die mündliche Verhandlung vom 1. März 2004

beschlossen:

Tenor:

Die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluß des 2. Senats des Schleswig-Holsteinischen Anwaltsgerichtshofes vom 16. Mai 2002 wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen und der Antragsgegnerin die ihr im Beschwerdeverfahren entstandenen notwendigen außergerichtlichen Auslagen zu erstatten.

Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 50.000 € festgesetzt.

Gründe:

I.

Mit Verfügung vom 17. Mai 2001 hat die Antragsgegnerin die Zulassung des Antragstellers zur Rechtsanwaltschaft wegen Vermögensverfalls (§ 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO) widerrufen. Der Anwaltsgerichtshof hat den Antrag auf gerichtliche Entscheidung gegen die Widerrufsverfügung mit Beschluß vom 16. Mai 2002 zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die sofortige Beschwerde des Antragstellers.

II.

Das Rechtsmittel ist zulässig (§ 42 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 4 BRAO); es hat jedoch keinen Erfolg.

1. Nach § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO ist die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft zu widerrufen, wenn der Rechtsanwalt in Vermögensverfall geraten ist, es sei denn, daß dadurch die Interessen der Rechtsuchenden nicht gefährdet sind. Diese Voraussetzungen waren im Zeitpunkt der angegriffenen Verfügung vom 17. Mai 2001 erfüllt.

a) Ein Vermögensverfall liegt vor, wenn der Rechtsanwalt in ungeordnete, schlechte finanzielle Verhältnisse, die er in absehbarer Zeit nicht ordnen kann, geraten und außerstande ist, seinen Verpflichtungen nachzukommen. Beweisanzeichen hierfür sind insbesondere die Erwirkung von Schuldtiteln und Vollstreckungsmaßnahmen gegen ihn (st. Rspr.; vgl. Senatsbeschl. v. 25. März 1991 - AnwZ (B) 73/90, BRAK-Mitt. 1991, 102; v. 21. November 1994 - AnwZ (B) 40/94, BRAK-Mitt. 1995, 126). Im übrigen wird der Vermögensverfall vermutet, wenn ein Insolvenzverfahren über das Vermögen des Rechtsanwalts eröffnet oder der Rechtsanwalt in das vom Insolvenzgericht oder vom Vollstreckungsgericht zu führende Verzeichnis (§ 26 Abs. 2 InsO; § 915 ZPO) eingetragen ist. Gegen den Antragsteller war auf Betreiben der Antragsgegnerin am 19. Februar 1999 ein Haftbefehl erlassen worden; seither war er im Verzeichnis gemäß § 915 ZPO eingetragen. Im übrigen hat der Antragsteller eingeräumt, daß es "immer wieder zu Liquiditätsengpässen und in deren Folge zu Vollstreckungsmaßnahmen" gekommen ist. Insbesondere war am 31. Januar 2001 eine Pfändungs- und Einziehungsverfügung des Finanzamts L. über eine Hauptforderung von 86.748,88 DM erlassen worden.

b) Der Vermögensverfall eines Rechtsanwalts führt regelmäßig zu einer Gefährdung der Interessen der Rechtsuchenden. Daß sich dies in seinem Fall ausnahmsweise anders verhielt, hat der Antragsteller nicht dargelegt. Entgegen seiner Annahme bietet die Einrichtung eines Anderkontos keine Gewähr dafür, daß keine Fremdgelder in seine Hände gelangen.

2. Eine nachträgliche Konsolidierung der Vermögensverhältnisse des Antragstellers, die im laufenden Verfahren noch zu berücksichtigen wäre (vgl. BGHZ 75, 356, 357), ist nicht feststellbar. Der Antragsteller hat eingeräumt, daß die Forderung des Finanzamts L. und die Zwangsgeldforderung der Antragsgegnerin noch nicht erledigt sind. Wegen der Steuerforderung hat das Finanzamt L. die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Antragstellers beantragt; dieser Antrag ist durch rechtskräftigen Beschluß des Amtsgerichts L. vom 18. September 2001 mangels Masse abgewiesen worden. Später wollte der Antragsteller die Steuerforderung mit Hilfe eines von seiner Schwester erbetenen Darlehens begleichen. Abgesehen davon, daß dies lediglich zu einer Umschuldung geführt hätte, ist von einer Darlehensgewährung in seinem letzten Schriftsatz vom 24. März 2003 keine Rede mehr. Statt dessen macht der Antragsteller geltend, seine Zahlungsverpflichtungen seien "durch vorhandenes Bargeld bzw. sicher zu erwartende Honorareinnahmen gedeckt". Belege hat er nicht vorgelegt. Außerdem sind neue Zwangsvollstreckungsmaßnahmen bekannt geworden (Vollstreckungsauftrag der B. Beamtenversicherung vom 14. Dezember 2002 über eine Hauptforderung von 161,65 € und der HZA H. Zahnärztliche Abrechnungs- und Service GmbH vom 29. Januar 2003 über eine Hauptforderung von 117,61 €), die erkennen lassen, daß der Antragsteller selbst kleinere Beträge nicht mehr begleichen kann.

3. Die Abwesenheit des Antragstellers im Termin hindert den Senat nicht an der Entscheidung. Der Antragsteller hat per Fax am Terminstag mitgeteilt, wegen eines am Vorabend erlittenen "häuslichen Unfalls" nicht erscheinen zu können. Nähere Ausführungen dazu fehlen. Nachdem der Antragsteller zuvor schon dreimal Terminen aus jeweils verschiedenen gesundheitlichen Gründen ferngeblieben war, ist ihm aufgegeben worden, nicht nur die letzte Verhinderung (am 15. Dezember 2003), sondern auch eine etwaige neue Verhinderung amtsärztlich bestätigen zu lassen. Beides ist nicht geschehen. Selbst wenn es ihm bis zur Terminsstunde nicht möglich war, den Amtsarzt aufzusuchen, hätte er ein Attest des ärztlichen Notdienstes beibringen können und müssen. Nicht einmal dieser Obliegenheit ist er nachgekommen. Eine Verhandlungsunfähigkeit ist damit nicht glaubhaft gemacht.

Ende der Entscheidung

Zurück