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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 03.11.2008
Aktenzeichen: AnwZ (B) 64/07
Rechtsgebiete: BRAO


Vorschriften:

BRAO § 14 Abs. 2 Nr. 7
BRAO § 36a Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS

AnwZ (B) 64/07

vom 3. November 2008

in dem Verfahren

wegen Widerrufs der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft

Der Bundesgerichtshof, Senat für Anwaltssachen, hat durch den Präsidenten des Bundesgerichtshofs Prof. Dr. Tolksdorf, die Richter Dr. Ernemann und Dr. Frellesen, die Richterin Roggenbuck, die Rechtsanwältin Kappelhoff sowie die Rechtsanwälte Dr. Martini und Prof. Dr. Quaas nach mündlicher Verhandlung am 3. November 2008

beschlossen:

Tenor:

Die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des II. Senats des Anwaltsgerichtshofs in der Freien und Hansestadt Hamburg vom 26. Juni 2007 wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen und der Antragsgegnerin die ihr im Beschwerdeverfahren entstandenen notwendigen außergerichtlichen Auslagen zu erstatten.

Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 50.000 € festgesetzt.

Gründe:

I.

Der Antragsteller ist seit dem 13. Juli 2001 zur Rechtsanwaltschaft zugelassen. Die Antragsgegnerin widerrief die Zulassung mit Verfügung vom 11. Mai 2006 nach § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO wegen Vermögensverfalls.

Der Anwaltsgerichtshof hat den Antrag auf gerichtliche Entscheidung zurückgewiesen. Dagegen wendet sich der Antragsteller mit seiner sofortigen Beschwerde.

II.

Das Rechtsmittel des Antragstellers ist zulässig (§ 42 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 4 BRAO), hat in der Sache aber keinen Erfolg. Die Antragsgegnerin hat die Zulassung des Antragstellers zur Rechtsanwaltschaft mit Recht wegen Vermögensverfalls widerrufen (§ 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO).

Nach § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO ist die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft zu widerrufen, wenn der Rechtsanwalt in Vermögensverfall geraten ist, es sei denn, dass dadurch die Interessen der Rechtsuchenden nicht gefährdet sind. Diese Voraussetzungen waren bei Erlass der Widerrufsverfügung erfüllt und liegen weiterhin vor.

1. Ein Vermögensverfall ist gegeben, wenn der Rechtsanwalt in ungeordnete, schlechte finanzielle Verhältnisse geraten ist, die er in absehbarer Zeit nicht ordnen kann, und außerstande ist, seinen Verpflichtungen nachzukommen; Beweisanzeichen hierfür sind insbesondere die Erwirkung von Schuldtiteln und Vollstreckungsmaßnahmen gegen ihn (st.Rspr.; vgl. Senatsbeschluss vom 25. März 1991 - AnwZ (B) 73/90, BRAK-Mitt. 1991, 102; Senatsbeschluss vom 21. November 1994 - AnwZ (B) 40/94, BRAK-Mitt. 1995, 126).

Derartige Vollstreckungsmaßnahmen, welche die Annahme rechtfertigten, dass der Antragsteller in Vermögensverfall geraten war, lagen im Zeitpunkt der Widerrufsverfügung vor. Auf die in der Widerrufsverfügung aufgeführten Vollstreckungsmaßnahmen des Obergerichtsvollziehers P. wird Bezug genommen. Der Antragsteller ist den zahlreichen Aufforderungen der Antragsgegnerin, zu diesen Vollstreckungsmaßnahmen und darüber hinaus zu seinen Vermögensverhältnissen insgesamt Stellung zu nehmen, nur unzureichend nachgekommen. Dies geht zu Lasten des Antragstellers, weil dieser nach § 36a Abs. 2 BRAO zur Mitwirkung an der Aufklärung, ob ein Vermögensverfall vorliegt, verpflichtet ist (st.Rspr.; Senatsbeschluss vom 12. Dezember 1991 - AnwZ (B) 40/91, juris, unter II 1 a; Senatsbeschluss vom 26. März 2007 - AnwZ (B) 45/06, www.bundesgerichtshof.de, unter III 2 c). Die Antragsgegnerin und der Anwaltsgerichtshof sind deshalb mit Recht davon ausgegangen, dass sich der Antragsteller im Zeitpunkt der Widerrufsverfügung in Vermögensverfall befand.

Dagegen bringt der Antragsteller im Beschwerdeverfahren nichts Durchgreifendes vor. Die Behauptung des Antragstellers, er habe die den Vollstreckungen zugrunde liegenden Forderungen bereits vor Erlass der Widerrufsverfügung durch Zahlung an den Obergerichtsvollzieher P. und - nach dem Umzug des Antragstellers - an den Obergerichtsvollzieher W. beglichen, findet in den vom Senat eingeholten Auskünften der beiden Gerichtsvollzieher keine Bestätigung. Danach waren sogar weit mehr Vollstreckungsverfahren gegen den Antragsteller erfolglos verlaufen, als in der Widerrufsverfügung angenommen worden war. Die Aufstellung des Obergerichtsvollzieher P. vom 7. März 2008 listet 22 Vollstreckungsverfahren aus der Zeit bis zur Widerrufsverfügung auf; die Gesamthöhe der vergeblich vollstreckten Forderungen belief sich auf rund 22.000,-- €. Hinzu kommen nach der Aufstellung des Obergerichtsvollziehers W. vom 3. April 2008 neun weitere Verfahren, bei denen die Vollstreckung in Höhe von insgesamt rund 25.000,-- € erfolglos verlief. Diesen Aufstellungen ist der Antragsteller nicht entgegengetreten.

2. Eine nachträgliche Konsolidierung der Vermögensverhältnisse des Antragstellers, die im laufenden Verfahren noch zu berücksichtigen wäre (BGHZ 75, 356), ist nicht festzustellen. Der Antragsteller hat in seiner Beschwerdebegründung vom 4. September 2007 zwar angekündigt, eine aktuelle Aufstellung über bestehende Verbindlichkeiten und laufende Einkünfte nachzureichen; dies ist aber nicht geschehen. Tilgungsnachweise oder Ratenzahlungsvereinbarungen bezüglich der offenen Forderungen hat er nicht vorgelegt. Aus der Aufstellung des Obergerichtsvollziehers W. ist darüber hinaus zu entnehmen, dass gegen den Antragsteller auch nach Erlass der Widerrufsverfügung vollstreckt wurde; aufgelistet sind dort fünf weitere Vollstreckungsverfahren, die in Höhe von rund 4.000,-- € erfolglos verliefen.

Nach der Mitteilung des Amtsgerichts Pi. vom 23. Juni 2008 ist der Antragsteller mit einer am 27. September 2007 abgegebenen eidesstattlichen Versicherung im Schuldnerverzeichnis eingetragen (75 M ); darüberhinaus ist der Antragsteller nach der Mitteilung des Amtsgerichts H. vom 24. Juni 2008 mit Haftbefehlen auch im dortigen Schuldnerverzeichnis eingetragen. Damit spricht nunmehr auch die gesetzliche Vermutung des § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO für den fortbestehenden Vermögensverfall des Antragstellers.

2. Wie der Bestimmung des § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO zu entnehmen ist, geht der Gesetzgeber grundsätzlich von einer Gefährdung der Interessen der Rechtsuchenden aus, wenn sich der Rechtsanwalt in Vermögensverfall befindet; dies ist auch in aller Regel der Fall, insbesondere im Hinblick auf den Umgang des Rechtsanwalts mit Fremdgeldern und den darauf möglichen Zugriff von Gläubigern. Anhaltspunkte dafür, dass eine Gefährdung der Interessen der Rechtsuchenden durch den Vermögensverfall des Antragstellers ausnahmsweise verneint werden kann, sind nicht ersichtlich. Insbesondere wird eine solche Gefährdung nicht bereits dadurch ausgeschlossen, dass der Antragsteller ein Anderkonto führt (st. Rspr.; vgl. Senatsbeschluss vom 25. Juli 2005 - AnwZ (B) 43/04, www.bundesgerichtshof.de, unter II 1 b).

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