Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 25.11.2002
Aktenzeichen: AnwZ (B) 7/02
Rechtsgebiete: BRAO


Vorschriften:

BRAO § 14 Abs. 2 Nr. 6
BRAO § 27
BRAO § 35 Abs. 1 Nr. 5
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS

AnwZ (B) 7/02

vom

25. November 2002

In dem Verfahren

wegen Widerrufs der Zulassung bei einem Gericht

Der Bundesgerichtshof, Senat für Anwaltssachen, hat durch den Präsidenten des Bundesgerichtshofs Prof. Dr. Hirsch, den Richter Schlick, die Richterin Dr. Otten und den Richter Dr. Frellesen sowie die Rechtsanwälte Dr. Schott, Dr. Wüllrich und Dr. Frey nach mündlicher Verhandlung am 25. November 2002

beschlossen:

Tenor:

Die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluß des 1. Senats des Anwaltsgerichtshofs Rheinland-Pfalz vom 13. September 2001 wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen und der Antragsgegnerin die ihr im Beschwerdeverfahren entstandenen notwendigen außergerichtlichen Auslagen zu erstatten.

Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 50.000 € festgesetzt.

Gründe:

I.

Der 1953 geborene Antragsteller ist seit 1985 als Rechtsanwalt zugelassen, und zwar seit 1987 bei dem Amtsgericht B. und dem Landgericht M. . Durch Verfügung vom 21. Februar 2001 hat die Antragsgegnerin die Zulassung des Antragstellers beim Amtsgerichts B. und beim Landgericht M. nach § 35 Abs. 1 Nr. 5 BRAO widerrufen. Den Antrag auf gerichtliche Entscheidung hat der Anwaltsgerichtshof zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die sofortige Beschwerde des Antragstellers.

II.

Das Rechtsmittel ist zulässig (§ 42 Abs. 1 Nr. 5, Abs. 4 BRAO), bleibt jedoch in der Sache ohne Erfolg.

1. Die Widerrufsverfügung ist zu Recht ergangen.

a) Nach § 35 Abs. 1 Nr. 5 BRAO kann die lokale Zulassung eines Rechtsanwalts bei einem Gericht widerrufen werden, wenn der Rechtsanwalt seine Kanzlei aufgibt, ohne daß er von der Kanzleipflicht des § 27 BRAO befreit ist.

Nach dem Inhalt seiner Kanzleiführungspflicht muß der bei einem Amtsgericht zugelassene Rechtsanwalt an dem Ort des Gerichts oder an einem anderen Ort im Bezirk des Gerichts, bei dem er zugelassen ist, eine Kanzlei einrichten und aufrecht erhalten. Nach ständiger Rechtsprechung des Senats gehören zu den Mindestanforderungen einer Kanzleiführung, daß der Rechtsanwalt ausreichende organisatorische Vorsorge trifft, um der Öffentlichkeit seinen Willen, einen Raum als Kanzlei zu verwenden, zu offenbaren. Er hat ein Praxisschild anzubringen, einen Telefonanschluß zu unterhalten und muß zu angemessenen Zeiten dem rechtsuchenden Publikum in den Praxisräumen seine anwaltlichen Dienste bereitstellen (Senatsbeschluß vom 13. September 1993 - AnwZ(B) 33/93 - m.w.N.).

b) Die Voraussetzungen für den Widerruf waren zum Zeitpunkt des Erlasses der Widerrufsverfügung erfüllt.

aa) Die auf Veranlassung der Antragsgegnerin angestellten Ermittlungen des Polizeipräsidiums M. und des Präsidenten des Landgerichts M. bzw. des Direktors des Amtsgerichts B. haben ergeben, daß es praktisch unmöglich war, den Antragsteller an dem angeblichen Kanzleisitz telefonisch oder postalisch zu erreichen. Auch äußerlich deutete nichts (mehr) darauf hin, daß unter der angegebenen Adresse I. , B. Straße ... eine Anwaltskanzlei betrieben wird.

Im Verfahren vor dem Anwaltsgerichtshof hat im übrigen der Antragsteller selbst eingeräumt, daß an dem Anwesen B. Straße ... seine Anwaltsschilder, sein Briefkasten und sein Klingelbrett nebst Gegensprechanlage nicht mehr vorhanden sind. Ob diese Gegenstände - wie der Antragsteller behauptet hat - in rechtswidriger Weise von den Vermietern der Kanzlei entfernt worden sind oder aber - wie die Antragsgegnerin in dem angefochtenen Bescheid angegeben hat - vom Antragsteller selbst, nachdem er zuvor den Mietvertrag über die Kanzleiräume gekündigt hatte, kann dahinstehen. Jedenfalls war aufgrund des objektiven Befundes davon auszugehen, daß der Antragsteller seit geraumer Zeit nicht mehr in der Lage war, an diesem Ort einen den gesetzlichen Anforderungen genügenden Kanzleibetrieb aufrecht zu erhalten.

bb) Sind die Voraussetzungen des § 35 Abs. 1 Nr. 5 BRAO erfüllt, so steht es im pflichtgemäßen Ermessen der zuständigen Behörde, die Zulassung des Rechtsanwalts bei einem Gericht zu widerrufen. Daß die Antragsgegnerin vorliegend bei ihrer Entscheidung die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten oder von ihrem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht hat, ist nicht ersichtlich.

cc) Der Widerruf der Zulassung nach § 35 Abs. 1 Nr. 5 BRAO hat zwingend zur Folge, daß auch die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft nach § 14 Abs. 2 Nr. 6 BRAO zu widerrufen ist. Dadurch, daß die Antragsgegnerin - aus welchen Gründen auch immer - nicht von der Möglichkeit Gebrauch gemacht hat, beide Widerrufsbescheide miteinander zu verbinden (vgl. Senatsbeschluß vom 13. September 1993 aaO), wird die Rechtmäßigkeit des allein auf § 35 Abs. 1 Nr. 5 BRAO gestützten "isolierten" Widerrufs der lokalen Zulassung nicht in Zweifel gezogen.

2. Im Beschwerdeverfahren hat die Antragsgegnerin im Hinblick auf das Schreiben des Antragstellers vom 24. April 2002 weitere Ermittlungen angestellt.

Aufgrund dessen kann nicht davon ausgegangen werden, daß nach Erlaß der Widerrufsverfügung oder der Entscheidung des Anwaltsgerichtshofs der Widerrufsgrund zweifelsfrei weggefallen ist (vgl. Senatsbeschluß vom 13. September 1993 aaO).

Die aus den angefertigten Lichtbildern ersichtlichen örtlichen Gegebenheiten, denen der Antragsteller im Termin nicht entgegengetreten ist, erfüllen nicht die Voraussetzungen, die an eine Kanzlei zu stellen sind. Im übrigen hat der Antragsteller selbst eingeräumt, daß die Räume im Anwesen B. Straße ... nicht als Kanzleiräume, sondern nur als "Funktionsräume" genutzt werden.

Ende der Entscheidung

Zurück