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Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 28.06.2004
Aktenzeichen: AnwZ (B) 81/02
Rechtsgebiete: BRAO
Vorschriften:
BRAO § 7 Nr. 5 | |
BRAO § 118 Abs. 3 Satz 1 |
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS
vom
28. Juni 2004
in dem Verfahren
wegen Zulassung zur Rechtsanwaltschaft
Der Bundesgerichtshof, Senat für Anwaltssachen, hat durch den Präsidenten Prof. Dr. Hirsch, den Richter Basdorf, die Richterin Dr. Otten, den Richter Dr. Ernemann, die Rechtsanwälte Dr. Wüllrich und Dr. Frey sowie die Rechtsanwältin Dr. Hauger am 28. Juni 2004 nach mündlicher Verhandlung
beschlossen:
Tenor:
Auf die sofortige Beschwerde des Antragstellers werden der Beschluß des 1. Senats des Bayerischen Anwaltsgerichtshofs vom 31. Oktober 2002 und der Bescheid der Antragsgegnerin vom 29. Juni 2001 aufgehoben.
Die Antragsgegnerin wird verpflichtet, den Antragsteller unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats neu zu bescheiden.
Die Kosten des Verfahrens werden der Antragsgegnerin auferlegt. Außergerichtliche Auslagen werden nicht erstattet.
Der Geschäftswert wird auf 50.000 € festgesetzt.
Gründe:
I.
Der Antragsteller war in den Jahren 1987/88 schon einmal etwa eineinhalb Jahre lang - bis zu seinem Eintritt in die bayerische Finanzverwaltung - zur Rechtsanwaltschaft zugelassen. Durch seit dem Tage der Verkündung rechtskräftiges Berufungsurteil des Landgerichts M. vom 30. März 2001 wurde er wegen Steuerhinterziehung in 15 Fällen und wegen versuchter Steuerhinterziehung zu zehn Monaten Gesamtfreiheitsstrafe verurteilt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde; die Bewährungszeit wurde auf zweieinhalb Jahre festgesetzt. Unmittelbar zuvor war der Antragsteller auf eigenen Wunsch aus dem Staatsdienst entlassen worden; hier war er zuletzt bis zu seiner Beurlaubung aus Anlaß des Strafverfahrens als Ministerialrat Referatsleiter im Staatsministerium der Finanzen gewesen. Gegenstand der Verurteilung waren 16 von Januar 1993 bis April 1998 abgegebene Einkommensteuerklärungen und Lohnsteuerermäßigungsanträge für den Antragsteller und auf dessen Veranlassung für seine mitangeklagte Lebensgefährtin, die insbesondere falsche Angaben zu den Wohn- und Mietverhältnissen, ein von den Lebenspartnern bewohntes Anwesen der Mitangeklagten betreffend, enthielten und in denen ferner überhöhte Werbungskosten für steuerlich absetzbare Fahrten und tatsächlich nicht angefallene Unterstützungszahlungen des Antragstellers an seine Großmutter geltend gemacht wurden; insgesamt wurden Steuerverkürzungen von über 130.000 DM bewirkt. Nach Ablauf der Bewährungszeit hat das Amtsgericht am 10. Dezember 2003 Straferlaß beschlossen.
Den Antrag auf Zulassung des Antragstellers zur Rechtsanwaltschaft hat die Antragsgegnerin gemäß § 7 Nr. 5 BRAO wegen unwürdigen Verhaltens im Blick auf den Gegenstand der strafrechtlichen Verurteilung abgelehnt. Den Antrag auf gerichtliche Entscheidung hat der Anwaltsgerichtshof zurückgewiesen. Gegen dessen Beschluß richtet sich die sofortige Beschwerde des Antragstellers.
II.
Das Rechtsmittel ist zulässig (§ 42 Abs. 1 Nr. 2 BRAO) und bezogen auf den Zeitpunkt der Beschwerdeentscheidung auch begründet. Inzwischen steht der Zulassung des Antragstellers zur Rechtsanwaltschaft dessen Unwürdigkeit (§ 7 Nr. 5 BRAO) nicht mehr entgegen.
1. Allerdings waren der Bescheid der Antragsgegnerin und der angefochtene Beschluß zur Zeit des jeweiligen Erlasses nicht zu beanstanden. Der Senat verweist zur Begründung auf die in jeder Beziehung zutreffende Bewertung des Anwaltsgerichtshofs zur damals noch fortbestehenden Unwürdigkeit des Antragstellers aufgrund des seiner rechtskräftigen strafgerichtlichen Verurteilung zugrundeliegenden Verhaltens. Die Grundlage hierfür ergab sich aus den - wenngleich nicht im Sinne des § 118 Abs. 3 Satz 1 BRAO bindenden, so doch überzeugend getroffenen und daher als zutreffend anzusehenden - Feststellungen und steuerstrafrechtlichen Folgerungen, die das rechtskräftige Berufungsurteil tragen.
2. Indes besteht der Versagungsgrund des § 7 Nr. 5 BRAO zum jetzigen Zeitpunkt nicht mehr fort. Seit der letzten Abgabe einer strafbaren Steuererklärung sind nunmehr mehr als sechs Jahre verstrichen. Diese "Wohlverhaltens-periode" ist im vorliegenden Fall - entsprechend der im Oktober 2003 den Verfahrensbeteiligten mitgeteilten vorläufigen Einschätzung des Senats, der sich insoweit auch im Einklang mit dem Anwaltsgerichtshof sah (vgl. S. 13 des angefochtenen Beschlusses) - bereits als ausreichend anzusehen. Dies gilt nunmehr auch in Anbetracht einer gewissen Dauer straffreier Führung ohne gleichzeitigen Druck noch laufender Bewährung seit dem vor mehr als einem halben Jahr erfolgten Straferlaß.
Für diese Beurteilung sind folgende Gründe maßgeblich: Das - freilich gewichtige - strafrechtliche Fehlverhalten des Antragstellers stand weder im Zusammenhang mit früherer anwaltlicher Berufsausübung, noch liegt auch nur ein unmittelbarer Zusammenhang mit einer sonstigen juristischen Berufstätigkeit des Antragstellers, etwa mit seiner damaligen Beamtenstellung, vor. Diese hat der Antragsteller infolge seiner Straftaten verloren; er hat damit zwar angemessene, aber doch vergleichsweise besonders einschneidende, zudem berufsbezogene nachteilige Konsequenzen aus seinen Straftaten erfahren. Für eine Bezahlung der hinterzogenen Steuern hat er Sorge getragen. Der Schwerpunkt des gleichartigen, aufgrund eines Gesamtplanes verwirklichten strafbaren Verhaltens liegt in den ersten für die Lebensgefährtin abgegebenen unrichtigen Einkommensteuererklärungen; der Beginn dieser Taten liegt inzwischen mehr als elf Jahre zurück, die letzte der fünf schwersten mit (Einzel-)Freiheitsstrafen geahndeten Taten mehr als sieben Jahre.
3. Da der Versagungsgrund erst im laufenden Beschwerdeverfahren entfallen ist, entspricht die Anordnung einer Auslagenerstattung nicht der Billigkeit (§ 40 Abs. 4 BRAO i.V.m. § 13a Abs. 1 Satz 1 FGG).
Ende der Entscheidung
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