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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 29.09.2003
Aktenzeichen: AnwZ (B) 69/02
Rechtsgebiete: BRAO, VwGO


Vorschriften:

BRAO § 28
BRAO § 223 Abs. 3
VwGO § 113 Abs. 1 Satz 4
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS

AnwZ (B) 69/02

vom

29. September 2003

in dem Verfahren

wegen Briefkopfgestaltung

Der Bundesgerichtshof, Senat für Anwaltssachen, hat durch die Vorsitzende Richterin Dr. Deppert, den Richter Schlick, die Richterin Dr. Otten und den Richter Dr. Frellesen sowie die Rechtsanwälte Dr. Schott, Dr. Frey und Dr. Wosgien am 29. September 2003

beschlossen:

Tenor:

Der Antrag festzustellen, daß die von der Antragsgegnerin beanstandete Briefkopfgestaltung der Antragstellerin (Hinweis auf Kanzleisitze in M. und B. ) berufsrechtlich zulässig ist, wird als unzulässig zurückgewiesen.

Gerichtliche Gebühren und Auslagen werden nicht erhoben. Außergerichtliche Auslagen sind nicht zu erstatten.

Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 15.000 € festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Antragstellerin wurde am 16. Juli 1998 zur Rechtsanwaltschaft und beim Amts- und Landgericht M. als Rechtsanwältin zugelassen. Im Juli 2001 schloß sich die Antragstellerin mit dem Rechtsanwalt V. zur gemeinschaftlichen Berufsausübung zusammen.

Mit Schreiben vom 12. März 2003 beanstandete die Antragsgegnerin, dem von der Antragstellerin verwendeten Briefbogen sei zu entnehmen, daß die Sozietät in B. und in M. ein Büro unterhalte; dies stelle eine unzulässige Werbung dar, da weder die Antragstellerin noch Rechtsanwalt V. in B. als Rechtsanwalt zugelassen sei.

Nachdem die Antragstellerin die Beanstandung unter Hinweis auf die Verfassungswidrigkeit des in § 28 BRAO angeordneten Zweigstellenverbots zurückgewiesen hatte, gab die Antragsgegnerin der Antragstellerin mit Bescheid vom 24. Mai 2002 auf, den verwendeten Briefbogen bis zum 28. Juni 2002 dahin abzuändern, daß als Kanzleianschrift nur noch die Adresse M. , K. Straße ... angegeben wird.

Den gegen diesen Bescheid gerichteten Antrag auf gerichtliche Entscheidung hat der Anwaltsgerichtshof zurückgewiesen. Hiergegen hat die Antragstellerin die vom Anwaltsgerichtshof zugelassene sofortige Beschwerde eingelegt und beantragt, den Beschluß des Anwaltsgerichtshofs und die Verfügung der Antragsgegnerin aufzuheben.

Nachdem die Antragstellerin und Rechtsanwalt V. mittlerweile ihre berufliche Zusammenarbeit beendet haben, haben die Beteiligten die Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt; die Antragstellerin beantragt nunmehr festzustellen, daß die Verfügung der Antragsgegnerin rechtswidrig war.

II.

Die sofortige Beschwerde ist gemäß § 223 Abs. 3 BRAO statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt worden. Nachdem die Antragstellerin und Rechtsanwalt V. ihre berufliche Zusammenarbeit beendet und die Beteiligten die Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt haben, ist nur noch über den Feststellungsantrag der Antragstellerin zu befinden. Dieser Antrag ist als unzulässig zurückzuweisen.

1. Entgegen der Auffassung des Anwaltsgerichtshofs ist die angefochtene Verfügung der Antragsgegnerin, in der der Antragstellerin aufgegeben wurde, ihren Briefbogen bis spätestens zum 28. Juni 2002 abzuändern, aus Sicht eines verständigen Empfängers als Gebotsverfügung und nicht lediglich als sogenannte mißbilligende Belehrung aufzufassen. Wie der Senat durch Beschlüsse vom 25. November 2002 (AnwZ (B) 8/02 - NJW 2003, 504 und AnwZ (B) 41/02 - BRAK-Mitt. 2003, 82, zur Veröffentlichung in BGHZ 153, 61 vorgesehen), also nach Erlaß der angefochtenen Verfügung und nach der Entscheidung des Anwaltsgerichtshofs, entschieden hat, gibt die Bundesrechtsanwaltsordnung dem Vorstand einer Rechtsanwaltskammer keine Rechtsgrundlage dafür, anwaltlichen Verstößen gegen berufsrechtliche Bestimmungen mit Ge- und Verbotsverfügungen zu begegnen.

Die Verfügung der Antragsgegnerin vom 24. Juni 2002 war also ohne Rücksicht darauf rechtswidrig, wie die im Zentrum der anwaltsgerichtlichen Auseinandersetzung stehende Frage, ob das in § 28 BRAO normierte grundsätzliche Verbot, eine Zweigstelle zu unterhalten, verfassungsgemäß ist, zu beantworten ist.

2. a) Da die Bundesrechtsanwaltsordnung ein der Fortsetzungsfeststellungsklage des § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO entsprechendes Feststellungsbegehren nicht vorsieht, ist ein solches Feststellungsbegehren nach ständiger Rechtsprechung des Senats in der Regel unzulässig. Ausnahmsweise kann es jedoch statthaft sein, vom Anfechtungsantrag zum Feststellungsbegehren überzugehen, wenn sich die auf Beseitigung des Bescheids und Verpflichtung der Antragsgegnerin gerichtete Hauptsache während des gerichtlichen Verfahrens erledigt hat. Dies setzt aber voraus, daß der Antragsteller andernfalls ohne effektiven Rechtsschutz (Art. 19 Abs. 4 GG) bliebe, obwohl er in seinen Rechten beeinträchtigt ist, und die begehrte Feststellung eine Rechtsfrage klären hilft, die sich der Justizverwaltung und dem Antragsteller bei künftigen Gelegenheiten ebenso stellen wird (vgl. zuletzt Senatsbeschluß vom 13. Januar 2003 - AnwZ (B) 59/01 - AnwBl. 2003, 367 m.w.N.).

b) Der pauschale Hinweis der Antragstellerin, es bestehe "Wiederholungsgefahr", reicht zur Begründung eines derartigen Feststellungsinteresses nicht aus. Nachdem der Senat durch die genannten Grundsatzentscheidungen vom 25. November 2002 ausdrücklich klargestellt hat, daß Ge- und Verbotsverfügungen einer Rechtsanwaltskammer rechtswidrig sind, steht nicht mehr zu erwarten, daß die Antragsgegnerin oder eine andere Rechtsanwaltskammer nochmals eine derartige Verfügung erlassen wird. Des weiteren ist weder ersichtlich noch dargetan, daß die Antragstellerin, die mittlerweile in einer anderen Sozietät tätig ist, künftig einen Briefbogen in der von der Antragsgegnerin beanstandeten Form verwenden möchte.

3. Bei der Entscheidung über die Kosten des Verfahrens ist zu berücksichtigen, daß ohne das erledigende Ereignis die Beschwerde mit dem ursprünglichen (Haupt-)Antrag auf Aufhebung der angefochtenen Verfügung und des Beschlusses des Anwaltsgerichtshofs Erfolg gehabt hätte, weil - wie ausgeführt - der Vorstand einer Rechtsanwaltskammer nicht befugt ist, Ge- oder Verbotsverfügungen zu erlassen. Es entspricht daher der Billigkeit (§ 13a FGG), von der Gebührenerhebung und der Erstattung außergerichtlicher Auslagen abzusehen.

4. Der Senat kann ohne mündliche Verhandlung entscheiden, da die Beteiligten ausdrücklich auf sie verzichtet haben (§ 42 Abs. 6 Satz 1 i.V.m. § 40 Abs. 2 Satz 2 BRAO).

Ende der Entscheidung

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