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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 15.06.2009
Aktenzeichen: AnwZ (B) 64/08
Rechtsgebiete: BRAO, InsO, ZPO


Vorschriften:

BRAO § 14 Abs. 2
InsO § 26 Abs. 2
ZPO § 915
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Der Bundesgerichtshof, Senat für Anwaltssachen, hat

durch

den Präsidenten des Bundesgerichtshofs Prof. Dr. Tolksdorf,

den Richter Dr. Frellesen,

die Richterinnen Roggenbuck und Lohmann,

die Rechtsanwälte Dr. Wüllrich und Dr. Frey sowie

die Rechtsanwältin Dr. Hauger

am 15. Juni 2009

beschlossen:

Tenor:

Die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des 1. Senats des Anwaltsgerichtshofs des Landes Nordrhein-Westfalen vom 25. Januar 2008 wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen und der Antragsgegnerin die ihr im Beschwerdeverfahren entstandenen notwendigen außergerichtlichen Auslagen zu erstatten.

Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 50.000 EUR festgesetzt.

Gründe:

I.

Der Antragsteller ist am 23. April 1996 zur Anwaltschaft zugelassen worden. Mit Bescheid vom 25. September 2007 widerrief die Antragsgegnerin die Zulassung wegen Vermögensverfalls (§ 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO). Den hiergegen gerichteten Antrag auf gerichtliche Entscheidung hat der Anwaltsgerichtshof zurückgewiesen. Mit seiner sofortigen Beschwerde will der Antragsteller weiterhin die Aufhebung der Widerrufsverfügung erreichen. Der Antragsteller ist der Sitzung ohne hinreichende Entschuldigung ferngeblieben. Seine Behauptung, er habe sich am 15. Juni 2009 notwendig in ärztliche Behandlung begeben müssen, hat er nicht glaubhaft gemacht. Sie kann nicht zutreffen. Das ärztliche Attest des Dr. med. M. in B. stammt vom 9. Juni 2009 und bescheinigt Arbeitsunfähigkeit für die Zeit vom 5. bis zum 15. Juni 2009; nächster Behandlungstermin sei der 15. Juni 2009. Täglich behandlungsbedürftig war die behauptete Bissverletzung danach nicht. Wäre dies der Fall gewesen, hätte der Antragsteller außerdem auch am Wochenende ärztliche Behandlung in Anspruch nehmen müssen. Dies hat er eigener Darstellung nach jedoch nicht getan, obwohl dies möglich gewesen wäre (Notarzt; Ambulanz).

II.

Die sofortige Beschwerde ist statthaft (§ 42 Abs. 1 Nr. 2 BRAO) und auch im Übrigen zulässig (§ 42 Abs. 4 BRAO). Sie bleibt jedoch ohne Erfolg.

1.

Die Zulassung zur Anwaltschaft ist zu widerrufen, wenn sich der Rechtsanwalt in Vermögensverfall befindet, es sei denn, dass dadurch die Interessen der Rechtsuchenden nicht gefährdet sind. Ein Vermögensverfall ist gegeben, wenn der Rechtsanwalt in ungeordnete, schlechte finanzielle Verhältnisse geraten ist, die er in absehbarer Zeit nicht ordnen kann, und außer Stande ist, seinen Verpflichtungen nachzukommen. Beweisanzeichen hierfür sind insbesondere die Erwirkung von Schuldtiteln und Vollstreckungsmaßnahmen gegen ihn (st.Rspr.; vgl. z.B. Senatsbeschluss vom 14. April 2007 - AnwZ (B) 6/06, Rdn. 5 m.w.N.). Der Vermögensverfall wird vermutet, wenn ein Insolvenzverfahren über das Vermögen des Rechtsanwalts eröffnet oder der Rechtsanwalt in das vom Insolvenzgericht oder vom Vollstreckungsgericht zu führende Verzeichnis nach §§ 26 Abs. 2 InsO, 915 ZPO eingetragen ist (§ 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO).

2.

Im Zeitpunkt der Widerrufsentscheidung am 25. September 2007 waren diese Voraussetzungen erfüllt. Gegen den Antragsteller lagen insgesamt acht Haftbefehle zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung vor. Die damit begründete Vermutung des Vermögensverfalls hat der Antragsteller - bezogen auf den Zeitpunkt des Widerrufs - nicht widerlegen können. Anhaltspunkte dafür, dass ungeachtet des Vermögensverfalls die Interessen der Rechtsuchenden nicht gefährdet waren, sind weder vorgetragen noch ersichtlich.

3.

Der Widerrufsgrund ist auch nicht nachträglich entfallen.

a)

Sind im Laufe des gerichtlichen Verfahrens die Voraussetzungen für den Widerruf der Zulassung nachträglich zweifelsfrei entfallen, so ist dies nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs bei der Entscheidung noch zu berücksichtigen (BGHZ 75, 356, 357 ; 84, 149, 150) . Der Anwalt muss dazu im Einzelnen belegen, dass er die gegen ihn gerichteten Forderungen getilgt hat oder in einer Weise zu erfüllen vermag, die seine Einkommens- und Vermögensverhältnisse wieder als geordnet erscheinen lässt (vgl. Senat , Beschl. v. 6. November 1998 - AnwZ (B) 25/98, BRAK-Mitt. 1999, 36). Er hat dazu seine Einkommens- und Vermögensverhältnisse umfassend darzulegen. Dazu gehört insbesondere eine Aufstellung sämtlicher gegen ihn erhobenen Forderungen, aus der sich ergibt, ob und in welcher Höhe Forderungen erfüllt worden sind oder in welcher Weise sie erfüllt werden sollen (vgl. Senat , Beschl. v. 21. November 1994 - AnwZ (B) 40/94, BRAK-Mitt. 1995, 126; v. 31. März 2008 - AnwZ (B) 8/07, Rdn. 9). Es darf keine Forderung auf unabsehbare Zeit offen bleiben (Senat , Beschl. v. 7. Dezember 2004 - AnwZ (B) 40/04, NJW 2005, 1271, 1272).

b)

Diesen Anforderungen ist der Antragsteller nicht gerecht geworden. Im Verfahren vor dem Anwaltsgerichtshof hat er in allgemeiner Form auf seine Bemühungen verwiesen, die bestehenden Verbindlichkeiten zu tilgen. Seinen eigenen Angaben nach waren diese Bemühungen bis dahin aber erfolglos geblieben. Im Beschwerdeverfahren hat der Antragsteller eine Gewinn- und Verlustrechnung per 31. Dezember 2008 vorgelegt, aus der ein Gewinn von 3.589,59 EUR ersichtlich sei. Er hat außerdem Darlehenskontoauszüge der Stadtsparkasse Bl. für das Jahr 2008 eingereicht, aus denen sich ergebe, dass er seinen wesentlichen Verbindlichkeiten vollständig und pünktlich nachkomme. Mit den Darlehensverbindlichkeiten des Antragstellers ist der Widerruf jedoch nicht begründet worden. Grundlage des Widerrufs waren die aus der Anlage zum Widerrufsbescheid ersichtlichen titulierten Forderungen, wegen derer erfolglos die Zwangsvollstreckung betrieben worden war. Der Antragsteller hat am 2. November 2007 in elf Verfahren die eidesstattliche Versicherung abgelegt. Eine Tilgung dieser Forderungen hat er weder nachgewiesen noch auch nur behauptet. Anhaltspunkte für einen Wegfall der Gefährdung der Rechtsuchenden sind nach wie vor nicht ersichtlich.

Ende der Entscheidung

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