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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 05.10.1998
Aktenzeichen: AnwZ (B) 80/97
Rechtsgebiete: BRAGO, BRAO, KO, ZPO, ZVG


Vorschriften:

BRAGO § 14 Abs. 2 Nr. 8
BRAO § 42 Abs. 1 Nr. 3
BRAO § 42 Abs. 4
KO § 107 Abs. 2
ZPO § 915
ZVG § 44 Abs. 1
ZVG § 49 Abs. 1
ZVG § 10 Abs. 1 Nr. 4
ZVG § 52
ZVG § 91 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS

AnwZ (B) 80/97

vom

5. Oktober 1998

In dem Verfahren

wegen Widerrufs der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft

Der Bundesgerichtshof, Senat für Anwaltssachen, hat am 5. Oktober 1998 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Deppert, die Richter Basdorf, Dr. Ganter und Terno, die Rechtsanwälte Dr. von Hase, Dr. Schott und Dr. Körner nach mündlicher Verhandlung

beschlossen:

Die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluß des Thüringer Anwaltsgerichtshofs - 1. Senat - vom 5. Mai 1997 wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen und dem Antragsgegner die im Beschwerdeverfahren entstandenen notwendigen außergerichtlichen Auslagen zu erstatten.

Der Geschäftswert wird auf 90.000 DM festgesetzt.

Gründe

I.

Der Antragsteller ist seit dem 8. Oktober 1979 als Rechtsanwalt - zunächst beim Amtsgericht und Landgericht L., seit 17. Dezember 1991 beim Amtsgericht S. und Landgericht M. und seit 8. September 1995 beim Amtsgericht J. und Landgericht G. - zugelassen. Seit dem 17. Januar 1994 besitzt er überdies die Zulassung zum T. Oberlandesgericht. Mit Verfügung vom 2. Oktober 1996 hat der Präsident des T. Oberlandesgerichts die Zulassung des Antragstellers zur Rechtsanwaltschaft wegen Vermögensverfalls gemäß § 14 Abs. 2 Nr. 8 BRAGO widerrufen. Den deswegen gestellten Antrag auf gerichtliche Entscheidung hat der T. Anwaltsgerichtshof mit Beschluß vom 5. Mai 1997, dem Antragsteller zugestellt am 25. September 1997, zurückgewiesen. Dagegen wendet sich der Antragsteller mit seiner am 7. Oktober 1997 eingegangenen sofortigen Beschwerde.

II.

Die gemäß § 42 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 4 BRAO zulässige sofortige Beschwerde hat keinen Erfolg.

1. Der Anwaltsgerichtshof hat zutreffend festgestellt, daß im Zeitpunkt des Widerrufs der Rechtsanwaltszulassung die Voraussetzungen eines Vermögensverfalls (§ 14 Abs. 2 Nr. 8 BRAO) vorgelegen haben.

a) Der Vermögensverfall wird vermutet, wenn der Rechtsanwalt in das vom Konkursgericht oder vom Vollstreckungsgericht zu führende Verzeichnis (§ 107 Abs. 2 KO; § 915 ZPO) eingetragen ist. Dies war bei dem Antragsteller der Fall.

Aufgrund eines Versäumnisurteils des Landgerichts L. (2 O 466/94) vom 1. Dezember 1994 über 56.728,03 DM betrieb die Sparkasse L. die Zwangsvollstreckung (M 566/96 AG S.). Am 22. April 1996 erging Haftbefehl zur Erzwingung der eidesstattlichen Versicherung. Außerdem wurde der Antragsteller in die Schuldnerliste eingetragen. Eintragung und Haftbefehl bestehen immer noch; der Haftbefehl ist lediglich außer Vollzug gesetzt.

b) Die durch die Eintragung in die Schuldnerliste begründete Vermutung ist zwar widerlegbar. Es ist aber Sache des Rechtsanwalts, im einzelnen nachzuweisen, daß tatsächlich ein Vermögensverfall nicht (mehr) besteht (BGH, Beschl. v. 25. März 1991 - AnwZ (B) 80/90, NJW 1991, 2083). Dazu muß der Rechtsanwalt seine Einkommens- und Vermögensverhältnisse umfassend darlegen. Grundsätzlich ist eine Aufstellung sämtlicher gegen ihn erhobener Forderungen unverzichtbar. Dabei ist im einzelnen anzugeben, ob diese Forderungen inzwischen erfüllt sind oder in welcher Weise der Rechtsanwalt sie zu erfüllen gedenkt.

Dieser Obliegenheit hat der Antragsteller nicht genügt. Vielmehr haben sich die Anzeichen verdichtet, daß er sich im Zeitpunkt des Widerrufs in ungeordneten, schlechten finanziellen Verhältnissen befunden hat, die er in absehbarer Zeit nicht hat ordnen können, und daß er außerstande gewesen ist, seinen Verpflichtungen nachzukommen.

Gegen den Antragsteller sind mindestens folgende weitere Titel erwirkt worden, aus denen teilweise vollstreckt worden ist:

Versäumnisurteil des Landgerichts L. vom 15. Dezember 1994 (2 O 468/94) über 47.575,53 DM;

Urteil des LG L. vom 15. Dezember 1994 (4 O 274/94) über 37.505 DM; daraus wird im Verfahren M 512/96 des AG S. die Zwangsvollstreckung betrieben;

Urteil des LG L. vom 15. Dezember 1994 (2 O 424/94) über 54.956 DM.

Urteil des LG S. vom 16. März 1995 (19 O 303/94) über 52.526,25 DM;

Die Erwirkung von Schuldtiteln und Vollstreckungsmaßnahmen gegen den Rechtsanwalt sind Beweisanzeichen für einen Vermögensverfall. Diese hat der Antragsteller nicht entkräftet. Er hat behauptet, aus den Urteilen des LG L. vom 1. Dezember 1994 (2 O 466/94) und vom 15. Dezember 1994 (4 O 274/94) werde nicht vollstreckt, weil er mit den Titelgläubigern Teilzahlungsvereinbarungen getroffen habe und diese auch einhalte. Die Antragsgegnerin hat dies bestritten. Belege hat der Antragsteller nicht vorgelegt. Gegen ihn spricht ein Schreiben der Sparkasse L., der Titelgläubigerin im Verfahren LG L. 2 O 468/94, vom 8. Februar 1996. Daraus ergibt sich, daß der Antragsteller in jenem Verfahren ein Ratenzahlungsversprechen nicht eingehalten hat. Die Sparkasse L. ist auch Titelgläubigerin im Verfahren LG L. 2 O 466/94. Wie er die Verbindlichkeiten aus den Urteilen des LG L. vom 15. Dezember 1994 (2 O 424/94) und des LG S. vom 16. März 1995 (19 O 303/94) bedienen will, hat der Antragsteller nicht vorgetragen.

2. Daß sich die Vermögenslage des Antragstellers nach Erlaß der Widerrufsentscheidung gebessert habe, ist nicht anzunehmen. Es sind im Gegenteil weitere Titel gegen den Antragsteller erwirkt worden:

Urteil des AG S. vom 22. Oktober 1996 (6 C 66/96) über 4.545 DM;

Vollstreckungsbescheid des Amtsgerichts M. vom 30. Oktober 1996 (96-1756754-1-6) über eine Teilforderung von 100.000 DM; die Titelgläubigerin (VR-Bank S.) vollstreckt hieraus (M 2958/97 des AG S.).

Soweit der Antragsteller vorträgt, er habe es auf den Erlaß des Vollstreckungsbescheids des Amtsgericht M. ankommen lassen, um ein Grundstück in S., das wegen der Belastung mit einem Nießbrauch nicht verkäuflich gewesen sei, einer Zwangsversteigerung zuzuführen, die mit der Titelgläubigerin abgesprochen gewesen sei, ist die Schlüssigkeit dieses Vorbringens fraglich. Falls nämlich das Nießbrauchsrecht dem Recht der betreibenden Gläubigerin vorgehen sollte, wozu der Antragsteller nichts vorgetragen hat, ist jenes in das geringste Gebot aufzunehmen (§ 44 Abs. 1 ZVG); es bleibt dann, weil es nicht bei dem Bargebot zu berücksichtigen ist (§ 49 Abs. 1 ZVG i.V.m. § 10 Abs. 1 Nr. 4 ZVG), in der Zwangsversteigerung regelmäßig bestehen (§§ 52, 91 Abs. 1 ZVG). Die Titelgläubigerin hält sich denn auch nicht an die angebliche Absprache. Sie vollstreckt nicht in das Grundstück, sondern in einen Miterbenanteil des Antragstellers.

3. Der Vermögensverfall führt regelmäßig zu einer Gefährdung der Rechtsuchenden (Feuerich/Braun, BRAO 3. Aufl. § 14 Rdnr. 63). Daß es sich im vorliegenden Fall anders verhält, hat der Antragsteller nicht dargelegt.

Ende der Entscheidung

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