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Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 24.10.2003
Aktenzeichen: AnwZ (B) 62/02
Rechtsgebiete: BRAO
Vorschriften:
BRAO § 53 Abs. 9 | |
BRAO § 53 Abs. 10 | |
BRAO § 55 Abs. 3 Satz 1 |
b) Der Abwickler einer Kanzlei darf aus dem ihm anvertrauten Treugut Geld entnehmen, um notwendige Aufwendungen zu bestreiten.
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS
vom
24. Oktober 2003
in dem Verfahren
wegen Festsetzung einer Abwicklervergütung
Der Bundesgerichtshof, Senat für Anwaltssachen, hat durch den Präsidenten des Bundesgerichtshofs Prof. Dr. Hirsch, die Richter Basdorf, Dr. Ganter und Schlick sowie die Rechtsanwälte Prof. Dr. Salditt, Dr. Kieserling und die Rechtsanwältin Kappelhoff auf die mündliche Verhandlung vom 14. Juli 2003 am 24. Oktober 2003
beschlossen:
Tenor:
Die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluß des 2. Senats des Niedersächsischen Anwaltsgerichtshofs in Celle vom 18. Juli 2002 wird zurückgewiesen.
Die Antragsgegnerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen und dem Antragsteller die ihm im Beschwerdeverfahren entstandenen notwendigen außergerichtlichen Auslagen zu erstatten.
Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 12.491,02 € festgesetzt.
Gründe:
I.
Mit Bescheid vom 8. August 2000 wurde der Antragsteller zum Abwickler des verstorbenen Rechtsanwalts J. bestellt. Wegen der Überschuldung des Nachlasses schlugen die Erben des verstorbenen Rechtsanwalts die Erbschaft aus; das Nachlaßgericht ordnete die Nachlaßverwaltung an.
Bereits mit Schreiben vom 14. und 22. August 2000 hatte der Antragsteller der Antragsgegnerin mitgeteilt, daß es aufgrund der schlechten finanziellen Verhältnisse der abzuwickelnden Kanzlei unumgänglich sei, neben der Festsetzung der Abwicklervergütung eine Vereinbarung hinsichtlich des Auslagenersatzes zu treffen.
Die Antragsgegnerin setzte die Vergütung des Antragstellers für die Monate August bis Dezember 2000 mit Bescheid vom 24. August 2000 fest. Hinsichtlich der für die Durchführung der Abwicklung notwendigen Aufwendungen vereinbarten die Antragsgegnerin und der Antragsteller am 30. August/1. September 2000, daß der Antragsteller für die Monate August bis Oktober 2000 einen Auslagenvorschuß von je 7.000 DM monatlich erhalten sollte, der "vorzugsweise mit den zu erzielenden Einnahmen zu verrechnen" sei. Zugleich kamen die Vertragsschließenden überein, daß der Antragsteller eine monatliche "Einnahmen-Überschuß-Rechnung" zu fertigen habe.
Mit Bescheid vom 25. April 2001 setzte die Antragsgegnerin die Vergütung des Antragstellers für die Zeit von Januar bis März 2001 fest. Der vom Antragsteller geäußerten Bitte, eine Auslagenersatzvereinbarung über den Oktober 2000 hinaus zu treffen, kam die Antragsgegnerin nicht nach.
Nach einer Besprechung mit dem Antragsteller hob die Antragsgegnerin mit Verfügung vom 30. Mai 2001 die Bescheide vom 24. August 2000 und 25. April 2001 auf und setzte die Vergütung für die Zeit von August 2000 bis März 2001 einheitlich auf monatlich 8.540 DM zuzüglich 16 % Mehrwertsteuer neu fest. Darüber hinaus stellte sie unter Darstellung der Einnahmen und Ausgaben fest, daß der Antragsteller bis zum 28. März 2001 aus der Abwicklertätigkeit einen Gewinn von 15.039,32 DM erzielt habe, der auf die festgesetzte Vergütung anzurechnen sei. Die Festsetzung der Vergütung wird in dieser Verfügung, wie in den beiden vorangegangenen Bescheiden, als vorläufig bezeichnet; dabei hatte die Antragsgegnerin jeweils angeordnet, daß erzielte Gewinne bzw. nach Abzug der Kosten verbleibende Gebühreneinnahmen entnommen werden dürften bzw. mit der Vergütung zu verrechnen seien.
Nach Vorlage der Einnahmen-Überschuß-Rechnungen für die Monate April und Mai 2001 setzte die Antragsgegnerin mit Verfügung vom 2. Juli 2001 die Vergütung des Antragstellers für diese beiden Monate auf 4.993,80 DM und 3.532,20 DM brutto (vorläufig) fest. Zugleich stellte sie unter Ziffer 3 des Bescheids fest, daß erzielte Gewinne aus den Honorareinnahmen mit der Höhe der Vergütung zu verrechnen seien und bei der Ermittlung der Gewinne die Kostenanteile "Gehälter" (einer Rechtsanwaltsgehilfin), "Fremdarbeiten" (Rechtsanwälte, die für den Antragsteller im Rahmen der Abwicklung tätig geworden sind) und "Miete" (Büroräume der Abwicklerkanzlei) nicht bzw. nicht mehr als den Gewinn mindernde Ausgaben der abzuwickelnden Kanzlei berücksichtigt werden dürften. Entsprechend diesen Vorgaben ermittelte die Antragsgegnerin im Abrechnungszeitraum einen Nettogewinn des Antragstellers von 4.226,18 DM, den sie bei Zahlung der Vergütung an den Antragsteller in Abzug brachte.
In gleicher Weise verfuhr die Antragsgegnerin bei der Festsetzung der Abwicklervergütung für die Monate Juni bis Oktober 2001, die mit Bescheiden vom 19. September und 20. Dezember 2001 vorgenommen wurde. Auch hier verneinte sie die Abzugsfähigkeit der Kostenbestandteile "Gehälter" und "Fremdarbeiten" vom Gewinn (Büroraummiete ist in diesem Zeitraum nicht mehr angefallen).
Der Antragsteller, der die Höhe der festgesetzten Vergütung als solche und die Behandlung des Kostenpunkts "Fremdarbeiten" nicht beanstandet, hat gegen die Bescheide der Antragsgegnerin vom 2. Juli, 19. September und 20. Dezember 2001 Antrag auf gerichtliche Entscheidung gestellt mit dem Begehren, diese Bescheide aufzuheben, soweit darin festgestellt worden ist, daß die Kosten für Gehälter und Mieten nicht (gewinnmindernd) anrechnungsfähig seien.
Der Antragsteller hat vorgetragen, die Aufwendungen für die Anmietung der Büroräume und die Zahlung des Gehalts einer Rechtsanwaltsgehilfin seien zwingend erforderlich gewesen und im übrigen von der Antragsgegnerin auch in der Vergangenheit, nämlich für die Monate August 2000 bis März 2001, gewinnmindernd berücksichtigt worden.
Mit Beschluß vom 18. Juli 2002 hat der Anwaltsgerichtshof dem Antrag auf gerichtliche Entscheidung stattgegeben. Er hat die angefochtenen Bescheide jeweils teilweise abgeändert und in Ziffer 3 wie folgt neu gefaßt:
"Erzielte Gewinne aus Honorareinnahmen sind mit der unter Ziffer 1. festgesetzten Vergütung zu verrechnen, wobei die Kosten für Fremdarbeiten nicht gewinnmindernd zu berücksichtigen sind. Dagegen sind die Kosten für Gehälter und Miete dem Grunde nach auf den Gewinn anzurechnen, soweit sie notwendig waren."
Hiergegen richtet sich die - zugelassene - sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin.
II.
Das form- und fristgerecht eingelegte Rechtsmittel ist zulässig (§ 223 Abs. 3 Satz 1, Abs. 4, § 42 Abs. 4 BRAO), bleibt jedoch in der Sache ohne Erfolg.
Die (teilweise) Aufhebung der in den angefochtenen Bescheiden enthaltenen Feststellungsentscheidungen ist schon deshalb nicht zu beanstanden, weil die Bundesrechtsanwaltsordnung dem Vorstand der Rechtsanwaltskammer keine Rechtsgrundlage dafür gibt, die im Rahmen der Gewinnermittlung berücksichtigungsfähigen Kosten verbindlich festzulegen mit der Folge, daß die nicht als berechtigt anerkannten Aufwendungen von der dem Abwickler zustehenden Vergütung in Abzug zu bringen sind. Durch eine derartige Verfahrensweise werden im Festsetzungsverfahren nach § 55 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. § 53 Abs. 10 Satz 5 BRAO unzulässigerweise Fragen des Aufwendungsersatzes und der Vergütung miteinander vermengt. Darüber hinaus ist die Auffassung der Antragsgegnerin unzutreffend, ein Abwickler dürfe aus den seiner Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis unterliegenden Fremdgeldern - zu den insbesondere die im Rahmen der Abwicklertätigkeit vereinnahmten Honorare gehören - ausschließlich (vorschußweise) Entnahmen auf die vereinbarte oder festgesetzte Vergütung tätigen, hingegen sei es ihm verwehrt, mit diesen Geldern notwendige Auslagen zur Durchführung der Abwicklung zu bestreiten.
1. Die Beteiligten streiten darüber, wie sich Miet- und Gehaltskosten, die der Antragsteller aus den im Rahmen der Abwicklung der Kanzlei des verstorbenen Rechtsanwalts J. zugeflossenen Einnahmen bestritten hat, auf die Abwicklervergütung des Antragstellers auswirken, für die die Antragsgegnerin nach § 55 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. § 53 Abs. 10 Satz 7 BRAO wie ein Bürge zu haften hat.
Der Antragsteller macht geltend, daß insbesondere die weitere Mitarbeit der Rechtsanwaltsgehilfin H. , die über 14 Jahre in der Kanzlei J. tätig gewesen sei und nahezu alle Akten gekannt habe, für die ordnungsgemäße Durchführung der Abwicklertätigkeit unerläßlich gewesen sei, und zwar, entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin, über den März 2001 hinaus. Die Anmietung zweier Büroräume sei bis einschließlich April 2001 ebenfalls zur Fortführung der Abwicklung notwendig gewesen; wegen des großen Aktenbestandes, der erst im April 2001 auf einen Bestand von etwa 600 Akten habe reduziert werden können, habe er erst ab Mai 2001 die Abwicklertätigkeit in seiner eigenen Kanzlei fortsetzen können.
Die Antragsgegnerin steht demgegenüber auf dem Standpunkt, daß der Antragsteller nach § 55 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. § 53 Abs. 10 Satz 6 BRAO lediglich dazu berechtigt gewesen sei, aus dem seiner Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis unterliegenden Fremdgeld Vorschüsse auf die vereinbarte oder festgesetzte Vergütung zu entnehmen; hingegen habe er mit diesem Geld weder im Rahmen der Abwicklertätigkeit eingegangene Verbindlichkeiten begleichen noch Vorschußzahlungen auf zu tätigende Aufwendungen vornehmen dürfen. Etwas anderes würde nur dann gelten, wenn dem Antragsteller durch entsprechende Vereinbarung gestattet worden sei, das ihm anvertraute Fremdgeld zum Bestreiten von Aufwendungen zu verwenden. Da die Antragsgegnerin dem Anliegen des Antragstellers, entstandene Personal- und Büromietkosten über den März 2001 hinaus mit Mitteln der abzuwickelnden Kanzlei zu bestreiten, eindeutig widersprochen habe, seien die gleichwohl erfolgten Entnahmen des Antragstellers zur Deckung dieser Kosten rechtlich als Honorarentnahmen zu werten. Demzufolge seien diese Entnahmen in voller Höhe auf den Vergütungsanspruch des Antragstellers anzurechnen und zwar, entgegen der Auffassung des Anwaltsgerichtshofs, ohne Rücksicht darauf, ob diese Kosten zur ordnungsgemäßen Fortführung der Abwicklertätigkeit erforderlich waren oder nicht.
2. Die Antragsgegnerin hat sich in den angefochtenen Bescheiden nicht darauf beschränkt, die dem Antragsteller für seine Abwicklertätigkeit zustehende angemessene Vergütung festzusetzen. Sie hat darüber hinaus im Wege eines feststellenden Verwaltungsakts verbindliche Aussagen darüber getroffen bzw. treffen wollen, wie bestimmte Kosten im Rahmen der Gewinnermittlung zu behandeln sind mit der Folge, daß Kosten, deren Abzugsfähigkeit vom Gewinn die Antragsgegnerin nicht als berechtigt anerkannt hat, mit dem Vergütungsanspruch des Antragstellers zu verrechnen sind. Für eine derartige Verfahrensweise gibt indes die Bundesrechtsanwaltsordnung dem Vorstand einer Rechtsanwaltskammer keine Rechtsgrundlage.
Wird für einen verstorbenen Rechtsanwalt nach § 55 Abs. 1 Satz 1 BRAO von der Landesjustizverwaltung oder der zuständigen Rechtsanwaltskammer (§ 224a BRAO) ein Abwickler bestellt, so entsteht zwischen dem Abwickler und der ihn bestellenden Behörde ein öffentlich-rechtliches Rechtsverhältnis; zugleich entstehen zwischen dem Abwickler und den Erben oder sonstigen Rechtsnachfolgern (Nachlaßverwalter) des verstorbenen Rechtsanwalts privatrechtliche Beziehungen in Gestalt eines Geschäftsbesorgungsverhältnisses, auf das gemäß § 55 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. § 53 Abs. 9 Satz 2 BRAO die §§ 666, 667 und 670 BGB entsprechend anzuwenden sind (Feuerich/Weyland, BRAO, 6. Aufl., § 55 Rn. 17 und 30; Simonsen/Leverenz, BRAK-Mitt. 1995, 224, 225). Dem Abwickler steht für seine Tätigkeit eine Vergütung zu. Diese ist, wenn sich der Abwickler und die Rechtsnachfolger des verstorbenen Rechtsanwalts über die Höhe der Vergütung nicht einigen können, auf Antrag des Abwicklers oder der Rechtsnachfolger vom Vorstand der Rechtsanwaltskammer festzusetzen; für die festgesetzte Vergütung haftet die Rechtsanwaltskammer wie ein Bürge (§ 55 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. § 53 Abs. 10 Satz 5 und 7 BRAO).
Die von der Rechtsanwaltskammer unter Berücksichtigung des Zeitaufwands, der beruflichen Erfahrung und Stellung des Abwicklers sowie der Schwierigkeit und Dauer der Abwicklung vorzunehmende (vgl. Senatsbeschluß vom 30. November 1992 - AnwZ (B) 37/92 - NJW-RR 1993, 1335, 1336) Festsetzung betrifft ausschließlich die Vergütung des Abwicklers. Der daneben bestehende Anspruch auf Aufwendungsersatz aus § 55 Abs. 3 Satz 1, § 53 Abs. 9 Satz 2 BRAO, § 670 BGB, der sich allein gegen die Rechtsnachfolger des verstorbenen Rechtsanwalts richtet und nicht Gegenstand der Bürgenhaftung ist, bleibt dabei unberücksichtigt (Senatsbeschlüsse vom 30. November 1992 - AnwZ (B) 27/92 - NJW 1993, 1334, 1335 und vom 5. Oktober 1998 - AnwZ (B) 21/98 - NJW-RR 1999, 797).
Das Verbot, die Höhe des Aufwendungsersatzanspruchs festzusetzen, betrifft entgegen der Auffassung des Anwaltsgerichtshofs nicht nur den Fall, daß mit der Festsetzung das Ziel verfolgt wird, die Durchsetzung dieses Anspruchs gegen den Rechtsnachfolger des verstorbenen Rechtsanwalts zu erleichtern. Auch dann, wenn - wie hier - mittelbar im Rahmen der Festsetzung der Vergütung geklärt werden soll, ob Einnahmen aus der Abwicklertätigkeit, die zum Bestreiten von Aufwendungen verwendet worden sind, auf den Vergütungsanspruch anzurechnen sind, gilt nichts anderes. Dies ergibt sich eindeutig aus dem Senatsbeschluß vom 5. Oktober 1998, dem eine vergleichbare Fallkonstellation zugrunde lag: In jenem Fall stritten der amtlich bestellte Vertreter und die für die Festsetzung der Vergütung zuständige Rechtsanwaltskammer darüber, ob bei der Festsetzung der Vergütung vom Konto des Vertretenen abgezweigte Vorschüsse auf den Aufwendungsersatzanspruch des Vertreters anspruchsmindernd zu berücksichtigen sind. Dies hat der Senat verneint, ohne dabei der Frage weiter nachzugehen, ob der Vertreter zu derartigen Entnahmen berechtigt war.
Daraus folgt, daß es der Rechtsanwaltskammer verwehrt ist, einseitig zu Lasten des Abwicklers durch feststellenden Verwaltungsakt die Ersatz- bzw. (im Rahmen der Gewinnermittlung) Berücksichtigungsfähigkeit von Aufwendungen festzulegen. Die Frage, ob eine als Bürgin in Anspruch genommene Rechtsanwaltskammer dem Abwickler entgegenhalten kann, dieser habe durch unberechtigte Aufwendungen die vom Gesetz zum Bestreiten der Vergütungsansprüche des Abwicklers ausdrücklich vorgesehenen Entnahmemöglichkeiten vereitelt (vgl. hierzu Feuerich/Weyland aaO § 53 Rn. 39; Simonsen/Leverenz, BRAK-Mitt. 1996, 17, 18), ist, wenn nötig, im "Bürgenprozeß" nach Maßgabe der §§ 765 ff BGB vor den ordentlichen Gerichten zu klären.
3. Abgesehen von der fehlenden "Festsetzungskompetenz" der Antragsgegnerin vermag der Senat auch nicht die Rechtsauffassung der Antragsgegnerin zu teilen, wonach der Abwickler aus den seiner Verwaltung unterliegenden Fremdgeldern ausschließlich (vorschußweise) Entnahmen auf die vereinbarte oder festgesetzte Vergütung tätigen dürfe, es ihm also keinesfalls erlaubt sei, diese Gelder zur Begleichung von aus der Tätigkeit des Vertreters herrührenden Verbindlichkeiten der Kanzlei des Vertretenen oder zum Bestreiten von Aufwendungen zu verwenden, die im Rahmen der Abwicklertätigkeit anfallen.
Daraus, daß § 669 BGB von der in § 53 Abs. 9 Satz 2 BRAO enthaltenen Verweisung auf Vorschriften des Auftragsrechts ausgenommen ist, folgt nur, daß der Vertretene nicht dazu verpflichtet ist, dem Vertreter zur Ausführung seines Amts aus eigenen "freien" Mitteln Vorschußzahlungen zu leisten, und der Vertreter nicht dazu berechtigt ist, bei Ausbleiben derartiger Vorschußzahlungen die weitere Ausübung seines Vertreteramts zu verweigern (vgl. Palandt/Sprau, BGB, 62. Aufl., § 669 Rn. 1). Der Ausschluß solcher (vorschußweiser) "Zuzahlungsverpflichtungen" besagt jedoch nichts darüber, wie der amtlich bestellte Vertreter oder der Abwickler einer Kanzlei mit dem seiner Verwaltung unterliegenden Treugut (§ 53 Abs. 10 Satz 1; § 55 Abs. 3 Satz 1 BRAO) zu verfahren hat.
Die Regelung des § 53 Abs. 10 Satz 6 BRAO, die den Vertreter ausdrücklich dazu berechtigt, Vorschüsse auf die vereinbarte oder festgesetzte Vergütung zu entnehmen, ist schon deshalb notwendig oder zumindest sinnvoll, weil es ohne eine derartige Bestimmung keineswegs selbstverständlich wäre, daß ein Verwalter die ihm anvertrauten Fremdgelder zu dem "eigennützigen" Zweck der Vorabbefriedigung eigener Vergütungsansprüche verwenden darf. Soweit es aber um Aufwendungen geht, die zur sachgerechten und ordnungsgemäßen Ausübung der Verwaltertätigkeit notwendig sind, stellt sich die Rechtslage anders dar. Hier entspricht es, ohne daß es einer besonderen gesetzlichen Regelung bedarf, schon allgemeinen Rechtsgrundsätzen, daß derjenige, der ihm treuhänderisch anvertraute fremde Vermögensinteressen wahrzunehmen hat, das seiner Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis unterliegende Treugut auch dazu einsetzen darf, der Wahrung und Förderung der fremden Vermögensinteressen dienliche Ausgaben und Kosten zu bestreiten.
Im Ergebnis bedeutet dies, daß der Abwickler aus den ihm anvertrauten Fremdgeldern - auch vorschußweise (vgl. Senatsbeschluß vom 5. Oktober 1998 aaO) - Entnahmen zum Bestreiten notwendiger Aufwendungen tätigen darf (ebenso Feuerich/Weyland aaO § 53 BRAO Rn. 36). Würde man dies anders sehen, so würden unter Umständen dem Abwickler unzumutbare finanzielle Opfer abverlangt. Diesem kann in Fällen wie dem vorliegenden, in denen angesichts der schlechten finanziellen Verhältnisse der abzuwickelnden Kanzlei eine Befriedigung der Aufwendungsersatzansprüche von den Rechtsnachfolgern des verstorbenen Rechtsanwalts nicht zu erwarten ist, nicht angesonnen werden, die notwendigen Aufwendungen vollständig aus eigenen Mitteln zu bestreiten. Der Abwickler darf nicht in die Gefahr gebracht werden, im wirtschaftlichen Ergebnis seine umfangreiche Abwicklertätigkeit mit erheblichen Vergütungseinbußen oder gar mit Verlust zu beenden, obwohl - wie hier - die Einnahmen aus der Abwicklertätigkeit ausreichen, die Kosten dieser Tätigkeit zu decken. Allenfalls stellt sich die Frage, ob dann, wenn erkennbar ist oder wird, daß auch das Treugut zur Bestreitung dieser Kosten nicht ausreicht, einem Rechtsanwalt ohne entsprechende finanzielle Absicherung durch die Rechtsanwaltskammer die Übernahme oder Fortführung des Abwickleramts abverlangt werden kann.
Soweit die Antragsgegnerin geltend macht, nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sei eine derartige Verfahrensweise nur rechtens, wenn entsprechende Vereinbarungen getroffen werden, verkennt sie die Rechtsprechung des Senats. Danach sind - konstitutive - Vereinbarungen über Auslagenersatz nur erforderlich, wenn und soweit der Abwickler oder der amtlich bestellte Vertreter die Erstattung seiner Auslagen unmittelbar von der Rechtsanwaltskammer selbst erlangen will. Soweit es jedoch nicht um die Inanspruchnahme der Kammer, sondern allein darum geht, ob für diese Aufwendungen der Vertretene aufzukommen oder es hinzunehmen hat, daß der Vertreter diese Aufwendungen aus den seiner Verwaltung unterliegenden Mitteln des Vertretenen bestreitet, kommt es allein auf die Erforderlichkeit der getätigten Aufwendungen an (Senatsbeschluß vom 30. November 1992 - AnwZ (B) 27/92 - aaO).
III.
Da nach dem Vorgesagten der Vorstand einer Rechtsanwaltskammer nicht befugt ist, bei der Festsetzung der Vergütung des Abwicklers verbindliche Festlegungen über die Erstattungs- oder Berücksichtigungsfähigkeit von Aufwendungen zu machen, hätten weder die Antragsgegnerin in den angefochtenen Verfügungen noch der Anwaltsgerichtshof bei seiner Beschlußfassung irgendwelche Aussagen über die Behandlung einzelner Kostenpositionen bei der Ermittlung der dem Antragsteller zustehenden Vergütung machen dürfen. Dies berechtigt den Senat indes nicht dazu, den Beschluß des Anwaltsgerichtshofs zu korrigieren.
Aufgrund der Tenorierung des Anwaltsgerichtshofs steht zwischen den Beteiligten bindend fest, daß die Kosten für Gehälter und Miete den Vergütungsanspruch des Antragstellers unmittelbar mindern, wenn sie nicht notwendig waren. Diese die Antragsgegnerin begünstigende "Grundaussage" muß Bestand haben, weil vorliegend nur die Antragsgegnerin, nicht auch der Antragsteller sofortige Beschwerde gegen den Beschluß des Anwaltsgerichtshofs eingelegt haben. Sollte die Frage der Notwendigkeit dieser Kosten streitig bleiben, müßte sie im Rahmen eines - im Zivilprozeßwege zu entscheidenden - "Vergütungsstreits" zwischen dem Antragsteller als Anspruchsinhaber und der als Bürgin haftenden Antragsgegnerin geklärt werden.
Sollte es zu einem solchen "Vergütungsstreit" kommen, steht weiter bindend fest, daß die für die Position "Fremdarbeiten" eingesetzten Fremdmittel den Vergütungsanspruch des Antragstellers mindern, da der Antragsteller die angefochtenen Verfügungen insoweit hingenommen hat und diese Bescheide trotz der Überschreitung der Regelungskompetenz der Antragsgegnerin nicht als nichtig angesehen werden können.
Ende der Entscheidung
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